vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Vorsteuerabzug für Waren zum Selbstverbrauch

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Stpfl., der bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezuges der streitigen Warenbestellungen beabsichtigt, diese ausschließlich und unmittelbar für unentgeltliche Entnahmen (Eigenkonsum) zu verwenden, ist zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt.
  2. Das gilt auch für den Bezug selbstverbrauchter Waren im Rahmen eines sog. Empfehlungsmarketings.
 

Normenkette

UStG § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

2005, 2006, 2007

 

Tatbestand

Streitig ist der Vorsteuerabzug für den Bezug selbstverbrauchter Waren im Rahmen eines Empfehlungsmarketings.

Die Klägerin (Eheleute als GbR) erzielt seit dem Jahr 2005 Einkünfte im Rahmen eines Empfehlungsmarketings der Firma L.

Die Firma L. ist ein im Jahre 1992 gegründetes US-amerikanisches Unternehmen, das Produkte aus den Bereichen Nahrungsergänzung und Pflege entwickelt, herstellt und vertreibt. Die Europaniederlassung des Unternehmens befindet sich in Großbritannien, L. vertreibt seine Produkte ausschließlich im sog. Empfehlungsmarketing, das sich grundlegend in der Struktur von anderen allgemein üblichen Direktmarketingsystemen unterscheidet. Der wesentliche Unterschied zu herkömmlichen Direktmarketingsystemen besteht dabei darin, dass die Ware nicht von den einzelnen Vertriebspersonen an Kunden veräußert wird, sondern die Ware direkt vom Hersteller (L.) an den „Partner”, der gleichzeitig Endverbraucher ist, veräußert wird.

Das System des Empfehlungsmarketings beruht darauf, dass die Empfänger der Waren diese selbst verbrauchen und durch ihre Empfehlung andere dazu animieren, selbst Waren unmittelbar und direkt vom Hersteller zum eigenen Verbrauch zu beziehen.

In den von der Klägerin überreichten Unterlagen wird der Begriff des Empfehlungsmarketings wie folgt erläutert:

„Im Empfehlungsmarketing konsumieren wir Produkte für unseren Eigenbedarf zur Verbesserung unserer Lebensqualität und sprechen Empfehlungen für das Konzept aus, weil wir davon überzeugt und begeistert sind.

Unser Unternehmen spart sich die hohen Kosten für den Handel, für Werbung etc. und investiert stattdessen in die besten Empfehler, die es sich nur wünschen kann, die eigenen Kunden.

Durch die Empfehlungen unserer Partner und deren Weiterempfehlung entstehen große Verbrauchernetze, aus deren Umsätzen der Hersteller die Provisionen monatlich an die Empfehlungsgeber auszahlt.

Ihre Leistung besteht darin, mit einer Empfehlung etwas anzustoßen, das dann zum Selbstläufer wird. Empfehlungsmarketing ist eine besonders angesehene Form des Networkmarketings. Im Gegensatz zum klassischen Direktmarketing (Verkäufernetz) wird im Empfehlungsmarketing (Konsumentennetz) nur zum Eigenverbrauch konsumiert und weiterempfohlen.

Durch den Eigenkonsum der Mitglieder entstehen Umsätze, aus denen der Hersteller einen Bonus an diejenigen bezahlt, der weiterempfohlen haben.”

Dementsprechend erhalten sämtliche Partner von L. - mithin auch die Klägerin – die Waren von L. ausschließlich zum eigenen Verbrauch oder zur unentgeltlichen Weitergabe. Es gibt keine Lagerhaltung und keinen Wareneinkauf für Dritte. Ein Weiterverkauf der Ware ist den Partnern nicht gestattet. Nach Ziffer 13 der Vertragsbestimmungen von L. sind nur Eigenbedarfsbestellungen zulässig, insbesondere nur dann, wenn versichert wird, dass 70 % der letzten Bestellung verbraucht sind.

Um überhaupt provisionsberechtigt zu sein, muss die Klägerin im Rahmen des von ihr erreichten „Bronzestatus” (Einsteigervergütung) monatlich Waren mit einem Wert von 100 Internationalen Punkten („100 IP”) beziehen (sog. Mindestbestellmenge, zu den Einzelheiten siehe den Auszug aus dem L. Konzept, der von der Klägerin als Anlage 3 zum Schriftsatz vom 13.05.2011 übersandt wurde).

Die Klägerin macht Vorsteuern aus den monatlichen Eigenbedarfsbestellungen einschließlich Proben/Testmuster und aus umfangreichen sonstigen Aufwendungen (insbesondere Reisekosten) in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit für die Fa. L. geltend.

Die Proben/Testmuster verwendete die Klägerin im Rahmen von Trainingstreffen (insbesondere Startertrainings), um neue Partner für die Geschäftsidee der Fa. L. und deren Produkte zu gewinnen. Dabei wurden die Proben/Testmuster unentgeltlich weitergegeben oder im Rahmen der Trainingstreffen verbraucht. Die Klägerin hat durch handschriftlichen Vermerk („50 % für Proben”) auf den monatlichen Abrechnungen jeweils die Ware besonders gekennzeichnet, welche von ihr nicht zum Eigenbedarf sondern als Probe/Testmuster bezogen und verwendet wurde (vgl. die mit Schriftsatz der Klägerin vom 13.05.2011 als Anlage 2 übersandt Abrechnung).

Der Beklagte hat die entsprechend gekennzeichneten Aufwendungen für Proben/Testmuster im Anschluss an die gerichtliche Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 01.06.2011 zum Vorsteuerabzug zugelassen. Gegenstand der gerichtlichen Erörterung waren daneben umfangreiche sonstige Aufwendungen der Kläger...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?