Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1989 bis 1991
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG setzt voraus, daß Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben zumindest durch eine geordnete Belegsammlung nachgewiesen werden können.
2. Für die Ausübung des Wahlrechts zugunsten der Gewinn ermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG reicht das geordnete Erstellen und Sammeln der Betriebseinnahmen- und ausgabenbelege aus.
Nachgehend
Tenor
Die Einkommensteuerbescheide 1989 bis 1991 werden abgeändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderten Steuerbetragsfestsetzungen nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner dem Kläger das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und die Einkommensteuerbescheide mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekannt zu geben.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt zur Schätzung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft befugt war.
Der Kläger wurde in den Streitjahren zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Nach den dem Finanzamt vorgelegten Gewinnermittlungen gemäß § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) erzielte er folgende Verluste aus Land- und Forstwirtschaft:
Wirtschaftsjahr 1988/89 |
./. 86.145,00 DM |
Wirtschaftsjahr 1989/90 |
./. 95.056,00 DM |
Wirtschaftsjahr 1990/91 |
./. 82.201,00 DM |
Wirtschaftsjahr 1991/92 |
./. 57.596,00 DM. |
In den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung – AO –) ergangenen Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre wurden folgende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft der Besteuerung zugrunde gelegt:
1989: |
./. 90.600,00 DM, |
1990: |
./. 88.628,00 DM, |
1991: |
./. 69.898,00 DM. |
Anläßlich einer beim Kläger durchgeführten Außenprüfung stellte die Betriebsprüferin fest, daß Aufzeichnungen über Bareinnahmen und Ausgaben (Tz. 12 b Bp.-Bericht, Steuernummer, Auftragsbuchnummer – Ldw KSt, im folgenden Bp.– Bericht), Bankauszüge, aus denen die unbaren Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben hervorgehen (Tz. 12 c Bp.-Bericht) sowie Ausgabenbelege nicht bzw. nicht vollständig vorgelegt werden konnten.
Sie vertrat die Auffassung, daß deshalb die von dem Kläger vorgelegten Gewinnermittlungen nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden könnten. Da weder Betriebseinnahmen noch Betriebsausgabenanhand vollständiger Unterlagen nachvollziehbar seien, schätzte sie die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft anhand der von der Oberfinanzdirektion (OFD) Hannover aufgestellten Richtsätze:
Wirtschaftsjahr 1988/89 |
+ 25.100,00 DM |
Wirtschaftsjahr 1989/90 |
+ 27.200,00 DM |
Wirtschaftsjahr 1990/91 |
+ 37.900,00 DM |
Wirtschaftsjahr 1991/92 |
+ 21.500,00 DM. |
In den gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre wurden folgende Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft der Besteuerung zugrunde gelegt:
1989: |
26.150,00 DM, |
1990: |
32.550,00 DM, |
1991: |
29.700,00 DM. |
Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos. Zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung führte das Finanzamt aus, die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG setze zwar keine Kassenführung, keine Bestandskonten und keine Inventur voraus. Dies bedeute aber nicht, daß der Kläger seine Geschäftsvorfälle nicht habe festhalten müssen. Gemäß § 90 AO müsse er die Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben dem Finanzamt gegenüber erläutern und glaubhaft machen, damit das Finanzamt die Richtigkeit der Betriebsausgaben und die Vollständigkeit der Betriebseinnahmen nachprüfen könne. Für den Kläger bestünden Mitwirkungspflichten i.S.d. § 90 AO i.V.m. § 93 AO. Das Finanzamt könne auf die Vorlage von Belegenbestehen, die Art und Entstehungszeitpunkt einer Aufwendung und den Bezug zum Betrieb des Klägers erkennen ließen. Da der Kläger sich seiner Mitwirkungspflicht entzogen habe und den Beweis der Richtigkeit und Vollständigkeit seiner vorgelegten Gewinnermittlungen nicht habe erbringen können, sei der Gewinn zu schätzen gewesen. Die Schätzung nach den von der Finanzverwaltung erstellten Richtsätzen führe nicht zur Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzungen. Ohne Nachweis der genauen Höhe der Betriebsausgaben bzw. des Zeitpunktes der Verausgabung könnten Betriebsausgaben in der beantragten Höhe nicht berücksichtigt werden,sondern seien zu schätzen gewesen. Daß diese Schätzung zu einem anderen Ergebnis führen könnte, sei nicht erkennbar.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage macht der Kläger im wesentlichen geltend, die Gewinnschätzung sei unzulässig. Er habe die Einnahme-Überschuß-Rechnungen der Wirtschaftsjahre 1988/89 bis 1991/92 dem Finanzamt vorgelegt. Für die Einnahme-Überschuß-Rechnung bestünden keine Ordnungsvorschriften, insbesondere begründe § 4 Abs. 3 EStG keine ordnungsgemäße Kassenführung, keine ordnungsgemäße Belegsammlung und keine Aufbewahrungspflicht. Die fehlenden Ordnungsvorschrifte...