rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsfehlerkompensation bei Änderung einer vorläufigen Steuerfestsetzung – Abgrenzung zwischen selbstständiger und nicht selbstständiger Redakteurstätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
- Zur Fehlerberücksichtigung bei einer Änderung nach § 165 Abs. 2 AO.
- Bei der Änderung nach § 165 Abs. 2 AO dürfen grds. sämtliche materiellen (Rechts-)Fehler, die bei der Festsetzung unterlaufen sind, beseitigt werden, soweit die Änderung reicht.
- Die Frage, ob ein Stpfl. mit einer bestimmten Betätigung ArbN ist, beurteilt sich nach dem Gesamtwert der Verhältnisse. Es handelt sich um einen sog. offenen Typusbegriff.
- Die Honorar-Tätigkeit einer Redakteurin in einem Übergangszeitraum von 2 Monaten zwischen einer angestellten Redakteurstätigkeit als Schwangerschaftsvertretung und dem geplanten Antritt einer Planstelle als Angestellte bei demselben Verlag kann als nichtselbstständige Tätigkeit i. S. des § 19 Abs. 1 EStG zu qualifizieren sein.
Normenkette
AO § 165 Abs. 2; EStG §§ 18-19
Streitjahr(e)
2000, 2001, 2002
Tatbestand
Streitig ist die Zulässigkeit und inhaltliche Richtigkeit einer Rechtsfehlerkompensation im Rahmen einer Änderung nach § 165 Abs. 2 AO.
Die Klägerin erwarb zum 1. Juli 2000 den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb Forsthof G. Die Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre 2000 – 2002 waren hinsichtlich der Aufteilung des Kaufpreises für den bezeichneten Betrieb und der hieraus resultierenden Absetzungen für Abnutzung nach § 165 Abgabenordnung (AO) vorläufig ergangen (vgl. Tz. 19 des Bp-Berichts vom 15. Juni 2005).
Der Vorläufigkeitsvermerk in den geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden für die Jahre 2000 – 2002 vom 13. Dezember 2006 lautet wie folgt:
„Der Bescheid ergeht vorläufig gem. § 165 Abgabenordnung hinsichtlich der Kaufpreisaufteilung des Grundstückskaufs von Herrn W O (vgl. Tz. 18 des Bp-Berichts vom 15. Juni 2005). Die Vorläufigkeit umfasst die Bewertung der erworbenen Wirtschaftsgüter sowie die daraus resultierende Absetzung für Abnutzung.”
Nach Vorlage eines von den Sachverständigen der Oberfinanzdirektion erstellten Gutachtens zur Kaufpreisaufteilung waren die sich hieraus ergebenden Abschreibungsgrundlagen und Abschreibungen zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Mehrabschreibungen sind unter Tz. 15.1 des Bp-Berichts vom 12. April 2010 (Anschlussbetriebsprüfung für die Folgejahre) für die einzelnen Streitjahre wie folgt dargestellt:
Kalenderjahr 2000: 22.870,00 €
Kalenderjahr 2001: 45.758,00 €
Kalenderjahr 2002: 28.984,00 €
Von der vorausgehenden Betriebsprüfung für die Streitjahre 2000 – 2002 (Bp-Bericht vom 15. Juni 2005) war die seinerzeit gebildete Existenzgründerrücklage nach § 7g Abs. 7 EStG a.F. anerkannt worden. Durch die Anschlussbetriebsprüfung für die Folgejahre 2003 – 2006 (Bp-Bericht vom 12. April 2010) wurde gleichwohl die Existenzgründerrücklage nach § 7g Abs. 7 EStG a.F. aus der Vorprüfung erneut überprüft (vgl. Tz. 14 des Bp-Berichts vom 12. April 2010). Die Betriebsprüfung vertrat danach die Auffassung, dass mangels Existenzgründereigenschaft der Klägerin die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage nach § 7g Abs. 7 EStG a.F. nicht vorliegend waren. Die Klägerin habe im Vorgründungszeitraum Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt, und zwar in den Monaten Mai und Juni 1997 im Rahmen einer journalistischen Tätigkeit. Diese Einkünfte stünden einer Anerkennung der Eigenschaft als Existenzgründer entgegen.
Nach den Feststellungen des Senats liegt der Tätigkeit der Klägerin in den Monaten Mai und Juni 1997 folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Klägerin war nach Ableistung ihres Volontariats für die L Rundschau C zunächst im Rahmen eines befristeten Arbeitsvertrages (Schwangerschaftsvertretung) bis zum 31. März 1997 tätig. Dieser Arbeitsvertrag wurde um einen Monat bis zum 30. April 1997 verlängert. Im Rahmen dieses befristeten Arbeitsverhältnisses war die Klägerin als Redakteurin in einer Lokalredaktion tätig. Im Anschluss daran sollte die Klägerin in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden. Eine für sie vorgesehene Planstelle stand jedoch erst zum 1. Juli 1997 zur Verfügung. Aufgrund dessen kam sie mit dem in der damaligen Zeit verantwortlichen stellvertretenen Chefredakteur, Herrn Dr. R W, überein, in den dazwischen liegenden Monaten wie zuvor am gleichen Arbeitsplatz mit der gleichen festgelegten Arbeitszeit und dem gleichen redaktionellen Aufgabengebiet tätig zu sein. Auf Vorschlag ihres Vorgesetzten sollte sie für die abgeleisteten Arbeitstage Pauschalhonorare in Rechnung stellen, und zwar in Höhe von 230,00 DM pro Tag. Der sich so ergebende Monatsbetrag entsprach in etwa ihrem vorherigen Gehalt. Entsprechend dieser mündlichen Absprache war die Klägerin in den Monaten Mai und Juni 1997 für den LR - Medienverlag GmbH, C, tätig und stellte am 3. Juni bzw. 4. August 1997 entsprechende Rechnungen aus, auf die bezüglich der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird. Mit Datum des 27. April 2010 bestätigte der damal...