vorläufig nicht rechtskräftig
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Härteausgleich auf Erbschaftssteuer erst abschließend auf Grundlage des Gesamterwerbs des Schlusserben
Leitsatz (redaktionell)
- Die Härteausgleichsregelung des § 19 Abs. 3 ErbStG ist eine Regelung der Steuerfestsetzung, die erst nach Ansatz des Steuersatzes angewendet werden kann.
- Bei Anwendung des Steuersatzes ist auf den Gesamterwerb abzustellen. Es wäre unsystematisch, hinsichtlich der erst danach zu überprüfenden Härteregelung des § 19 Abs. 3 ErbStG auf Einzelerwerbe abzustellen.
Normenkette
ErbStG § 6 Abs. 2 Sätze 3-5, § 15 Abs. 3, § 19 Abs. 3
Streitjahr(e)
2004
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob für den vorliegenden Erbfall gemäß §§ 15 Abs. 3, 6 Abs. 2 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) wegen des Vorliegens einer Schlusserbschaft für beide Nachlässe jeweils die Härteklausel zu berücksichtigen ist.
Am X. Juli 200X verstarb Herr G. Gemäß gemeinschaftlichem Ehegattentestament mit seiner Frau S wurde Frau S alleinige unbeschränkte Erbin. Als Schlusserben wurden gemäß § 3 des Testaments vom X. Oktober 200y die Kinder des Bruders von Herrn G, B, S, U und H sowie der Halbbruder von Frau S, Herr Si, zu gleichen Teilen eingesetzt. Am XX. November 200X verstarb Frau S, so dass die Klägerin zu 1/5 Schlusserbin wurde. Unstreitig beträgt der anteilige Nachlass nach G € xx.xxx. Der Beklagte brachte im Erbschaftsteuerbescheid vom. Oktober 200z hier einen Freibetrag i.H.v. € 10.300 zum Abzug. Der anteilige Nachlass nach S betrug € yy.yyy. Ein Freibetrag wurde nicht gewährt. Als Erbschaftsteuer wurde insgesamt ein Betrag i.H.v. € Z festgesetzt, der sich ermittelt aus 17 % von € xx./. Freibetrag sowie 23 % von € yy.yyy. Hinsichtlich des Nachlasses von G wurde die Erbschaftsteuerklasse II, hinsichtlich des Nachlasses von S die Erbschaftsteuerklasse III zugrunde gelegt. Die Klägerin begehrte im Einspruchsverfahren zusätzlich noch den Härteausgleich getrennt nach den beiden Nachlässen. Der Einspruch diesbezüglich wurde vom Beklagten mit Einspruchsbescheid vom 8. November 2005 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Die Klägerin macht geltend, dass vorliegend für jeden der beiden Nachlässe der Härteausgleich gemäß § 19 Abs. 3 ErbStG i.V.m. § 15 Abs. 3 ErbStG zum Ansatz komme. Dadurch ergäbe sich für den Nachlass von G ausgehend von einem steuerpflichtigen Erwerb von € xx.xxx eine Erbschaftsteuer i.H.v. € XXX, für den Nachlass S aufgrund eines steuerpflichtigen Erwerbs von € YYY eine Erbschaftsteuer i.H.v. € yyy (vgl. Berechnung Bl. 6 Finanzgerichtsakte). Da ein Ehegattentestament i.S.d. § 2269 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorgelegen habe, seien nach § 15 Abs. 3 ErbStG die Vorschriften des § 6 Abs. 2 Sätze 3 bis 5 ErbStG entsprechend anzuwenden. Es lägen somit zwei Vermögensanfälle vor, die für die Steuerberechnung zu trennen seien. Da die einschlägigen Tarifvorschriften gesondert anzuwenden seien, sei auch der Härteausgleich bei jedem Erbfall gesondert zu berücksichtigen. Die Steuer sei nach dem jeweiligen Steuersatz zu erheben, der für den gesamten Erwerb gelte. § 6 Abs. 2 S. 5 ErbStG verweise nur hinsichtlich der Bestimmung des einschlägigen Steuersatzes auf § 19 Abs. 1 ErbStG, nicht jedoch hinsichtlich der weiteren Berechnungsmodalitäten.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Einspruchsbescheids vom 5. Mai 2006 den Erbschaftsteuerbescheid vom 27. Oktober 2005 in der Weise zu ändern, dass die Erbschaftsteuer auf Z EUR herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, dass der Härteausgleich nach § 19 Abs. 3 ErbStG keine Anwendung finde, da bei der Berechnung des Steuersatzes für den gesamten Erwerb die Härteklausel nicht eingreife. Bei Anwendung der Härteregelung auf die einzelnen Erwerbe würde der Progressionsvorbehalt außer Kraft gesetzt werden. Der Härteausgleich sei deshalb nur auf der Stufe des Gesamterwerbes zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im vollen Umfang unbegründet.
1. Der Beklagte hat zu Recht die beiden Vermögensanfälle gem. § 6 Abs. 2 S. 3 bis 5 ErbStG hinsichtlich der Steuerklassen und des Steuersatzes getrennt behandelt und die Erbschaftsteuer richtig berechnet, den Härteausgleich hierbei jedoch nicht berücksichtigt.
a. Die Steuerberechnung gem. § 6 Abs. 2 S. 3 bis 5 ErbStG ist aufgrund von § 15 Abs. 3 ErbStG anwendbar.
Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 ErbStG sind im Fall des § 2269 BGB (Berliner Testament) und soweit der überlebende Ehegatte an die Verfügung gebunden ist, die mit dem verstorbenen Ehegatten näher verwandten Erben und Vermächtnisnehmer als seine Erben anzusehen, soweit sein Vermögen beim Tod des überlebenden Ehegatten noch vorhanden ist. Nach § 15 Abs. 3 Satz 2 ErbStG gelten dann die Regelungen des § 6 Abs. 2 Satz 3 bis 5 ErbStG entsprechend. Dies bedeutet, dass bei Übergang von eigenem Vermöge...