Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (redaktionell)
Der Unternehmer kann aus Auslösungen und Fahrtkosten für sogenannte Einsatzwechseltätigkeiten keine pauschalierten Vorsteuern nach §§ 36, 38 UStDV in Anspruch nehmen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt neben einem Baumarkt ein Bauunternehmen mit durchschnittlich 50 bis 70 Arbeitnehmern. Diese setzte sie auf verschiedenen Baustellen im Umkreis von unter 100 km ein. Einige Arbeitnehmer fuhren mit eigenen Fahrzeugen zu den Baustellen. Durchschnittlich 22 Arbeitnehmer beförderte die Klägerin unentgeltlich mit betriebseigenen Kraftfahrzeugen zu den Einsatzorten.
Im Anschluss an eine steuerliche Außenprüfung behandelte der Beklagte die Arbeitnehmer-Sammelbeförderungen als umsatzsteuerpflichtige Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 b Umsatzsteuergesetz (UStG) und änderte die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre 1988 bis 1991 entsprechend.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage. Die Klägerin vertritt die Auffassung, bei den von ihr durchgeführten Arbeitnehmer-Sammelbeförderungen handele es sich nicht um steuerbare Umsätze i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 b UStG. Ihre Arbeitnehmer hätten keinen Rechtsanspruch auf eine kostenlose Beförderung zur den Baustellen. Die Sammelbeförderungsleistungen lägen vielmehr im überwiegenden betrieblichen Interesse, weil anderenfalls die Ausführung des jeweiligen Bauauftrages behindert werde. Insbesondere führten die Sammelbeförderungsleistungen zu einer Vermeidung von Verspätungen und Personalausfällen sowie zur Steigerung der Arbeitseffektivität. Die Beförderungsleistungen könnten deshalb nicht als eine Zuwendung angesehen werden, die sie, die Klägerin, ihren Arbeitnehmern gewähre. Die Begünstigungen für die Arbeitnehmer seien auch keineswegs zweckgerichtet, sondern bloßer Reflex der betrieblichen Erfordernisse.
Die Klägerin beantragt,
die Umsatzsteuer 1988 i.H.v. 2.297,05 DM, 1989 i.H.v. 2.297,05 DM, 1990 i.H.v. 2.461,06 DM, 1991 i.H.v. 2.504,36 DM
herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung seines Klageantrags nimmt er Bezug auf seine Ausführungen im Einspruchsbescheid vom 21. Februar 1994.
Im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im übrigen wird auf die Steuerakten zu Steuernummer … sowie die Gerichtsakten verwiesen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Beklagte hat die Beförderungsleistungen, die die Klägerin gegenüber ihren Arbeitnehmern erbracht hat, zu Recht gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 b UStG der Umsatzsteuer unterworfen. Danachentfällt die Steuerbarkeit von Leistungen nicht, wenn der Unternehmer diese an seine Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses ausführt und diese dafür kein besonderes Entgelt aufwenden. Die von der Klägerin ausgeführten Beförderungsleistungen sind aufgrund der Dienstverhältnisse in diesem Sinne erfolgt, weil sie in dem jeweiligen Arbeitsverhältnis ihre Ursache gehabt haben.
Allerdings soll nach der Rechtsprechung des EuGH mit der in Art. 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie getroffenen gemeinschaftsrechtlichen Regelung verhindert werden, dass zu privaten Zwecken unentgeltlich erbrachte Dienstleistungen nicht besteuert werden (Urteil des EuGH vom 16. Oktober 1997 in der Rechtssache C – 258/95, HFR 1998, 61). Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 b UStG gebietet es daher, nur Dienstleistungen, die zu unternehmensfremden Zwecken ausgeführt werden, der Besteuerung zu unterwerfen. Die Beförderung von Arbeitnehmerndurch den Arbeitgeber zur Arbeitsstätte erfolgt regelmäßig zuunternehmensfremden Zwecken, weil die Anreise zur Arbeitsstätte grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers ist. Nur unter besonderen Umständen können die Erfordernisse des Unternehmens es gebieten, dass der Arbeitgeber selbst die Beförderung der Arbeitnehmer von ihrer Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück sicherstellt (Urteil des EuGH, a.a.O.). Das Vorliegen solch besonderer Umstände hat zur Folge, dass die Beförderung durch den Arbeitgeber nicht zu unternehmensfremden Zwecken erfolgt (vgl. Urteil des BFH vom 9. Juli 1998 V R 105/92, BStBl II 1998, 635). Derartige besonderen Umstände sind vorliegend nicht erkennbar. Zwar mag der Umstand, dass es sich bei den Baustellen um im Laufe der Zeit wechselnde Arbeitsstätten gehandelt hat, für die Notwendigkeit einer Beförderung sprechen. Dem steht aber entgegen, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer der Klägerin die Fahrt zur Arbeitsstätte selbst ausgeführt hat. Sonstige über das allgemeine Interesse eines Arbeitgebers, den ordnungsgemäßen und pünktlichen Arbeitsablauf zu gewährleisten, hinausgehende Gründe für die Durchführung der Arbeitnehmersammelbeförderungen sind weder nach Aktenlage ersichtlich noch von der Klägerin vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Fundstellen