Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskosten zur Abwendung einer Namensänderung des ehelichen Kindes nach Scheidung keine außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG
Leitsatz (amtlich)
1. Bei dem Namensänderungsverfahren nach dem Namensänderungsgesetz (NÄG) handelt es sich um keinen Bestandteil der als Scheidungsfolgesache im Verbund durchzuführenden Sorgerechtsregelung. Mit diesem Verfahren in Zusammenhang stehende Prozesskosten sind deshalb auch keine unmittelbaren, unvermeidbaren und mithin zwangsläufigen Folgekosten eines Ehescheidungsprozesses und deshalb nicht nach § 33 Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig.
2. Steht es dem Steuerpflichtigen objektiv frei, ob er sich außergerichtlich mit der angestrebten Namensänderung seines ehelichen Kindes abfindet oder ob er hiergegen gerichtlich vorgehen will, begründet ein lediglich subjektiv empfundener Zwang zur Beschreitung des Prozessweges keine steuerlich anzuerkennende „Zwangsläufigkeit” i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1, 2 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob die Aufwendungen des Klägers in einem Verwaltungsprozeß zum Zwecke der Abwendung einer Namensänderung seiner ehelichen Tochter als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG zu berücksichtigen sind.
Die Ehe des Klägers wurde im Jahr 1980 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe ging die im Jahr 1973 geborene Tochter hervor. Die elterliche Gewalt wurde der Mutter übertragen. Im Februar 1981 heiratete die geschiedene Ehefrau des Klägers erneut. Im März 1981 beantragte die Tochter des Klägers auf Betreiben seiner geschiedenen Ehefrau, ihren Familiennamen in den neuen Ehenamen der Mutter zu ändern. Hiergegen wandte sich der Kläger in einem Verwaltungsrechtsstreit, der zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts führte. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht den Rechtsstreit zu erneuter Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen hatte, hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zwischenzeitlich die Klage zurückgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Kläger hat im Streitjahr 1987 für den Verwaltungsgerichtsprozeß Gerichts- und Anwaltkosten in Höhe von 5.794,61 DM aufgewandt. Der Kläger beantragte, diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung i.S.d. § 33 EStG zum Abzug zuzulassen. Das Finanzamt versagte die Anerkennung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen, da sie nicht „zwangsläufig” gewesen seien.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Der Kläger ist der Ansicht, er habe aus sittlichen Gründen den persönlichen Rachegefühlen seiner geschiedenen Ehefrau entspringenden Bestrebungen, seiner ehelichen Tochter einen anderen Namen zu verschaffen, entgegentreten müssen. In einer derartigen Situation könne sich kein Vater der Verpflichtung entziehen, alles zu unternehmen, damit sein Kind seinen Namen behält, den es schon zehn Jahre lang trage. Das Namensänderungsverfahren sei als „verlängertes Sorgerechtsverfahren” anzusehen, das in unmittelbarem Zusammenhang mit der Scheidung stehe. Die Aufwendungen seien deshalb zwangsläufig gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1987 vom 11.04.1988 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 14.12.1988 dahin zu ändern, daß weitere 5.794 DM als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner bisherigen Auffassung fest. Eine sittliche Verpflichtung des Klägers zur Bestreitung des Verwaltungsprozesses habe nicht vorgelegen. Es reiche nicht aus, daß sich der Kläger zur Führung des Prozesses verpflichtet gefühlt habe. Es sei vielmehr erforderlich, daß sich der Steuerpflichtige nach dem Urteil aller billig und gerecht denkenden Menschen zu den erbrachten Leistungen verpflichtet halten könne. Dabei reiche es nicht aus, daß die Leistung menschlich verständlich sei, vielmehr müsse die Sittenordnung das Handeln erfordern. Ein rechtlicher Zwang oder zumindest eine Verpflichtung, die einer Rechtpflicht gleichkomme, sei danach nicht erkennbar.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Beklagte hat zu Recht den Abzug der Aufwendungen für den Verwaltungsrechtsstreit als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG abgelehnt.
1. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwachsen. Zwangsläufig erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dieses trifft auf die von dem Kläger geltend gemachten Aufwendungen für das Namensänderungsverfahren nicht zu.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes spricht eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit von Zivil- und Verwaltungsprozeßkosten, weil in diesen Fällen der Steuerpflichtige das Prozeßkostenrisiko bewußt auf...