vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgeltungssteuer: Kapitalerträge aus Darlehensverträgen zwischen nahe stehenden Personen, § 32d EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Zur steuerlichen Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen.
- Zum Begriff der nahe stehenden Person i. S. des § 32d EStG.
- Die Regelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG 2009 ist verfassungsgemäß. Demgemäß findet der Abgeltungssteuersatz in 2009 keine Anwendung auf Zinseinnahmen aus Angehörigenverträgen.
Normenkette
EStG § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die aufgrund von Angehörigendarlehen im Jahre 2009 (Streitjahr) vereinnahmten Zinserträge dem tariflichen Steuersatz (§ 32a des Einkommensteuergesetzes - EStG -) oder dem sog. Abgeltungssteuersatz (§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG) unterliegen.
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr erzielten sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung und darüber hinaus sonstige Einkünfte (Renten).
Die Kläger schlossen als Darlehensgeber in den Jahren 2007 und 2008 mit ihrem Sohn (S) sowie ihren volljährigen Enkeln (E 1 und E 2) jeweils einen schriftlichen Darlehensvertrag ab. Die Darlehensnehmer waren auch bei Abschluss der Verträge von den Klägern wirtschaftlich unabhängig. (…) Die Darlehensbeträge beliefen sich auf 650.000,00 € (S), 110.000,00 € (E 1) und 100.000,00 € (E 2). Es wurde jeweils ein fester Zinssatz vereinbart. Eine Vereinbarung über eine Besicherung der Darlehen trafen die Vertragspartner nicht. Den beiden Enkeln räumten die Kläger ausdrücklich das Recht zu vorzeitigen unregelmäßigen Tilgungen ein, ohne dass Vorfälligkeitsentschädigungen vereinbart wurden. Die Verträge dienten dazu, den Darlehensnehmern die Anschaffung fremdvermieteter Immobilien zu ermöglichen. Aufgrund der Darlehensverträge erzielten die Kläger im Streitjahr Zinseinnahmen in Höhe von insgesamt rd. 29.000,00 € (…) Die Darlehensnehmer können die Beträge, die den Klägern tatsächlich zuflossen, bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten geltend machen.
Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr berücksichtigte das FA die Zinseinnahmen aus den Darlehensverträgen bei den der tariflichen Einkommensteuer unterliegenden Einkünften aus Kapitalvermögen. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. (…) Sie machten geltend, auch diese Zinseinnahmen gehörten zu denjenigen Kapitaleinkünften, auf die der Abgeltungssteuersatz von 25 v. H. (§ 32d Abs. 1 EStG) anzuwenden sei. Die Vorschrift des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung, wonach der Abgeltungssteuersatz nicht auf Darlehen zwischen einander nahe stehenden Personen anzuwenden sei, sei verfassungswidrig. Denn sie verstoße gegen den in Art. 3 des Grundgesetzes (GG) verankerten allgemeinen Gleichheitssatz und gegen den durch Art. 6 GG angeordneten Schutz von Ehe und Familie.
(…) Im Übrigen wies das FA den eingelegten Rechtsbehelf (…) als unbegründet zurück. Die von den Klägern erzielten Zinseinnahmen unterlägen nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht dem Abgeltungssteuersatz, sondern mit den übrigen Einkünften dem progressiven Steuertarif nach § 32a EStG.
Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben. Sie räumen ein, dass die betroffenen Zinseinnahmen vom Wortlaut des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung erfasst werden und damit nach der gesetzlichen Anordnung nicht dem Abgeltungssteuersatz unterliegen. Auch vertreten sie ausdrücklich die Auffassung, dass die Besteuerung von Einkünften mit dem tariflichen Steuersatz dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit entspreche.
Bei wortgetreuer Auslegung halten die Kläger den Ausnahmetatbestand des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG jedoch für verfassungswidrig. Es handele sich um eine Missbrauchsbekämpfungsnorm, die vor allem solche Darlehenskonzeptionen verhindern solle, bei denen auf Seiten des Darlehensnehmers voll abzugsfähige Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten für den Zinsaufwand und auf Seiten des Darlehensgebers nur mit dem Abgeltungssteuersatz besteuerte Zinserträge generiert würden. Grundsätzlich sei es verfassungsrechtlich zwar nicht zu beanstanden, eine Missbrauchsbekämpfungsnorm zu schaffen. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung bekämpfe jedoch keinen Missbrauch, sondern unterstelle bei nahen Angehörigen unter Verletzung von Grundrechten pauschal eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung.
Zum einen sei nicht einsehbar, dass in den Fällen, in denen Privatkredite nicht nahen Angehörigen, sondern Dritten gewährt werden, die Zinserträge dem Abgeltungssteuersatz unterlägen, im Streitfall auf die Zinserträge jedoch der tarifliche Steuersatz zur Anwendung kommen solle. Die Auswirkungen dieser sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbe...