Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftliches Eigentum verschenkter GmbH-Anteile bei (nur) weisungsabhängigem Stimmrecht des Beschenkten
Leitsatz (redaktionell)
- Wird neben einem bestehenden Geschäftsanteil noch ein Teilgeschäftsanteil übertragen, so ist dieses kein Fall des § 17 Abs. 5 GmbHG.
- Bei Gesellschaftsanteilen liegt vom zivilrechtlichen Eigentum abweichendes wirtschaftliches Eigentum vor, wenn der Gesellschafter, will er nicht den Verlust seiner Gesellschafterstellung riskieren, von den ihm formell zustehenden Rechten nur insoweit Gebrauch machen kann, als er die Interessen eines anderen (d. h. des wirtschaftlichen Eigentümers) nicht beeinträchtigt.
- Verschenkt jemand GmbH-Anteile, so bleibt er wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile, wenn er über ein Nießbrauchsvorbehalt hinaus die Ausübung des Stimmrechts durch den Beschenkten in der Gesellschafterversammlung – unter Drohung des Widerrufs der Schenkung – so geregelt hat, dass der Beschenkte entspr. den Weisungen des Schenkers zu verfahren hat.
Normenkette
VStG §§ 4, 9; BewG § 110 Abs. 1 Nr. 3, § 114; GmbHG § 17 Abs. 5
Streitjahr(e)
1986
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob, - nachdem Geschäftsanteile an einer GmbH verschenkt wurden - der Schenker weiterhin als wirtschaftlicher Eigentümer dieser Geschäftsanteile angesehen werden kann.
Die Kläger sind Erben des im Verlaufe des Klageverfahrens verstorbenen H.S.. Dieser war Gesellschafter der S.-GmbH in G. Zu Beginn des Jahres 1983 war er mit zwei Gesellschaftsanteilen im Nominalwert von 2.876.050,- DM und 2.047.930,- DM an der Gesellschaft beteiligt. Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 18.03.1983 schenkte er seinem Sohn, dem Beigeladenen, der bereits einen Geschäftsanteil von 689.730,- DM an der S.-GmbH hielt und Geschäftsführer dieser Gesellschaft war, einen Teilgeschäftsanteil (des Anteils von 2.876.050,- DM) in Höhe von 990.300,- DM. Mit notariellem Vertrag vom 1. Oktober 1985 schenkte er dem Beigeladenen zwei weitere Anteile, und zwar den Geschäftsanteil von 2.047.930,- DM sowie einen weiteren Teil von 507.070,- DM des Geschäftsanteils von ursprünglich 2.876.050,- DM.
Der Schenkungsvertrag vom 1. Oktober 1985 enthält u.a. folgende Bestimmungen:
§ 2 Nießbrauchsvorbehalt
Der Schenker hat das Recht, jederzeit die Einräumung eines hälftigen oder vollen Nießbrauchs an den geschenkten Anteilen zu verlangen. Zum Abschluß einer derartigen Nießbrauchsvereinbarung erteilt der Beschenkte dem Schenker unter Befreiung von den einschränkenden Vorschriften des § 181 BGB Vollmacht. (...)
§ 3 Konsortialabrede
Der Schenker und der Beschenkte vereinbaren hiermit über die Ausübung des Stimmrechts aus den Anteilen und die Handhabung ihrer Gesellschafterstellung das Nachfolgende:
1. Über die Ausübung des Stimmrechts aus den geschenkten Anteilen durch den Beschenkten werden sich die Vertragsparteien vor jeder Gesellschafterversammlung abstimmen. Kann eine Einigung über den Inhalt der Stimmabgabe nicht erzielt werden, so ist die Bestimmung des Schenkers über die Stimmabgabe…entscheidend.
2. Der Beschenkte erteilt dem Schenker hiermit vorsorglich und unwiderruflich Vollmacht, das Stimmrecht aus den geschenkten Anteilen in Höhe von nominell 2.555.000,- DM auszuüben, wann immer das Gesetz eine Vertretung im Stimmrecht zuläßt.
§ 4 Annullierung der Schenkung
Der Schenker behält sich den Widerruf dieser Schenkung in folgenden Fällen vor:
(...)
2. Sofern der Beschenkte nicht die vorherige Einwilligung des Schenkers zu folgenden Maßnahmen einholt: a) zur Erteilung und zum Widerruf von Prokuren b) zum Abschluß und zur Aufhebung von Anstellungsverträgen, wenn das Jahresgehalt DM 120.000,- DM übersteigt ...c) zur Genehmigung des Investitionsplanes und des darauf aufbauenden Finanzplanes d) zum Erwerb und zur Veräußerung von Beteiligungen...g) für alle geschäftlichen Maßnahmen wesentlicher Art, welche über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Gesellschaft hinausgehen.
(...)
4.Bei Verstoß des Beschenkten gegen die Pflichten aus § 3 Ziffer 1.
(...)
6. Bei Verkauf oder Übertragung der übertragenen Firmenanteile
(...) Die Ausübung des Widerrufs erfolgt durch schriftliche Erklärung, die per Einschreiben gegen Rückschein zuzustellen ist. Nach Zugang der Willenserklärung seitens des Schenkers ist der Beschenkte unter Ausschluß jeglicher Einwendungen und Einreden verpflichtet, den geschenkten Geschäftsanteil oder das, was an die Stelle des geschenkten Geschäftsanteils getreten ist, an den Schenker zurückzuübertragen.
Mit Ausnahme von § 4 Ziffer 2 sind diese Vertragsklauseln wortgleich auch in dem Vertrag vom 18. März 1983 enthalten. § 4 Ziffer 4 des Vertrages vom 1. Oktober 1985 entspricht § 4 Ziffer 3 in dem Vertrag vom 18. März 1983.
In der Folge wurde Herrn H.S. ein Nießbrauch an den Dividenden auf die mit Vertrag vom 1. Oktober 1985 übertragenen Geschäftsanteile der S.-GmbH eingeräumt.
Mit Vertrag vom 18. Juli 1989 einigten sich Herr H.S. und der Beigeladene darüber, die Schenkung rückgängig zu machen. In der Vorbemerkung zu diesem Ve...