rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Raumkosten als Betriebsausgaben - Kreativraum eines Künstlers
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen für die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers.
- Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht dem Typus eines Arbeitszimmers entsprechen, sind auch nicht deshalb als solches anzusehen, weil sie ihrer Lage nach mit den Wohnräumen des Stpfl. verbunden und damit in dessen häusliche Sphäre eingebunden sind.
- Ist ein sog. Kreativraum eines Künstlers für ein Arbeitszimmer atypisch eingerichtet und dient er nicht vorwiegend der Arbeitsnutzung durch den Stpfl. selbst, so können die Kosten hierfür in voller Höhe abgezogen werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, 5 S. 1 Nr. 6b S. 1
Streitjahr(e)
2008
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für einen Kreativraum als Betriebsausgaben anzuerkennen sind.
Der Kläger ist als selbstständiger Musiker, Arrangeur und Produzent tätig. Er wurde u. a. mit dem Künstlernamen „…” bekannt. Zum Zwecke der Berufsausübung unterhält der Kläger in seinem ansonsten privat genutzten Einfamilienhaus in A ein volleingerichtetes Tonstudio (künftig Tonstudio), einen Büro- und einen Archivraum.
Daneben hat er seinem Betriebsvermögen einen Raum in einem ebenfalls ansonsten privat genutzten Gebäude in B zugeordnet (künftig Kreativraum). Die Grundfläche des Kreativraums macht mit 82,45 qm 42,2 % der Gesamtfläche des Erdgeschosses mit 195,21 qm aus. Der Raum befindet sich im Erdgeschoss des Gebäudes und nimmt annähernd den gesamten linken Flügel des Hauses ein. Er verfügt über drei Zugänge. Eine zweiflügelige Tür führt nach draußen, hierbei handelt es sich um einen Nebeneingang des Gebäudes. Eine weitere Tür führt in die Diele, in die man auch über den Haupteingang des Gebäudes gelangt. Eine Treppe führt vom Kreativraum ins Obergeschoss, an deren Ende befindet sich die dritte Tür. Bei einer Ortsbesichtigung … stellte der Beklagte fest, dass sich in dem Raum ca. 25 bis 30 Sitzgelegenheiten, überwiegend bequeme Sessel befinden, wobei eine Sitzgruppe zentral um den Kamin angeordnet ist und eine weitere einen Kreis in der rechten hinteren Ecke des Raumes bildet. Im vorderen Bereich stehen ein Sofa und verschiedene Stühle um einen Tisch herum. Ein mit schwarzem Leder bezogener Bürostuhl des Klägers befindet sich in der linken hinteren Ecke des Raumes hinter dem Keyboard und dem Laptop, die auf einem niedrigen Schreibtisch steht. Hinter dem Bürostuhl steht ein altes Klavier an der Wand.
Im Rahmen einer vorangegangenen Außenprüfung erläuterte der Kläger, für seine Arbeit brauche er grundsätzlich Ideen und Kreativität. Voraussetzung dafür sei absolute Ruhe, Atmosphäre und einen Platz, um auch mit Kollegen Konzepte zu entwickeln und Ideen festzuhalten. Diese Voraussetzungen lägen in seinem Tonstudio nicht vor. Das Tonstudio sei durch Technik und Musikinstrumente nahezu ausgefüllt. Dort könne er nur alleine arbeiten. Mit seinem Kreativstudio biete er seit vielen Jahren statt kalter Studioatmosphäre eine spezielle Umgebung (…) mit absoluter Ruhe, Platz und einem besonderen Ambiente an. Hier würden Konzepte mit Produzenten und Leuten aus Plattenfirmen entwickelt, es gebe gemeinsame Autorentätigkeiten mit Kollegen und der Kläger könne in Ruhe seine Arrangements und Produktionen vorbereiten. Um Ideen, Inspiration und den Kopf freizubekommen, benötige er eine besondere Umgebung und einen besonderen Platz. Im Kreativraum habe er zahlreiche Projekte durchgeführt. Hierfür brauche er nur Notenpapier, manchmal ein Klavier und einen Rekorder. Im Bedarfsfall hätten seine Kollegen ihre Instrumente bzw. Laptops selbst mitgebracht. Teure Technik und große Bandmaschinen seien hierfür nicht unbedingt von Nöten. Zudem stehe ihm ein Tonstudio zur Verfügung, in dem die Musik perfekt und in hoher Qualität aufgenommen werde. Der Kreativraum stelle für ihn auch eine wichtige Werbemaßnahme dar. Beim Vorhalten des Kreativraums gehe es ihm einzig und allein darum, einen Platz zu haben bzw. anbieten zu können, der seine Arbeit und den Projekten förderlich sei und ihm dadurch helfe, seine Einnahmen zu sichern.
In seiner Gewinnermittlung 2008 hatte der Kläger ebenfalls die auf den Kreativraum entfallenden Kosten als Betriebsausgaben angesetzt.
Der Beklagte erkannte diese Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben an und erhöhte den Gewinn daher um … €. Hiergegen legten der Kläger und seine Frau Einspruch ein. Der Kreativraum stelle notwendiges Betriebsvermögen dar, da er ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Klägers genutzt würde und dazu auch bestimmt sei. Bei dem Kreativraum handele es sich um einen abgeschlossenen Gebäudeteil, der durch einen extra Eingang frei zugänglich sei. Bereits beim Kauf des Gebäudes sei dokumentiert worden, dass eine Nutzung zu rein betrieblichen Zwecken vorgesehen sei. Besondere Einbauten seien nicht erforderlich gewesen, weil durch die abgelegene Lage keine Störfaktoren zu erwarten gewesen und auch nicht aufgetreten seien.
Mit ...