Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung von Rentennachzahlungen bei Erwerbsunfähigkeitsrenten
Leitsatz (redaktionell)
- Erwerbsunfähigkeitsrenten sind Leibrenten i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG.
- Nachzahlungen einer Erwerbsunfähigkeitsrente im Jahr 2005 für den Zeitraum 9/03 bis 12/04 sind nicht nach dem Alterseinkünftegesetz sondern nach der bisherigen Systematik der Rentenbesteuerung zu unterwerfen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Zahlung der Rente so rechtzeitig beantragt worden ist, dass eine Zahlung bis zum 31.12.2004 hätte erfolgen müssen.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 52 Abs. 1; EStDV § 55 Abs. 2
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Nachzahlungen einer Erwerbsunfähigkeitsrente im Jahre 2005 (Streitjahr) für den Zeitraum vom 1. September 2003 bis zum 31. Dezember 2004 nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechtslage mit 4% oder nach den Regelungen des Alterseinkünftegesetzes mit 50% bei der Besteuerung anzusetzen ist.
Die am…1951 geborene Klägerin erhielt für den Zeitraum vom 1. September 2003 bis zum 31. März 2005 im Jahre 2005 auf Grundlage des Rentenbescheides vom 18. Februar 2005 eine Nachzahlung in Höhe von 11.793,61 € als Rente wegen Erwerbsminderung. Die Rente war befristet auf den 31.12.2006. Die Klägerin hatte bereits am 5. Februar 2003 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beantragt. Dieser Antrag wurde zunächst abgelehnt. Gegen die Ablehnung vom April 2004 legte die Klägerin Widerspruch ein, über den durch den Abhilfebescheid vom 18. Februar 2005, in dem die Kosten des Widerspruchsverfahrens als in vollem Umfang erstattungsfähig anerkannt wurden, positiv entschieden wurde.
Die bis zum 31. Dezember 2004 entstandenen Nachzahlungen betrugen 10.691,84 € (16 x 668,42 €). Krankengeld oder andere Lohnersatzleistungen bezog die Klägerin im Jahr 2003 und 2004 nicht.
Das Finanzamt unterwarf die Nachzahlung in vollem Umfang der Besteuerung nach dem Alterseinkünftegesetz und setzte die Rente mit einem Ertragsanteil von 50% an. Außerdem wendete das Finanzamt die sogenannte „Fünftelungsregelung” (§ 34 Abs. 1 EStG) an.
Gegen den Ansatz mit einem Besteuerungsanteil von 50% richtet sich nach erfolglosem Einspruch die Klage.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Nachzahlung sei nach dem bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Recht zu beurteilen, und zwar mit einem Ertragsanteil in Höhe von 4%. Zwar sei die Nachzahlung erst im Streitjahr zugeflossen, in dem das neue System der Altersbesteuerung schon anzuwenden sei. Wirtschaftlich sei die Nachzahlung indes in Höhe von 10.691,00 € schon vorher entstanden und wäre – bei „normalem” Verlauf des Antragsverfahrens, welches im Hinblick auf eine Bewilligung der Erwerbsunfähigkeitsrente durchgeführt worden sei – auch schon bis zum 31. Dezember 2004 ausgezahlt worden. Lediglich aufgrund der Ablehnung und des hierdurch bedingten Widerspruchsverfahrens sei die Klägerin dazu „gezwungen” gewesen, ein Widerspruchsverfahren durchzuführen, wodurch sich die Auszahlung bis ins Streitjahr hinein verzögert habe. Daher sei die Nachzahlung auch nach dem Recht zu besteuern, welches bei nicht verzögerter Auszahlung gegolten hätte. Anderenfalls hinge es, so die Kläger, vom Zufall ab, nach welcher Rechtslage die jeweilige Besteuerung von Nachzahlungen vorzunehmen sei. Dies werde auch aus der BFH-Rechtsprechung für das vor 2005 geltende Recht bestätigt, wonach für die Besteuerung von Renten und die Ermittlung des Ertragsanteils nicht der Zeitpunkt maßgeblich sei, zu dem die Auszahlung vorgenommen werde, sondern die Entstehung des Rentenanspruches. Die Klägerin beruft sich insoweit ergänzend auf das BFH-Urteil vom 30. September 1980 (VIII R 13/79) und die Verfügung der OFD Frankfurt vom 26. März 1998 (S-255 A-23-St II 22).
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und ist weiterhin der Auffassung, die Rente sei mit einem Besteuerungsanteil von 50% – unter Berücksichtigung der „Fünftelungs-Regelung”– zu besteuern. Entsprechend dem Wortlaut des § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG i.V.m. § 52 Abs. 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung sei für die Bestimmung der anwendbaren Rechtsgrundlage entscheidend, dass die Rente erst im Veranlagungszeitraum 2005, also nach Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes, zugeflossen sei. Die von der Klägerin eingeführte Verwaltungsanweisung der OFD Frankfurt vom 26. März 1998 (S-255 A-23-St II 22) führe– ebenso wie die BFH-Entscheidung vom 30. September 1980 – zu keinem anderen Ergebnis, da sich die Anweisung auf die Rechtslage vor Inkrafttreten der Neuregelung durch das Alterseinkünftegesetzes beziehe.
Zu den weiteren Einzelheiten wird gem. § 105 Abs. 3 FGO auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie ergänzend auf die Steuerakten verwiesen. Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig u...