Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1983 bis 1985 und Verlustabzug gem. § 10 d EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Bürgschaften des Gesellschafters einer GmbH als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung bei Ermittlung des Auflösungsverlustes gem. § 17 Abs. 1-4 EStG.
2. Durchführung des Verlustabzugs gem. § 10 d EStG trotz bestandskräftiger Veranlagung im Verlustentstehungsjahr.
Tenor
1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1983 vom 12.10.1988 und der Einkommensteuerbescheide 1984 und 1985 in der Fassung des Einspruchsbescheids des Beklagten vom 27.02.1991 wird die Einkommensteuer 1983 auf 28.498 DM, die Einkommensteuer 1984 auf 37.862 DM und die Einkommensteuer 1985 auf 29.366 DM herabgesetzt.
Im übrigen wird die Klage XII 165/91 abgewiesen.
2. Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 23.10.1991 und des Einspruchsbescheids vom 29.01.1992 wird der Beklagte verpflichtet, den Verlustabzug gemäß § 10 d EStG ausgehend von einem im Veranlagungszeitraum 1982 entstandenen Auflösungsverlust gemäß § 17 EStG in Höhe von 288.000 DM nach Maßgabe von Abschnitt II der Entscheidungsgründe des Urteils vorzunehmen.
Im übrigen wird die Klage XII 79/92 abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern zu 63 v. H., dem Beklagten zu 37 v. H. auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufigvollstreckbar. Dem Beklagten wird Vollstreckungsnachlaß gegen Sicherheitsleistung gewährt.
Tatbestand
I.
Streitig in dem Verfahren XII 165/91 ist die Rechtmäßigkeit von Einkommensteuerbescheiden, durch die die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb für die Veranlagungszeiträume 1983 bis 1985 durch Hinzuschätzungen erhöht worden sind.
1. Die Kläger werden als Eheleute zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die Klägerin war bis November 1981 als Gymnasiallehrerin berufstätig. Der Kläger war nach einer kaufm. Lehre bei der Firma … AG als kaufm. Angestellter bei dieser Firma, danach bei der Firma … KG und sodann bei der Firma … im Reifenhandel tätig. Im Jahre 1977 machte er sich selbständig. Er erwarb von der Kommanditistin der Firma … KG deren Kommanditanteil von nominell 96.000,00 DM zu einem Kaufpreis von 550.000,00 DM und gründete zusammen mit der Klägerin die Reifen-… GmbH, die als persönlich haftende Gesellschafterin in die KG eintrat. Damit hatten die Kläger die gesamte Firma übernommen. Der Gewinn für 1978 wurde vom Finanzamt … auf ca. 100.000 DM geschätzt, weil von der Gesellschaft keine Steuererklärung abgegeben worden war. Für das Jahr 1979 wurde ein Verlust von 666.391 DM erklärt. Dies bedeutete die Insolvenzdes Unternehmens. Am 10. April 1980 wurde über die KG und die GmbH das Konkursverfahren eröffnet, am 11.05.1983 wurden beide Konkursverfahren mangels Masse eingestellt.
Die Anfang 1980 als Auffanggesellschaft vom Kläger gegründete Reifenhandel … GmbH wurde ebenfalls ein Opfer der zunehmend verschlechterten Marktchancen für runderneuerte Reifen. Als die … AG infolge Insolvenz mit einem Umsatzanteil von ca. 40 % als Abnehmer ausfiel, verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Reifenhandel … GmbH so erheblich, daß auf Antrag des Klägers am 11. März 1982 das Konkursverfahren eröffnet wurde, am 30. März 1983 wurde es mangels Masse eingestellt.
Die titulierten Forderungen, die die Gläubiger des Klägers nach den Insolvenzen einzutreiben versuchten, beliefen sich auf rund 1,2 Mill. DM. Die Klägerin haftete aus Bürgschaften gegenüber der Stadtsparkasse … für Kredite, die die Stadtsparkasse der Auffanggesellschaft gewährt hatte.
2. Am 1. April 1982 übernahm die Klägerin auf der Insel … die Gastwirtschaft …. Die notwendige Liquidität für die Betriebseröffnung wurde in der Weise geschaffen, wie die Kläger vortragen, daß von ihrem privaten Geldbestand 4.500,00 DM in die Barkasse und 20.000,00 DM auf einem Postgirokonto in das Betriebsvermögen eingelegt wurden. Weil die Gefahr bestand, daß die Gläubiger das betriebliche Girokonto beim Postscheckamt ausfindig machten und hineinpfänden würden, war für die Tochter der Klägerin aus erster Ehe, …, ein Postsparbuch bereits vor der Eröffnung der Gastwirtschaft, nämlich am 25. März 1982 angelegt worden, auf das Privatentnahmen aus der Gastwirtschaft eingezahlt wurden und von dem auch wieder Gelder als Einlagen in das Betriebsvermögen zurückflossen. Nachdem die Gläubiger diese „Verbindung” ermittelt hatten, wurde das auf den Namen der Tochter laufende Sparkonto am 30. Mai 1985 zur Filialeder … Landesbank und am 03.06.1986 zur Filiale der Kreissparkasse … verlegt.
Die Gastwirtschaft, ganzjährig geöffnet und von den Klägern selbst geführt, wurde bereits im ersten und zweiten Jahr gut besucht, ab 1984 wurde Personal beschäftigt. Um nicht „eine Kneipe von vielen” zu sein, ergriffen die Kläger verschiedene Maßnahmen, die das Lokal aus dem üblichen Rahmen herausragen lassen sollten. Sie engagierten Musikkapellen und organisierten Tanzfahrten auf einem gecharterten Schiff, ohne jedoch einen nachhaltigen Erfolg damit zu haben. Dieser wurde bei Einheimischen und Urlaubern...