vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüferin: regelmäßige Arbeitsstätte
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.
- Allein der Umstand, dass ein ArbN den Betriebssitz oder sonstige Einrichtungen des ArbG mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsucht, reicht für sich betrachtet nicht (mehr) aus, um eine regelmäßige Arbeitsstätte zu begründen.
- Fahrten einer Betriebsprüferin zu ihrer Dienststelle beim Finanzamt für Groß-Bp sind als Dienstreisen zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Streitjahr(e)
2007, 2008, 2009
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Fahrten einer Betriebsprüferin zu ihrer Dienststelle beim Finanzamt für Großbetriebsprüfung als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder als Dienstreisen zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin ist seit dem 1. Februar 2007 im Außendienst als Betriebsprüferin des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung in A tätig. Sie wohnt in B und verfügt dort über einen genehmigten mobilen Arbeitsplatz. Bis zum 31. Januar 2007 war sie im Finanzamt C tätig.
In ihren Einkommensteuererklärungen 2007 bis 2009 erklärte die Klägerin bei den Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit keine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ins Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A. Stattdessen machte sie Reisekosten für beruflich veranlasste Auswärtstätigkeiten wie folgt geltend:
Fahrten ins Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A
2007 |
21 Tage x 69 km x 2 x 0,30 €/km = |
|
869,40 € |
2008 |
32 Tage x 69 km x 2 x 0,30 €/km = |
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1.324,80 € |
2009 |
31 Tage x 69 km x 2 x 0,30 €/km = |
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1.283,40 € |
Das Finanzamt erkannte die Fahrten zwischen der Wohnung und dem Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A nicht als Dienstreisen an, sondern berücksichtigte stattdessen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (in dem geänderten Bescheid zur Einkommensteuer 2007 vom 18. März 2009 und den Beschieden zur Einkommensteuer für 2008 vom 26. März 2009 und für 2009 vom 7. Juni 2010) wie folgt:
2007 |
14 Tage x 64 km x 0,30 €/km = |
268,80 € |
2008 |
32 Tage x 69 km x 0,30 €/km = |
662,40 € |
2009 |
31 Tage x 69 km x 0,30 €/km = |
641,70 € |
Zur Begründung ihrer fristgerecht eingelegten Einsprüche machte die Klägerin geltend, dass Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A sei für sie keine regelmäßige Arbeitsstätte, so dass es sich bei den Fahrten dorthin um Dienstreisen handele, die mit den entsprechend höheren Fahrtkosten zu berücksichtigen seien.
Mit Einspruchsbescheid vom 18. Juli 2011 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 2007 von … € auf … € fest und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Ebenfalls mit Einspruchsbescheiden vom 18. Juli 2011 wies es die Einsprüche gegen die Bescheide zur Einkommensteuer 2008 und 2009 als unbegründet zurück. Die Änderung für 2007 beruht darauf, dass das Finanzamt an der Kürzung der einfachen Entfernung von 69 km auf 64 km nicht mehr festhielt und 45 Fahrten nach A, an Tagen an denen die Klägerin das Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A nicht aufgesucht hat, als Dienstreisen anerkannte.
Am 19. August 2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass das Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A nicht als ihre regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen sei. Die von ihr als Betriebsprüferin durchzuführenden Prüfungen fänden üblicherweise in den Unternehmen statt. Aufgrund der Größe der Unternehmen dauerten derartige Prüfungen in der Regel mehrere Wochen bzw. Monate. Zwischendurch suche sie in unregelmäßigen Abständen das Finanzamt für Großbetriebsprüfung in A auf, um dort Verwaltungstätigkeiten (z.B. Abrechnung der Arbeitszeit und der Reisekosten, Abgabe der Beschäftigungstagebücher, Absendung und Abholung von Akten, Schriftverkehr, …) zu erledigen und an Fortbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Das Finanzamt für Großbetriebsprüfung habe sie im Jahr 2007 an 21 Tagen, im Jahr 2008 an 32 Tagen und im Jahr 2009 an 31 Tagen aufgesucht. Im Ergebnis fahre sie durchschnittlich etwa alle zwei Wochen für einen Tag ins Finanzamt für Großbetriebsprüfung. Daneben erledige sie regelmäßig Arbeiten (z.B. Literaturstudium, Vorbereitung der Betriebsprüfungen, Verfassen von Stellungnahmen und Betriebsprüfungsberichten, …) in ihrem als mobilem Arbeitsplatz anerkannten häuslichen Arbeitszimmer. Mit ihren tatsächlichen Fahrten ins Finanzamt für Großbetriebsprüfung entspreche sie auch den Vorgaben, dort etwa ein- bis zweimal im Monat einen sog. „Kommunikationstag” einzulegen und bleibe dennoch unterhalb der 46-Tage-Grenze. Die von ihr zum Finanzamt für Großbetriebsprüfung unternommenen Fahrten reichten aus, um die dort auszuführenden Arbeiten zu erledigen. Wobei es vorkomme, dass sie an derartigen Tagen - soweit erforderlich - auch mehr als 8 Stunden im Finanzamt verbringe, um die jeweils angefallene Arbeit zu erledigen. Aufgrund der von ihr typischerweise zu erbringenden Außendiensttätigkeit sei es ihr nicht möglich gewesen, ihre Wegekos...