vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 50/05)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerfreie Umsätze eines Versicherungsvertreters i.S.d. § 4 Nr. 11 UStG
Leitsatz (redaktionell)
1. § 4 Nr. 11 UStG begünstigt nur die vom Berufsangehörigen (Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler) getätigten Umsätze, die für seinen Beruf charakteristisch, d. h. berufstypisch sind.
2. Für den Beruf des Versicherungsvertreters oder Versicherungsmaklers sind insoweit die handelsrechtlichen Begriffsbestimmungen maßgebend.
3. Ein Versicherungsvertreter erbringt nur dann einen Versicherungsumsatz, wenn bereits durch seine Leistung eine Vertragsbeziehung zwischen dem Erbringer der Versicherungsdienstleistung und dem Versicherten vorliegt. Ein sog. „Werbeagent” dessen Tätigkeit im Wesentlichen durch das bloße Anbahnen von Geschäftsbeziehungen bzw. die Zuführung von Interessenten sowie die reine Werbetätigkeit geprägt wird, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 11; HGB §§ 92-93
Streitjahr(e)
1993, 1994, 1995, 1996, 1997
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob in den Jahren 1993 bis 1997 erzielte Einnahmen eines Werbeagenten nach § 4 Nr. 11 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind.
Der Kläger ist seit 1984 für die X-KG (KG) als selbstständiger Werbeagent tätig. Die KG vermittelt ausschließlich Versicherungen an Unternehmer. Zu diesem Zweck vereinbarte sie Gesprächstermine mit potenziellen Kunden. Diese wurden vom Kläger aufsucht. In dem Gespräch war es Aufgabe des Klägers, durch Vorstellung des Unternehmens der KG ein Vertrauensverhältnis zu den Kunden aufzubauen. Der Kläger erhob außerdem im Rahmen einer sog. versicherungstechnischen Inventur Daten über den Versicherungsverlauf der Sozialversicherungen, private Lebensversicherungen, Pensionsvereinbarungen und Direktversicherungen. Im Verlauf der Datenaufnahme bezog der Kläger keine Stellung dazu, welche Versicherungen abzuschließen seien. Erst aufgrund der von dem Kläger an die KG weitergegebenen Daten erstellte diese ein Versicherungskonzept. Dieses wurde dem Kunden dann von einem Hauptagenten als Vertragsangebot unterbreitet. Der Hauptagent war befugt, mit den Kunden Versicherungsverträge abzuschließen, wofür er eine Abschlussprovision erhielt.
Der Kläger erhielt als Vergütung für die Aufnahme der versicherungstechnischen Inventur Provisionen, deren Höhe sich nach dem Umfang der Tätigkeit richtete (Anbahnung und/oder Aufnahme der versicherungstechnischen Inventur, Empfehlungen, die zu Versicherungsabschlüssen mit Dritten führen und Zusatzaufnahmen für Ehefrauen der aufgesuchten Personen).
Er reichte für die Jahre 1993 bis 1997 Umsatzsteuererklärungen ein, in denen er seine Provisionseinnahmen als umsatzsteuerfrei behandelte. Der Beklagte setzte demgegenüber für die Jahre 1993 bis 1997 Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 22.503,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 3.389,00 DM fest.
Den hiergegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte als unbegründet zurück. Nach Auffassung des Beklagten ist der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 11 UStG lediglich auf berufstypische Umsätze eines Versicherungsvertreters anzuwenden.
Die Tätigkeit eines Werbeagenten erfülle demgegenüber diese Voraussetzungen nicht. Die an den Kläger im Zusammenhang mit der versicherungstechnischen Inventur gezahlten Provisionen würden nämlich ausschließlich für untergeordnete und vorbereitende Tätigkeiten eines Versicherungsvertreters gezahlt. Als Beweisanzeichen für eine derartige Tätigkeit sei nur die Zahlung solcher Provisionen anzusehen, die für den Abschluss eines Vertrages erzielt und mithin gerade erfolgsabhängig seinen. Dass die an den Kläger gezahlten Provisionen nicht erfolgsorientiert seien, zeige sich insbesondere daran, dass nicht der Kläger als Werbeagent, sondern der sog. Hauptagent im Falle des Vertragsabschlusses eine Provision erhalte.
Darüber hinaus sei die Rechtsprechung des BFH zum sog. Strukturvertrieb, in der die Tätigkeit eines Generalvertreters bzw. eines Vertriebsleiters als umsatzsteuerfrei qualifiziert worden sei, nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Die Stellung eines Werbeagenten sei nicht mit derartigen Personen vergleichbar.
Schließlich seien dem Kläger die Vertragsabschlüsse nicht zuzurechnen, weil nicht er, sondern der jeweilige Hauptagent die entscheidende Voraussetzung für den Vertragsschluss gesetzt habe.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Der Kläger ist der Ansicht, dass seine als Werbeagent getätigten Leistungen die eines Versicherungsvertreters seien.
Nach den Urteilen des BFH zum sog. Strukturvertrieb seien neue wirtschaftliche Entwicklungen in der Versicherungsbranche zu berücksichtigen. Demnach seien die Umsätze sämtlicher Vertreter innerhalb einer mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen befassten Organisation als Leistungen aus einer Tätigkeit als Versicherungsvertreter einzustufen. Dies gelte unab...