Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Aufrechnungsmöglichkeit mit Körperschaftsteuerguthaben nach § 37 Abs. 5 KStG nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der Aufrechnung gemäß § 226 AO i.V.m. § 389 BGB.
- Bestanden die zur Aufrechnung sich gegenüberstehenden Forderungen des Schuldners und eines Insolvenzgläubigers bereits im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist der Insolvenzgläubiger – über § 94 InsO hinaus – nach § 95 Abs. 1 InsO auch zur Aufrechnung befugt, wenn die Aufrechnungslage erst während des Insolvenzverfahrens eintritt.
- Ist der Steuererstattungsanspruch vor Insolvenzeröffnung im insolvenzrechtlichen Sinne bereits entstanden, so geht § 95 Abs. 1 InsO dem § 96 Nr. 1 InsO vor.
Normenkette
KStG § 37 Abs. 5; AO § 226; InsO §§ 94-96
Streitjahr(e)
2009
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Auszahlung eines Körperschaftsteuerguthabens.
Durch Beschluss des Amtsgerichts X vom 31. März 2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fa. Y GmbH (Y) eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte Y Steuerrückstände in Höhe von 140.482,39 EUR, darunter zwei Körperschaftsteuerbeträge für das Jahr 2000 in Höhe von jeweils 1.500 EUR, die seit dem 15. Oktober 2002 bzw. 4. Mai 2005 fällig waren. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2008 übersandte der Beklagte dem Kläger eine Berechnung über die Festsetzung des Anspruchs auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 5 KStG. Darin wurde zugunsten des Vermögens der Y ein Anspruch auf Auszahlung eines Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von 15.740 EUR ermittelt. Weiter wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die Auszahlung des Guthabens ratierlich auf 10 Jahre beginnend ab dem Jahr 2008 verteilt werde. Die Höhe dieses Guthabens ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die erste Rate für das Jahr 2008 in Höhe von 1.574 EUR zahlte der Beklagte an den Insolvenzverwalter aus.
Mit Datum vom 6. Oktober 2009 übersandte der Beklagte dem Kläger eine Umbuchungsmitteilung, wonach die Rate des Körperschaftsteuerguthabens in Höhe von 1.574 EUR für das Jahr 2009 nicht ausgezahlt, sondern mit rückständiger Körperschaftsteuer für das Jahr 2000 verrechnet wurde. Der Kläger erklärte sich mit der erfolgten Aufrechnung nicht einverstanden und beantragte mit Schreiben vom 16. Oktober 2009 die Erteilung eines Abrechnungsbescheids.
Mit Abrechnungsbescheid vom 26. Oktober 2009 lehnte der Beklagte die Auszahlung der Rate des Körperschaftsteuerguthabens für das Jahr 2009 unter Hinweis auf die erfolgte Aufrechnung mit rückständiger Körperschaftsteuer 2000 ab. Gem. § 37 Abs. 5 KStG sei zum 31. Dezember 2006 letztmalig das Körperschaftsteuerguthaben zu ermitteln und das Guthaben in zehn gleichen Jahresbeträgen jeweils zum 30. September eines Jahres auszuzahlen. Der Anspruch auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens sei jedoch bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden. Die Aufrechnung sei zur Zeit der Insolvenzeröffnung zulässig gewesen und der Auszahlungsanspruch durch Aufrechnung erloschen.
Mit seiner gegen den Abrechnungsbescheid erhobenen Sprungklage begehrt der Kläger weiter die Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens. Er ist der Auffassung, der Gesetzgeber habe durch das Gesetz über Begleitmaßnahmen zur Einführung der europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 7. Dezember 2006 (SEStEG) eine entscheidende Änderung für die Behandlung von Körperschaftsteuerguthaben geregelt. Durch die Gesetzesänderung sei der bisher notwendige Ausschüttungsbeschluss durch die Regelung des § 37 Abs. 5 KStG ersetzt worden. Diese Vorschrift fingiere den bislang erforderlichen Ausschüttungsbeschluss. Der Steuererstattungsanspruch entstehe gem. § 37 Abs. 5 KStG mit Ablauf des 31. Dezember 2006. Für Insolvenzverfahren, die wie das vorliegende vor dem 31. Dezember 2006 eröffnet worden seien, bedeute dies, dass das Finanzamt den Erstattungsbetrag erst nach Insolvenzeröffnung schulde, so dass eine Aufrechnung mit Insolvenzforderungen gem. § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig sei. Diese Auffassung werde auch von Teilen der Finanzverwaltung vertreten. Wenn der Beklagte eine davon abweichende Auffassung vertrete, bedeute dies einen Verstoß gegen Art. 3 GG wegen Verletzung der Rechtsanwendungsgleichheit.
Der Kläger beantragt,
den Abrechnungsbescheid vom 26. Oktober 2009 abzuändern und festzustellen, dass der Erstattungsanspruch über Körperschaftsteuer 2009 in Höhe von 1.574 EUR nicht durch Aufrechnung erloschen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Antrags beruft sich der Beklagte auf seine Ausführungen in dem angefochtenen Abrechungsbescheid vom 26. Oktober 2009. Weiter ist der Beklagte der Auffassung, für die zulässige Aufrechnung im Insolvenzverfahren sei es nicht notwendig, dass die Hauptforder...