vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 80/13)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung von Aktien - Steuerfreier Veräußerungsgewinn; Missbrauch i. S. von § 42 AO bei Erwerb von Zertifikaten auf Aktien
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der Veräußerungskosten in § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG.
- Aus Gründen der Vergleichbarkeit zwischen § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG und § 17 EStG sind Veräußerungskosten i. S. des § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG gegeben, soweit Aufwendungen im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung stehen, d. h. durch das Veräußerungsgeschäft veranlasst sind.
- Bei der Veräußerung von Aktien können Verluste aus der Veräußerung von Zertifikaten auf die entsprechenden Aktien den nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfreien Veräußerungsgewinn mindern.
- Ein Missbrauch i. S. von § 42 AO ist gegeben, wenn bei dem Erwerb von Zertifikaten auf Aktien aufgrund der vertraglichen Situation bereits feststeht, dass diese mit Verlust veräußert werden müssen und sich ein wirtschaftlicher Vorteil allein aus der Kombination eines steuerfreien Veräußerungsgewinns und der steuermindernden Berücksichtigung des Verlustes, d. h. aus der Steuerersparnis, ergibt.
Normenkette
KStG § 8b; AO § 42
Streitjahr(e)
2005
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die steuerrechtliche Qualifizierung eines Verlustes aus der Veräußerung von Zertifikaten.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ein Bauunternehmen. Sie ermittelt ihren Gewinn gem. §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1 EStG durch Bestandsvergleich.
Mit Rahmen-Vertrag vom ...2004 schloss die Klägerin mit der … Bank ein „Aktientermingeschäft mit Lieferung und Ersetzungsbefugnis”. Gegenstand des Vertrages war die Veräußerung von Aktien an die … Bank zu einem bestimmten Termin – dem 17.11.2005 – zu einem im Voraus festgelegten Terminpreis. Der Klägerin stand ferner das Recht zu, anstatt der Anzahl der Aktien die Anzahl der Zertifikate zu liefern. Im Einzelnen enthielt der Vertrag u.a. die folgenden Vereinbarungen:
- Rahmenvertragsdatum |
17. November 2004 |
- Abschlussdatum |
17. November 2004 |
Aktie |
Stammaktie des Emittenten |
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… |
- Anzahl der Aktien |
1.785.710 |
- Zertifikat |
Zertifikat bezogen auf die Aktie, |
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a. das in seiner Wertentwicklung zu jedem Zeitpunkt während der Laufzeit dieses Einzelabschlusses dem Wert der Aktie an der Wertpapierbörse von 1:1 entspricht… |
- Anzahl der Zertifikate |
1.785.710 |
- Terminpreis |
5,72 je Aktie |
- Barriere-Preis |
6,16 je Aktie |
- Angepasster Terminpreis |
ist der Terminpreis abzüglich eines Betrages von 1,5 % des Kurses der Aktie am Abschlussdatum Euro 5,63 je Aktie |
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- Leistungspflichten |
Am Fälligkeitstag für die Abwicklung zahlt der Käufer den Kaufpreis und liefert der Verkäufer Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises die Anzahl der Aktien oder, sofern er von seiner Ersetzungsbefugnis Gebrauch macht, die Anzahl der Zertifikate |
- Kaufpreis |
Das in der Vertragswährung ermittelte Produkt aus (i) dem Terminpreis oder, falls ein an der Wertpapierbörse während der Laufzeit bis zum Wertermittlungstag an einem Handelstag während der Handelszeit festgestellter Kurs der Aktie den Barriere-Preis erreicht oder überschreitet, der angepasste Terminpreis und (ii) der Anzahl der Aktien. |
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- Besondere Vereinbarungen |
Verpfändung von Wertpapieren: Zur Sicherung für sämtliche gegenwärtigen und künftigen, auch bedingten oder befristeten Ansprüche des Käufers aus diesem Einzelabschluss wird der Verkäufer dem Käufer durch jeweils gesonderte Verpfändungsvereinbarung ein Wertpapierdepot mit geeigneten Wertpapieren verpfänden, dessen Wert zu jedem Zeitpunkt dem Wert der…zu liefernden Anzahl der Aktien oder Anzahl der Zertifikate entspricht… |
Entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen erwarb die Klägerin am ...2004 1.785.710 Aktien der … (zum Kurswert von 5,60 je Aktie) zu einem Gesamtpreis von 9.999.976 Euro. Diese Aktien veräußerte die Klägerin am 12.01.2005 zu dem Kurswert von 6,16 Euro, d.h. zu einem Gesamtpreis von 10.999.973,60 Euro. Der Kurswert der Aktie im Zeitpunkt der Veräußerung entsprach dem in dem Vertrag vom ...2004 vereinbarten Barriere-Preis. Aus der Veräußerung erzielte die Klägerin einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 999.997,60 Euro. Gleichzeitig, d.h. ebenfalls am 12.01.2005 erwarb die Klägerin … Bank Zertifikate auf die … Aktien zu einem Preis von 6,16 Euro je Zertifikat. Diese Zertifikate veräußerte die Klägerin zum vertraglich vereinbarten Termin am 17.11.2005 mit einem Verlust von 946.426,30 Euro. Dabei lag dem Veräußerungspreis ein Wert je Zertifikat von 5,63 (= angepasster Terminpreis) zugrunde, da die Aktien während der Laufzeit den Barriere-Preis von 6,16 Euro erreicht hatten.
Den aus der Veräußerung resultieren Veräußerungsgewinn von 999.997,60 Euro erfasste die Klägerin als steuerfreien Gewinn gem. § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG unter gleichzeitigem Ansatz nicht abzugsfähiger Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 3 KStG in Höhe von 49.990 Euro. Den Verlust aus der Veräuße...