rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerpflicht für Zinserträge aus vor 12 Jahren gekündigter Lebensversicherung
Leitsatz (redaktionell)
- Wird ein Versicherungsvertrag vor Ablauf von 12 Jahren gekündigt, so sind die außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu versteuern.
- Aus welchen Gründen der Vertrag seitens des Steuerpflichtigen gekündigt wurde, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Das Gesetz sieht keine Differenzierung des Eintritts der Steuerpflicht entsprechend der Zinsen danach vor, wer oder aus welchem Grund die Kündigung des Vertrages letztlich veranlasst bzw. ausgesprochen hat. Entscheidend ist allein der zeitliche Faktor von 12 Jahren.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6
Streitjahr(e)
2003
Tatbestand
Streitig ist die Steuerpflicht von Zinsen aus einer Kapitallebensversicherung.
Die Kläger, die als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, erklärten in der von ihnen für das Streitjahr 2003 abgegebenen gemeinsamen Einkommensteuererklärung im Rahmen der Ermittlung ihrer Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung; im Folgenden: EStG) unter anderem Einnahmen des Ehemannes aus Zinsen für eine Lebensversicherung in Höhe von … EUR. Dem lag eine „Steuerbescheinigung gem. § 45 a EStG” vom 22. August 2003 der X Lebensversicherung AG zugrunde. Der Kläger hatte seine bei dieser Gesellschaft bestehende Lebensversicherung mit Wirkung zum 1. August 2003 gekündigt. In dem für das Streitjahr ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 30. März 2005 wurden die Kläger insoweit erklärungsgemäß veranlagt.
Gegen den Ansatz der Einnahmen aus Kapitalvermögen im Zusammenhang mit der Kündigung der Lebensversicherung wenden sich die Kläger mit ihrer nach erfolglos gebliebenen Vorverfahren erhobenen Klage. Sie verweisen darauf, dass die Kündigung des Lebensversicherungsvertrages ausschließlich vor dem Hintergrund der Insolvenz des Versicherers erfolgt sei. Im Zeitpunkt der ausgesprochenen Kündigung im Juli 2003 sei für die Kunden dieser Gesellschaft völlig ungewiss gewesen, welches Schicksal der Versicherer und das lediglich treuhänderisch von diesem verwaltete Vermögen zukünftig erlitten. Der Kläger habe bei einem weiteren Zuwarten den Verlust des von ihm angesparten Vermögens befürchtet und sich vor diesem Hintergrund zur Rettung des Kapitals in der Weise gezwungen gesehen, den Versicherungsvertrag zu kündigen. Dass dann im September bzw. Oktober 2003 der Bestand des insolventen Versicherers von der Y AG übernommen worden sei, sei zum Zeitpunkt der Vertragskündigung durch den Kläger keineswegs sicher gewesen.
Aus diesem Sachverhalt ergäbe sich, dass kein Fall einer Steuerpflicht gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG gegeben sei. Denn diese Vorschrift gehe von einer Kündigung aufgrund einer freien Entscheidung des Versicherungsnehmers und Steuerpflichtigen aus, der das Kapital nunmehr anderweitig verwenden wolle.
Im Streitfall habe die Lebensversicherung aber der Alterssicherung des Klägers dienen und dementsprechend unverändert mit einer Laufzeit bis zum Erreichen seines 65. Lebensjahres fortgeführt werden sollen. Durch den mit der Kündigung eingetretenen Verlust sei der Kläger schon hinreichend geschädigt. Wegen der besonderen Umstände müsste der Kläger so gestellt werden, als wäre der Vertrag bis zum vorgesehenen Laufzeitende, mindestens aber weitere 18 Monate ungekündigt fortgeführt worden. Da das Gesetz im Hinblick auf die vorliegende Sachverhaltsgestaltung eine Lücke aufweise, sei diese durch Auslegung in der Weise zu schließen, dass die angefallenen Zinsen von der Besteuerung auszunehmen seien.
Im Übrigen habe der Kläger gar keinen Zinsvorteil erzielt, da er letztlich weniger ausgezahlt erhalten habe, als er im Laufe von 10 Jahren und 7 Monaten eingezahlt habe. Denn während sich die eingezahlten Beträge auf … EUR summiert hätten, sei dem gegenüber lediglich eine Summe von … EUR zur Auszahlung gelangt. Dies dokumentiere eindeutig, dass er – der Kläger – gerade keinen Zinsertrag erzielt habe.
Auf Nachfrage durch den Kläger hat die Y AG im Dezember 2006 eine geänderte Berechnung des nach der Kündigung dem Kläger zur Verfügung stehenden Betrages erstellt. Diese weist nunmehr wegen eines höheren Überschussanteils einen Betrag über insgesamt … EUR und einen Zinsertrag über … EUR mit rechnungsmäßigen Zinsen in Höhe von … EUR und außerrechnungsmäßigen Zinsen von … EUR aus. Wegen der weitergehenden Einzelheiten dieser Aufstellung wird auf Blatt 36 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die Kläger beantragen sinngemäß
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2003 vom 30. März 2005 und Aufhebung des hierzu ergangenen Einspruchsbescheides vom 1. November 2005 die Einkommensteuer 2003 soweit herab zusetzen, wie sie sich mindert, wenn Zinserträge aus der Lebensversicherung des Klägers bei der X Lebensversicherung AG außer Betracht bleiben.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung sind...