vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [III R 27/18)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld ; Studium nach abgeschlossener Bankausbildung
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der Berufsausbildung gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG.
- Zu der Frage, ob bereits der erste (objektiv) berufsqualifizierende Abschluss in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang zum Verbrauch der Erstausbildung führt oder ob bei einer mehraktigen Ausbildung auch ein nachfolgender Abschluss Teil der Erstausbildung sein kann.
- Wird nach Abschluss der Ausbildung zum Bankkaufmann zum nächstmöglichen Termin ein Studium begonnen, bei dem die Ausbildungszeit als Berufserfahrung berücksichtigt wird, beinhaltet das Studium den zweiten Teil einer mehraktigen Berufsausbildung, für den Kindergeld zu gewähren ist.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1, § 32 Abs. 4 S. 4 Nr. 2h
Streitjahr(e)
2017
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob hinsichtlich des vom Sohn des Klägers durchgeführten Studiums zum Bachelor of Arts, Business Administration eine zu berücksichtigende Berufsausbildung vorliegt und deshalb ab Februar 2017 Kindergeld zu gewähren ist.
Der Kläger ist Vater seines Sohnes S, geboren im Juli 1993. Dieser hat 2012 Abitur gemacht. Im Januar 2016 hat er seine Ausbildung zum Bankkaufmann, die am 1.8.2013 begonnen wurde, erfolgreich abgeschlossen. Er ist seitdem bei der Bank mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 31,5 Stunden als Junior-Firmenkundenberater beschäftigt. Hierbei betreut er keinen eigenen Kundenstamm, sondern arbeitete mir erfahrenen Firmenkundenberatern zusammen. Sein Nettoverdienst liegt bei ca. 1.400 € im Monat.
Mit Bescheid vom 1.2.2016 wurde für S die Festsetzung von Kindergeld ab Februar 2016 aufgehoben. Die Berufsausbildung sei beendet. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 1.5.2016 hat S ein berufsbegleitendes Studium zum Bachelor of Arts – Business Administration – Finance & Management an der Steinbeis Hochschule Berlin aufgenommen. Vom Studium hatte die Familienkasse im Februar 2016 keine Kenntnis. Dies wurde erst mit Kindergeldantrag vom 1.6.2017 vom Kläger bekannt gemacht. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 20.06.2017 ab dem Monat Februar 2017 abgelehnt. Die erste Berufsausbildung sei abgeschlossen, neben der zweiten Berufsausbildung werde eine schädliche Erwerbstätigkeit ausgeübt. Im Einspruchsverfahren wurde eine Bestätigung vorgelegt, aus der sich ergibt, dass der 1.5.2016 der frühest mögliche Studienbeginn war. Zudem wurde der Fortbildungsvertrag vorgelegt.
Bereits am 28.9.2015 hat S bei seinem Arbeitgeber nachgefragt, ob ein begleitendes Studium möglich sei und unterstützt werde. Dies wurde bejaht. Mit Datum vom 4.3.2016 hat S mit der Bank einen Fortbildungsvertrag hinsichtlich der Kostenübernahme der Studiengebühren geschlossen. Dabei heißt es unter II.: ”die Parteien sind darüber einig, dass die Teilnahme auf eigenen Wunsch des Mitarbeiters im Interesse seiner beruflichen Fort- und Weiterbildung erfolgt.“ Weiterhin wurde die Höhe einer möglichen Kostenübernahme, die Freistellung für die Hälfte der Präsenztage beim Studium, die in die Arbeitszeit fallen, sowie dem Recht auf Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit um bis zu 20 % vereinbart.
Das Studium wurde tatsächlich aufgenommen. Der Studienvertrag mit der Hochschule wurde bei Gericht eingereicht. Demnach war ein Start entweder zum Sommersemester (1. 5.) oder zum Wintersemester (1. 11.) möglich. Die Bewerbung datiert vom 11.3.2016. Nach § 4 a) dieses Vertrags ist hier Zulassungsvoraussetzung unter anderem die Hochschulzugangsberechtigung und eine mindestens 2-jährige Berufserfahrung in der Praxis oder in einer Ausbildung, alternativ Realschulabschluss oder gleichwertige Schulbildung sowie eine für das Studium geeignete Berufsausbildung und danach eine mindestens 3-jährige Berufserfahrung bzw. ein erfolgreicher Abschluss zur Fortbildung zum Meister oder ein erfolgreicher Abschluss der Fortbildung zum staatlich geprüften Techniker/Betriebswirt. Das Studium dauert i.d.R. 3 Jahre und beinhaltet 48 Präsenztage. Studierende ohne zweijährige Berufserfahrung haben eine Regelstudienzeit von 4 Jahren, d.h. 1 Jahr mehr. Auf das Curriculum des Studiengangs, das sich in der Gerichtsakte befindet, wird Bezug genommen.
S hat an folgenden Präsenzveranstaltungen teilgenommen:
Fach |
Modul |
von |
bis |
Ort |
Moderations- und Präsentationstechnik |
Pflicht |
23.7.2016 |
23.7.2016 |
Montabaur |
Selbstmanagement und Projekt-Kompetenz-Studium |
Pflicht |
24.7.2016 |
24.7.2016 |
Montabaur |
Allgemeine Betriebswirtschaft |
Pflicht |
25.7.2016 |
26.7.2016 |
Montabaur |
BGB und Gesellschaftsrecht |
Pflicht |
11.8.2016 |
12.8.2016 |
Montabaur |
Wirtschaftsmathematik |
Pflicht |
13.8.2016 |
14.8.2016 |
Montabaur |
Wirtschaftsmathematik |
Klausur |
01.10.2016 |
01.10.2016 |
Münster |
Allgemeine Betriebswirtschaft |
Klausur |
16.10.2016 |
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