rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldverluste infolge Diebstahls keine Betriebsausgaben. Einkommensteuer 1992
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein durch einen Diebstahl entstandener Geldverlust als Betriebsausgabe abzugsfähig ist.
Die miteinander verheirateten Kläger werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger betrieb im Streitjahr eine Fleischerei und eine Gaststätte. Er ermittelt seinen Gewinn nach §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Der Kläger führt sowohl in der Fleischerei als auch in der Gaststätte eine Wechselgeldkasse. Seit Jahren entnimmt er das Geld aus diesen Kassen stets abends und legt es in eine verschließbare Geldkassette ein. Diese Geldkassette verwahrt er in dem im Obergeschoß des Hauses belegenen Schlafzimmer. Die Fleischerei und die Gaststätte befinden sich in den Erdgeschoßräumen. Den Schlüssel für die Geldkassette verwahrt er in einer unverschlossenen Nachttischschublade. Jeweils am nächsten Tag entnimmt er aus der Geldkassette das täglich benötigte Wechselgeld und legt es in die jeweilige Wechselgeldkasse der Fleischerei bzw. der Gaststätte ein.
Auf diese Weise haben sich in der im Schlafzimmer aufbewahrten Geldkassette im Laufe der Jahre größere Geldbeträge angesammelt. Ausweislich der bei den FG-Akten befindlichen Kassenberichte für das Streitjahr hat der Kläger in unregelmäßigen Abständen der Kasse Geldbeträge entnommen und diese auf Spar- bzw. Bankkonten eingezahlt. Wegen der genauen Entwicklung der Kassenbestände wird auf die bei der FG-Akte befindlichen Originalkassenberichte für das Streitjahr verwiesen.
Am 23.05.1992 erstattete die Klägerin bei der Kriminalpolizeiinspektion G. Strafanzeige wegen Diebstahls eines Geldbetrages i.H.v. 82.000,00 DM. Die Klägerin trug gegenüber der Polizei vor, daß sie am 22.05.1992 um 21.00 Uhr die Tageseinnahme in die Geldkassette gelegt habe. Bis zum 23.05.1992 20.00 Uhr sei kein Familienmitglied mehr an der Geldkassette gewesen. Als sie am 23.05.1992 um 20.00 Uhr den Schlafzimmerschrank aufgeschlossen habe, sei die Geldkassette bis auf 3 US-Dollar leer gewesen. Ein Familienmitglied bzw. ein Gast komme als Täter für die Straftat nicht in Frage. Zweifelsfrei müsse der Täter über die Örtlichkeit und die Gewohnheiten Kenntnis gehabt haben, da keine Einbruchsspuren vorhanden seien. Wegen des genauen Inhalts der Strafanzeige wird auf Bl. 1–4 der bei den Akten befindlichen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft beim Landgericht … verwiesen. Ein Täter konnte nicht ermittelt werden. Ein von der Klägerin zunächst geäußerter Tatverdacht gegenüber einem angestellten Lehrling erhärtete sich nicht.
Die Kläger machten beim beklagten Finanzamt (FA) erfolglos den Diebstahlsverlust als Betriebsausgabe bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb geltend. Im Einspruchsverfahren trugen die Kläger vor, daß sie ihre Kasse bereits seit Jahrzehnten auf diese Weise aufbewahrt und die hohen Kassenbestände auch in der Bilanz ausgewiesen hätten. Die Tatsache, daß die Kasse in die privaten Räume mitgenommen worden sei, stelle keine Entnahme dar, da es an einer ausdrücklichen Entnahmehandlung fehle. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Steuerpflichtiger sein Geld in der Kasse aufbewahre oder ob er es auf ein Bankkonto einzahle. Die jeweiligen Beweggründe dafür seien kein Kriterium dafür, ob ein Bestand als privat entnommen zu gelten habe oder nicht. Der Diebstahl habe sich nicht in der Privatsphäre des Klägers abgespielt, sondern lediglich in seinem privaten Raum, in dem er die betriebliche Kasse aufbewahrt habe. Es könne auch nicht darauf ankommen, ob ein geringerer Kassenbestand für die laufend anfallenden baren Betriebsausgaben ausreichend gewesen wäre. Es müsse dem Kläger überlassen bleiben, welche Kassenbestände er jeweils vorhalte, zumal er auch die steuerlichen Nachteile getragen habe, die sich durch die hohen Kassenbestände im Betriebsvermögen ergaben.
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Es ging davon aus, daß der Geldverlust nicht durch den Betrieb veranlaßt gewesen sei. Der Kläger habe einen laufenden Kassenbestand von ca. 80.000,00 DM nicht aus betrieblichen Gründen geführt. Derart hohe Bargeldbeträge seien weder in der Kasse seiner Fleischerei noch in der Kasse seiner Gastwirtschaft benötigt worden. Der Kläger habe das Bargeld vielmehr aus privaten und persönlichen Beweggründen – nämlich aufgrund seines Mißtrauens in das Sicherheitssystem von Banken und Sparkassen – nicht auf ein betriebliches Bankkonto eingezahlt, sondern im Schlafzimmerschrank versteckt, obwohl gerade dieser Aufbewahrungsort nach der Lebenserfahrung besonders unsicher sei. Der Diebstahl habe sich infolgedessen in der privaten Sphäre abgespielt, so daß der Geldverlust nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden könne. Dabei sei es unerheblich, daß der hohe Bargeldbestand in den Kassenberichten formell aufgeführt und in den Bilanzen als Kassenbestand ausgewiesen worden sei. Die täglichen ...