Entscheidungsstichwort (Thema)
Neubeginn der 2-Jahresfrist bei Doppelter Haushaltsführung
Leitsatz (redaktionell)
- Der Neubeginn der Zweijahresfrist gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 3 EStG ist nicht von einer Mindestdauer der Unterbrechung der Beschäftigung am selben Ort abhängig.
- Die in den Richtlinien genannten Fristen haben keine gesetzliche Grundlage und sind willkürlich bestimmt. Das zeigt sich u. a. daran, dass die Finanzverwaltung ohne Änderung der Gesetzeslage ab 1999 bereits eine um 4 Monate kürzere Unterbrechung ausreichen lässt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Sätze 1, 3
Streitjahr(e)
1997
Tatbestand
Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.
Der Kläger lebt mit seiner berufstätigen Ehefrau und drei – im Streitjahr 1997 – minderjährigen Kindern in A. Er war vom 01.01.1995 an bei der Firma X in B als Qualitätsmanagement–Beauftragter tätig. Seine Aufgabe umfasste die konzeptionelle Erarbeitung, Einführung und Dokumentation eines Qualitätsmanagementsystems nach DIN EN ISO 9002 (Einzelheiten siehe Zeugnis vom 31.12.1996 – Bl. 45 Gerichtsakte – GA). Der Firma wurde am 05.11.1996 bescheinigt, die Forderungen der DIN–Vorschrift zu erfüllen (Bl. 46 GA). Zum 31.12.1996 kündigte die Firma dem Kläger. In den Einkommensteuerbescheiden 1995 und 1996 berücksichtigte der Beklagte Aufwendungen des Klägers für doppelte Haushaltsführung.
Der Kläger gab im Dezember 1996 und Februar 1997 Stellengesuche in Y-fachzeitschriften auf (Bl. 49, 50 GA). Ab 01.01.1997 war er arbeitslos gemeldet. Vom 15.04.1997 bis 15.05.1998 war er wiederum für die Firma X als Qualitätsmanagement–Beauftragter tätig, um das bestehende Qualitätsmanagementsystem zu erweitern. Auf das Zeugnis vom 15.05.1998 (Bl. 48 GA) wird verwiesen.
In seiner Einkommensteuererklärung des Streitjahres 1997 machte der Kläger Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung – Fahrtkosten 7.180 DM, Hotelkosten 7.188 DM, Verpflegungsmehraufwendungen 2.760 DM – geltend, von denen der Beklagte nur die Fahrtkosten, allerdings nach einer Entfernung von nur 220 km (statt beantragter 304 km), zwischen A und B anerkannte (Einkommensteuerbescheid 1997 vom 09.06.1998 – Bl. 197 Einkommensteuerakte – EStA). Der Beklagte vertrat die Auffassung, den nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 auf zwei Jahre begrenzten Werbungskostenabzug für eine doppelte Haushaltsführung habe der Kläger bereits 1995/1996 in Anspruch genommen. Erst eine Unterbrechung von mindestens 12 Monaten lasse die Zweijahresfrist neu beginnen. Hiergegen richtet sich nach insoweit erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsbescheid vom 22.02.1999 – Bl. 18 GA) die Klage.
Der Kläger meint, dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass die Zweijahresfrist bei Begründung einer neuen doppelten Haushaltsführung am Ort der vorherigen nur dann neu beginne, wenn die Unterbrechung eine Mindestdauer überschreite. Die erste doppelte Haushaltsführung sei zum 31.12.1996 beendet worden. Dass der Kläger bei der Firma X erneut beschäftigt werden könnte, sei zu dem Zeitpunkt nicht absehbar gewesen. Die Neuregelung der doppelten Haushaltsführung sei bei berufstätigen Eheleuten verfassungswidrig.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1997 vom 09.06.1998 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom 22.02.1999 weitere Werbungskosten von 12.046 DM zu berücksichtigen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt
Klagabweisung mit der Maßgabe, dass Einwendungen gegen eine Zugrundelegung von 304 Entfernungskilometern für den Fall der Anerkennung von Familienheimfahrten nicht erhoben werden.
Im Übrigen hält der Beklagte an seiner Rechtsauffassung fest, die Zweijahresfrist der doppelten Haushaltsführung sei abgelaufen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist im erkannten Umfang begründet. Bei den geltend gemachten Fahrt- und Hotelkosten handelt es sich um notwendige Mehraufwendungen, die dem Kläger wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstanden und nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen sind. Keine „notwendigen” Mehraufwendungen sind jedoch die in diesem Zusammenhang erklärten Verpflegungsmehraufwendungen.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind Werbungskosten auch notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstanden sind. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG). Im Streitfall hat der Kläger am 15.04.1997 in B unstreitig eine doppelte Haushaltsführung aus beruflichem Anlass begründet und für den Rest des Veranlagungszeitraums beibehalten.
Dass der Abzug der Aufwendungen für eine...