Entscheidungsstichwort (Thema)

Erststudium und Ausbildungsdienstverhältnis. Einkommensteuer 1990 und 1991

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Absolviert eine Lehrerin der Hauswirtschaft neben dieser Tätigkeit ein Vollzeitstudium und hat sie deshalb um Stundenermäßigung bei entsprechend gemindertem Gehalt nachgesucht, so handelt es sich nicht um ein Ausbildungsdienstverhältnis, da die Entlohnung für das Erteilen von Unterricht erfolgt und nicht für das Studium.
  2. Aufwendungen für ein Erststudium, das einer Lehrerin die Möglichkeit bietet, ihren Fächerkanon zu erweitern und damit die Möglichkeit eröffnet, eine andere berufliche Stellung zu erlangen, können nur als Ausbildungskosten, nicht aber als Werbungskosten abgezogen werden.
 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 9 Abs. 1 S. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.07.2003; Aktenzeichen VI R 163/98)

BFH (Urteil vom 22.07.2003; Aktenzeichen VI R 163/98)

 

Tenor

Die Klage wird auf Kosten der Kläger abgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen der Klägerin für ein Lehramtsstudium in den Jahren 1990 und 1991 als Werbungskosten abgezogen werden können.

Die Klägerin hat eine Ausbildung als Hauswirtschaftsleiterin.Sie wurde alsdann als Lehrerin für Hauswirtschaft angestellt. Am 01.10.1989 nahm sie an der Universität das Studium für das Lehramt auf. Bei diesem Studium handelte es sich um ein Vollzeitstudium. Sie erhielt auf ihren Antrag Stundenermäßigung bei entsprechend gemindertem Gehalt.

Das beklagte Finanzamt erkannte die Aufwendungen für das Studium wie bereits 1989 nur in Höhe des für Ausbildungskosten zu berücksichtigenden Betrags von 900,00 DM als Sonderausgaben an. Nachdem der erkennende Senat in seinem Urteil vom 26.05.1993 den Werbungskostenabzug versagt hatte, weil es sich um ein Erststudium handele, vertreten die Kläger für die Streitjahre nunmehr die Auffassung, es handele sich um ein Ausbildungsdiensverhältnis, da von seiten des Staates ein Interesse daran bestanden habe, die Klägerin als Laufbahnlehrerin zu gewinnen und ihr deshalb die Stundenermäßigung gewährt worden sei. Die Klägerin sei wegen Lehrermangels schon vor dem Streitjahr häufig eingesetztworden, um fachfremden Unterricht zu erteilen. Die Erteilung dieses Unterrichts habe durch den erfolgreichen Abschluß des Studiums legalisiert werden sollen. Daher habe das Studium nur dem bereits ausgeübten Beruf gedient, eine Änderung der beruflichen Position sei nicht angestrebt worden.

Das beklagte Finanzamt hat den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1991 im Laufe des Klageverfahrens geändert. Die Kläger haben den geänderten Bescheid gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemacht und beantragen, für das Jahr 1990 Werbungskosten in Höhe von 13.900,00 DMund für das Jahr 1991 in Höhe von 15.163,00 DM unter Gegenrechnung der jeweils als Sonderausgaben abgezogenen 900,00 DM zum Abzug zuzulassen und die Einkommensteuer 1990 und 1991 entsprechend herabzusetzen.

Das beklagte Finanzamt beantragt Klagabweisung, da das Studium nicht Gegenstand des Dienstverhältnisses der Klägerin gewesen sei.

Zur Begründung ihres Antrags haben die Kläger eine Bescheinigungder Bezirksregierung vom 13.01.1994 vorgelegt, aus der sich ergibt, daß in den Streitjahren eine Beurlaubung unter teilweiser Weitergewährung der Dienstbezüge zur Erlangung der Befähigung für das Lehramt nicht möglich gewesen sei. Wegen des Wortlauts der Bescheinigung wird auf Bl. 6 d. A. verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Bei dem Arbeitsverhältnis der Klägerin kann es sich nicht um ein Ausbildungsdienstverhältnis gehandelt haben. Ein Ausbildungsdienstverhältnis ist ein Arbeitsverhältnis, bei dem die Absolvierung einer Ausbildung zu den Hauptpflichten des Arbeitnehmers gehört, beispielsweise bei einem Lehrling, einem Offizier auf einer Bundeswehrhochschule oder einem Referendar. Im Gegensatz zu diesen Berufsgruppen war die Erteilung von Unterricht die arbeitsrechtliche Hauptpflicht der Klägerin. Da sie wegen des daneben abzuleistenden Studiums nicht in der Lage war, die volle Stundenzahl zu erteilen, wurde ihre Unterrichtsverpflichtung und entsprechend ihr Gehalt gekürzt. Damit wurde sie weiterhin für das Erteilen von Unterricht entlohnt, nicht für ihr Studium. Das Studium erfolgte außerhalb ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen, so daß die Aufwendungen dafür jedenfalls nicht nach den Grundsätzen als Werbungskosten abgezogen werden können, die bei einem Ausbildungsdienstverhältnis anzuwenden sind. Nicht entscheidungserheblich ist, daß nach den Streitjahren die rechtlichen Voraussetzungen für die Freistellung vom Unterricht unter Weiterzahlung der Dienstbezüge zwecks Studiums geschaffen worden sind. Denn das Gericht hat den Sachverhalt nach den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen zu beurteilen, die in den Streitjahren gegeben waren, nicht nach hypothetischen Verhältnissen.

Hiernach sind die Grundsätze anzuwenden, die für ein Erststudium gelten. Aufwendungen für ein Erststudium behandelt...

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