Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerbelastung aufgrund einer Grundstücksübertragung zwischen Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, die durch gemeinsame Kinder familienrechtlich verbunden sind
Leitsatz (redaktionell)
- Eine grunderwerbsteuerbare Grundstücksübertragung zwischen Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit Kindern ist nach § 3 Nrn.4 bis 7 GrEStG nicht steuerbefreit.
- Der Wortlaut des § 3 Nrn. 4 bis 7 GrEStG erfasst den Grundstückserwerb durch den Partner einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft mit gemeinschaftliche Kindern nicht.
- Eine Anwendung der Vorschrift über den Wortlaut des Gesetzes hinaus auch auf Angehörige eheähnlicher Lebensgemeinschaften mit Kindern im Wege einer verfassungskonformen Auslegung (Analogie) ist nicht geboten, da § 3 Nrn. 4 bis 7 GrEStG keine zu schließende Gesetzeslücke enthält.
- Bei der GErwerbSt gilt ein allgemeines "Familienprinzip&". Im Vordergrund steht der Verkehrssteuercharakter der GErwerbSt, sodass es dem Gesetzgeber freisteht, eheähnliche Lebensgemeinschaften mit Kindern von der GErwerbSt-Begünstigung auszuschließen.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nrn. 4-7
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Grunderwerbsteuerbelastung einer Grundstücksübertragung zwischen Partnern einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, die durch gemeinsame Kinder familienrechtlich verbunden sind.
Der Kläger und seine damalige Lebensgefährtin (heutige Ehefrau) erwarben am 1. September 1994 zu je ½ ein Grundstück von der Stadt S.. Für die Zahlung des Kaufpreisanteils, der auf die Lebensgefährtin entfiel, gewährte der Kläger seiner Partnerin ein Darlehn in Höhe von 35.000 DM. Der Kläger erwarb später, mit Vertrag vom 29. Dezember 1995, den Grundstücksanteil seiner Gefährtin unter Verzicht auf die Rückzahlung des gewährten Darlehns. Der Kläger und seine Lebenspartnerin lebten seit Jahren in einer eheähnlichen Gemeinschaft; aus dieser Gemeinschaft sind zwei Kinder hervorgegangen, J. (geboren am 3. August 1992) und L. (geboren am 25. Juli 1994). Der Kläger heiratete seine langjährige Lebensgefährtin am 9. September 1999.
Das beklagte Finanzamt setzte wegen des Grundstücksübertragungsvorgangs vom 29. Dezember 1995 gegenüber dem Kläger eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 700 DM (= 2 % von 35.000 DM) mit Bescheid vom 23. Januar 1996 fest. Die begehrte Grunderwerbsteuer-Befreiung wurde mit Hinweis darauf, dass der Kläger und seine Partnerin nicht verheiratet seien, versagt.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhebt der Kläger Klage und trägt im Wesentlichen folgendes vor:
Die Stadt S. habe dem Kläger verweigert, ihm allein ein Baugrundstück zu verkaufen. Deshalb sei die langjährige Lebenspartnerin des Klägers in 1994 als Miterwerberin aufgetreten. Wegen des fehlenden Eigenkapitals der Partnerin habe der Kläger ihr das zinslose Darlehn in Höhe von 35.000 DM gewährt. Er habe Ende 1995 den Grundstücksanteil seiner Partnerin übernommen im Hinblick auf die volle Eigenheimförderung nach § 10e EStG als Alleineigentümer. Wegen der begehrten Grunderwerbsteuer-Befreiung sei beachtlich, dass der Kläger, seine Partnerin und die zwei gemeinsamen Kinder eine auf Dauer ausgerichtete familienähnliche Beziehung mit rechtlicher Relevanz pflegen. Denn die öffentliche Verwaltung setze Familien und familienähnliche Beziehungen der vorliegenden Art in vielen öffentlichen Bereichen gleich, etwa im Sozialhilfe-, im Arbeitslosenhilfe-, Wohngeldrecht und in weiteren Rechtsgebieten, in denen der Staat grundsätzlich leistungspflichtig sei. So sei z.B. der Lebenspartnerin des Klägers mit Bescheid vom 8. Februar 1996 Erziehungsgeld für ein gemeinsames Kind mit Hinweis auf das Einkommen des Klägers nicht gewährt worden. Es ziehe sich wie ein roter Faden durch die deutsche Gesetzes- und Verordnungslandschaft, dass dann, wenn es um Ausgaben des Staates gehe, eheähnliche Lebensgemeinschaften den Familien gleichgesetzt werden. Gehe es dagegen um die Einnahmen des Staates, würden Teilnehmer familienähnlicher Beziehungen wie fremde Dritter behandelt; steuerliche Vorteile würden den eheähnlichen Gemeinschaften mit Kindern zu Unrecht nicht gewährt. Diese Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte sei inkonsequent und verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. Die gesellschaftlichen Entwicklung, die auch vom Gesetzgeber gesehen werde und im Sozialleistungsrecht mit Recht zu der erwähnten Rechtspraxis geführt habe, sei auch im Grunderwerbsteuerrecht zu berücksichtigen. Dem Kläger sei Grunderwerbsteuer-Befreiung - wie bei einem Grundstückserwerb von einem Ehegatten - zu gewähren. Dafür spreche auch der besondere staatliche Schutz nach Art. 6 GG, unter den auch die nichteheliche Familie, also Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit gemeinsamen Kindern, falle. Im übrigen sei zwar der Übertragungsvertrag, der dem angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid zugrunde liege, beurkundet, aber noch nicht dem Grundbuchamt zur Umschreibu...