Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für eine Ansparrücklage und die Ermittlung der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen
Leitsatz (redaktionell)
- Auch für den Bereich der Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ist für jedes einzelne WG, das voraussichtlich angeschafft oder hergestellt wird, eine gesonderte Rücklage zu bilden. Bei mehreren künftigen Investitionen sind die einzelnen Rücklagen in der Buchführung jeweils getrennt zu behandeln. Eine Sammelrücklage reicht nicht aus.
- Bei einer geplanten wesentlichen Betriebserweiterung darf eine Rücklage nur gebildet werden, wenn die Investitionsgüter bereits verbindlich bestellt worden sind.
- Im Bereich des § 4 Abs. 4a EStG ist der Schuldzinsenabzug zweistufig zu prüfen. Zunächst ist zu klären, ob der betreffende Kredit eine betriebliche oder private Schuld ist; sodann ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG abziehbar sind.
Normenkette
EStG §§ 7g, 4 Abs. 4a
Streitjahr(e)
1999
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung von Schuldzinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten und die Berücksichtigung einer Ansparabschreibung.
Die Klägerin betreibt seit 1998 eine Apotheke. Der Einkommensteuererklärung 1999 und der Gewerbesteuererklärung 1999 fügte die Klägerin den Jahresabschluss 1999 bei. Ausweislich der Bilanzen 1998 und 1999 hat die Klägerin Anlagevermögen i.H.v. 250.691 DM angeschafft. Die 1999 passivierten Darlehen betragen 478.800 DM. In der Gewinn- und Verlustrechnung wurden 1999 Schuldzinsen i.H.v. 24.542,21 DM als Aufwand erfasst. Die Schuldzinsen standen im Zusammenhang mit Krediten, mit denen im Rahmen der Existenzgründung angeschaffte Wirtschaftsgüter finanziert worden sind.
Weiterhin wurde in der Bilanz zum 31. Dezember 1999 eine Ansparabschreibung i.H.v. 300.000 DM ausgewiesen. In der Bilanz und in der Buchführung befinden sich keine Erläuterungen zu dieser Position.
Nach Rückfrage des Beklagten erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 30. Mai 2001, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre folgende Anschaffungen geplant seien:
PC-Anlage |
50.000 DM |
PKW |
100.000 DM |
Betriebs- und Geschäftsausstattung |
200.000 DM |
Ladeneinrichtung |
250.000 DM |
Bei den beiden zuletzt genannten Positionen handele es sich um die beabsichtigte Anschaffung eines EDV-gesteuerten automatischen Systems der Warenverwaltung und –Bereitstellung, vergleichbar mit einer automatisierten Lagerhaltung. Diese Anlage solle es ermöglichen, über das Internet eingehende Bestellungen ohne direkten Personaleinsatz abwickeln zu können. Der Beklagte kürzte zunächst die Ansparabschreibung auf 75.000 DM (für PC-Anlage und Pkw) und erhöhte den erklärten Gewinn i.H.v. 153.560 DM um 225.000 DM.
Die Privatentnahmen des Jahres 1999 betrugen 479.186,48 DM, die Einlagen 7.873,83 DM. Der Beklagte erhöhte wegen der vorliegenden Überentnahmen den Gewinn 1999 um 15.065 DM. Damit ergab sich ein vom Beklagten angesetzter Gewinn i.H.v. 393.625 DM. Diesen Gewinn berücksichtigte er ebenfalls bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags. Die erklärten Dauerschuldzinsen betrugen 19.063 DM.
Der Beklagte erließ am 21. Juni 2001 einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid 1999 und einen Gewerbesteuermessbescheid 1999. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein.
Durch Einspruchsbescheid vom 23. Juni 2005 verböserte der Beklagte die Steuerfestsetzung und wies im Übrigen den Einspruch als unbegründet zurück. Auf die Möglichkeit der Verböserung wurde vorher hingewiesen. Der Beklagte berücksichtigte die gebildete Ansparabschreibung im vollen Umfang gewinnerhöhend, so dass sich ein Gewinn von 402.730 DM ergab (Gewinn laut Bilanz 153.560 DM, + Ansparabschreibung 300.000 DM, – zusätzlich zu berücksichtigender Gewerbesteuerrückstellung 50.830 DM).
Die dem Gewinn hinzuzuschlagenden Schuldzinsen berechnete er mit 4.114 DM neu. Dem lag folgende Berechnung zugrunde:
Privatentnahmen |
479.186 DM |
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abzüglich Gewinn |
402.730 DM |
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abzüglich Einlagen |
./. 7.874 DM |
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Überentnahmen 1999 |
68.582 DM |
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x 6 v.H. |
4.114 DM |
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Höchstbetragsberechnung |
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Schuldzinsen lt G+V-Rechnung |
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24.542 DM |
davon abzugsfähig 52,36 v.H. Zinsen Investitionsdarlehen (250.691/478.800) |
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12.851 DM |
verbleiben |
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11.691 DM |
abzüglich Freibetrag |
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4.000 DM |
hinzuzurechnender Höchstbetrag |
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7.691 DM |
Gewinn ohne Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG |
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402.730 DM |
hinzuzurechnen ist der niedrigere Betrag |
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4.114 DM |
Anzusetzender Gewinn |
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406.844 DM |
Für die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages rechnete der Beklagte die Hälfte von 16.877 DM (=12.851 DM Zinsen für Investitionsdarlehen + 4.026 DM sonstige Dauerschuldzinsen) dem Gewinn als Dauerschuldzinsen hinzu. Die bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrages abzuziehenden Dauerschuldzinsen berechnete der Beklagte wie folgt.
Dauerschuldzinsen laut Erklärung |
19.063 DM |
Schuldzinsen laut G+V-Rechnung |
24.542 DM |
abzgl. Zinsen Investitionsdarlehen |
./. 12.851 DM |
verbleiben |
11.691 DM |
hinzuzurechnende Dauerschuldzinsen (11.691 ./. 4.114) / 11... |