Entscheidungsstichwort (Thema)
Damnum als vorab entstandene Werbungskosten; Festgeldzinsen als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
Leitsatz (redaktionell)
- Ein vereinbarungsgemäß einbehaltenes Damnum zählt zu den Schuldzinsen i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG.
- Werden zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung benötigte Darlehensmittel zunächst als Festgeld angelegt und daraus Zinsen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG bezogen, wird die Einkunftsart Kapitalvermögen dennoch durch die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verdrängt, wenn die Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Verwirklichung des Tatbestandes der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehen. Bei einem Bausparvertrag ist das zu bejahen, wenn der alleinige Zweck des Vertragsschlusses in der Erlangung des Baudarlehens und der Verwendung der Kreditmittel zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestand.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 21 Abs. 1
Streitjahr(e)
1993
Tatbestand
Streitig ist der Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten.
Der Kl. ..., der als Steuerbevollmächtigter Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt, wurde für das Streitjahr 1993 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. 1987 erwarb diese das unbebaute Grundstück…in .... Am 01.06.1994 beantragten die Eheleute bei dem Landkreis die Genehmigung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses. Bereits im Streitjahr 1993 hatten sie zur Finanzierung des Bauvorhabens bei der…Landesbank AG ein Darlehen über 100.000 DM aufgenommen. Für die Zeit bis zum 30. Dezember 1998 wurde ein Zinssatz von 4,4 v.H. bei einem Auszahlungskurs von 91 v.H. vereinbart. Ab 01. Februar 1994 waren bis zur vollen Auszahlung des Darlehens auf den noch nicht ausgezahlten Darlehensteilbetrag Bereitstellungszinsen von 0,25 v.H. pro Monat zu zahlen. Das Damnum von 9 v.H. wurde den Darlehensnehmern am 23. Dezember 1993 belastet. Der Restbetrag von 91.000 DM wurde am 1. März 1995 ausgezahlt und von den Eheleuten zu einem Zinssatz von 5,1 v.H. als Festgeld angelegt. Im Januar 1997 wurde der Kredit mit Hilfe eines von der Ehefrau im August 1993 abgeschlossenen Bausparvertrages abgelöst.
Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Eheleute das Damnum von 9.000 DM als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Durch Einkommensteuerbescheid vom 09. August 1995 lehnte der Beklagte (das Finanzamt – FA -) den Abzug ab. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde von dem FA durch Einspruchsbescheid vom 09. Mai 1996 als unbegründet zurückgewiesen. Das FA vertrat die Ansicht, daß eine Berücksichtigung des Damnums bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Hinblick auf die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel ausgeschlossen sei. Diese seien nicht zur Finanzierung von Baukosten verwendet, sondern – zur Vermeidung der ab 01. Februar 1994 zu zahlenden Bereitstellungszinsen – als Termingeld angelegt worden. Die hieraus erzielten Einnahmen gehörten nicht zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Einem Abzug der Werbungskosten bei dieser Einkunftsart stehe jedoch entgegen, daß insoweit keine Überschußerzielungsabsicht bestanden habe. Bezogen auf die Gesamtlaufzeit des Kredits von acht Jahren ergebe sich für die Zeit vom 01. März 1995 bis zum 31. Dezember 2001 folgende Prognose:
Festgeldzinsen |
5,1 v.H. |
|
Schuldzinsen |
4,4 v.H. |
|
Differenz |
0,7 v.H. |
x 7 = 4,9 v.H. |
4,9 v.H. von |
91.000 DM |
= 4.459 DM |
abzüglich Disagio |
|
9.000 DM |
Verlust |
|
4.541 DM. |
Im übrigen stehe dem Abzug des Damnums auch entgegen, daß zwischen seinem Abfluß und der Auszahlung der Darlehensmittel ein Zeitraum von mehr als 15 Monaten liege und seine Vereinbarung daher rechtsmißbräuchlich erscheine.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kl.…sind der Ansicht, daß das FA den Zusammenhang des Damnums mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu Unrecht verneint habe. Der Kredit bei der…Landesbank sei allein zu dem Zweck aufgenommen worden, den geplanten Bau des Mehrfamilienhauses auf dem Grundstück der Ehefrau zu finanzieren. Daß die Darlehensmittel nicht unmittelbar zur Finanzierung der Baukosten eingesetzt, sondern als Termingeld angelegt worden seien, sei darauf zurückzuführen, daß sich die Erteilung der Baugenehmigung und damit auch der Beginn der Bauarbeiten verzögert habe. Durch die Inanspruchnahme des Kredits und die Anlage der Darlehensmittel als Termingeld habe nicht nur die Berechnung von Bereitstellungszinsen vermieden, sondern sogar noch ein kleiner Zinsüberschuß erwirtschaftet werden können. Ungeachtet dessen, daß das Grundstück…im Alleineigentum seiner Ehefrau gestanden habe, sei das Damnum in voller Höhe und nicht nur in Höhe des auf die Ehefrau entfallenden Teilbetrages bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen. Da seine Ehefrau lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 7.320 DM bezogen ...