vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VIII R 21/13)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderbarkeit eines Steuerbescheids bei Vorläufigkeitsvermerk
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen des § 165 Abs. 2 Satz 2 AO.
- Wird in einem – nicht auf § 165 Abs. 2 AO gestützten – Änderungsbescheid der Vorläufigkeitsvermerk nicht wiederholt, bleibt die Vorläufigkeit im bisherigen Umfang erhalten. Es bedarf daher einer ausdrücklichen Endgültigkeitserklärung zur Beseitigung der Vorläufigkeit.
- Wird im Rahmen eines Änderungsbescheids der bisherige Vorläufigkeitsvermerk geändert, tritt dieser an die Stelle des bisherigen Vorläufigkeitsvermerks, bestimmt den Umfang der Vorläufigkeit neu und regelt abschließend, inwieweit die Steuern nunmehr vorläufig festgesetzt sind.
- Wird im ESt-Bescheid ausdrücklich zwischen einer auf § 165 Abs. 1 Satz 1 AO und einer auf § 165 Abs. 1 Satz 2 AO gestützten Vorläufigkeit unterschieden, bleibt der auf § 165 Abs. 1 Satz 1 AO gestützte Vorläufigkeitsvermerk und die darauf beruhende Änderungsmöglichkeit auch dann bestehen, wenn in einem danach ergangenen Änderungsbescheid lediglich eine auf § 165 Abs. 1 Satz 2 AO gestützte Vorläufigkeit enthalten ist.
Normenkette
AO § 165
Streitjahr(e)
2001, 2002, 2003
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Änderbarkeit der angefochtenen Einkommensteuerbescheide.
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute, die in den Streitjahren beide ausländische Kapitalerträge erzielten. Diese Kapitalerträge erklärten die Kläger zunächst nicht im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für die Streitjahre (2001 bis 2003). Nachdem die Kläger die ausländischen Kapitalerträge gegenüber dem Beklagten mit geschätzten Werten nacherklärt hatten, änderte der Beklagte die bis dahin ergangenen Einkommensteuerbescheide unter dem 10. März 2010 auf Grundlage von § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO).
Die Änderungsbescheide führten dabei unter dem Punkt „Art der Festsetzung” aus: „Der Bescheid ist nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert. Er ist nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO vorläufig, soweit dies im Erläuterungsteil ausgeführt ist. Er ist nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufig.” Unter Ziffer 1 der Erläuterungen der jeweiligen Einkommensteuerbescheide war der Vorläufigkeitskatalog nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO unter Hinweis auf die genannte Vorschrift ersichtlich. Unter den weiteren Erläuterungen führte das Finanzamt aus: „Die Festsetzung der Einkommensteuer ist vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen – Kapitalerträge aus den Anlagen bei der … in der Schweiz und der … in Österreich -, soweit die endgültigen Werte noch nicht vorliegen”.
Gegen diese Bescheide legten die Kläger jeweils Einspruch ein. Das FA wies die Kläger darauf hin, dass im Hinblick auf die vorläufig gestellten Punkte die Einkommensteuer aufgrund des Vorläufigkeitsvermerks weiter offen sei. Aus diesem Grunde seien die Einsprüche in diesem Punkt nicht nötig und sogar unzulässig. Dementsprechend nahmen die Kläger diese Einsprüche zurück.
Aufgrund einer Mitteilung über geänderte Beteiligungseinkünfte erließ das FA unter dem 9. August 2010 Änderungsbescheide für die Streitjahre, welche es auf § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO stützte. Unter „Art der Festsetzung” führte der Bescheid jeweils an: „Der Bescheid ist nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert. Er ist nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO vorläufig, soweit dies im Erläuterungsteil ausgeführt ist.” Dementsprechend befanden sich im Erläuterungsteil nur die Hinweise zum Vorläufigkeitskatalog des § 165 Abs.1 Satz 2 AO, welcher jeweils mit demjenigen der Bescheide vom 10. März 2010 übereinstimmte. Ein Vorläufigkeitsvermerk nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO oder ein Hinweis auf die Aufhebung desselben enthielten die Änderungsbescheide nicht. Das Computerprogramm des FA hatte vor der Freigabe der Änderungen einen Prüfhinweis ausgegeben, wonach die vorangegangene Festsetzung aus einem anderen Grund als der angeblichen Verfassungswidrigkeit steuerlicher Vorschriften vorläufig sei. Falls diese Vorläufigkeit beibehalten werden solle, sei der Grund im Bescheid zu erläutern und eine bestimmte Kennzahl einzugeben. Der zuständige Bearbeiter vermerkte im Jahr 2001 insoweit „keine weitere vorl.” und in den zeitgleich bearbeiteten Jahren 2002 und 2003 den Standardtext „wurde erledigt”, jeweils ohne die entsprechende Kennzahl einzugeben.
Einen nach endgültiger Ermittlung der Kapitalerträge gestellten Antrag auf Änderung der Bescheide zu Gunsten der Kläger vom 29. Februar 2012 lehnte das FA mit Ablehnungsbescheid vom 4. Juni 2012 ab. Die Bescheide seien in diesem Punkt nicht mehr vorläufig und könnten daher nicht geändert werden. Das dagegen angestrengte Einspruchsverfahren verlief erfolglos. In der Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 2012 führte das FA aus, es entspreche nach wie vor der Rechtsprechung des...