rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug von Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufwendungen eines Rettungsassistenten
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.
- Ein Rettungsassistent, der schwerpunktmäßig auf dem Rettungswagen tätig ist, hat keine regelmäßige Arbeitsstätte.
- Das gilt jedenfalls dann, wenn er auf dem Rettungswagen nicht nur die eigentliche Tätigkeit eines Rettungsassistenten ausgeübt hat (Erstversorgung von Unfall- und Notfallopfern; Betreuung der Opfer während der Fahrt ins Krankenhaus), sondern auch alle weiteren damit zusammenhängenden wesentlichen Tätigkeiten, während auf der Rettungswache keine Verwaltungsarbeiten erledigt wurden.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 5, 1 S. 3 Nr. 4
Streitjahr(e)
2011
Tatbestand
Streitig ist der Werbungskostenabzug von Fahrtkosten und von Verpflegungsmehraufwendungen.
Der Kläger ist Rettungssanitäter und seit dem 1. März 2009 beim V Hilfsdienst e.V. tätig. Seit dem 1. Juli 2011 ist er als Rettungsassistent beim V Hilfsdienst e.V. eingestellt. Im Streitjahr 2011 hat der Kläger folgende Dienste als Rettungsassistent geleistet:
73 Dienste mit mindestens 24 Stunden Anwesenheit auf der Rettungswache L,
2 Dienste mit mindestens 15 Stunden Anwesenheit auf der Rettungswache L,
6 Dienste mit mindestens 8 Stunden Anwesenheit auf der Rettungswache L,
7 Dienste mit mindestens 16 Stunden Anwesenheit auf der Rettungswache M und
8 Dienste mit mindestens 24 Stunden Anwesenheit auf der Rettungswache O.
Die Entfernungskilometer von der Wohnung des Klägers bis zu den Rettungswachen betragen nach L 71 km, nach M 70 km und nach O 81 km. Im Dienstvertrag wie auch in drei weiteren Nachträgen zum Dienstvertrag vom 26. Februar 2009 ist keine feste Arbeitsstätte vereinbart worden. Im Dienstvertrag vom 26. Februar 2009 (§ 1 Abs. 1 Satz 2 und 3) ist zum Ort der Dienstleistung Folgendes vereinbart worden:
„…Die Dienstleistung erfolgt beim V Hilfsdienst e.V., Bezirk X. Innerhalb des Bezirkes kann die Beschäftigung an verschiedenen Orten erfolgen.”
Der V Hilfsdienst e.V. unterhält in L eine Rettungswache für den Kreis Y und unterhält Nebenstellen in O und M, die aber von der funktionalen Struktur her (ein Rettungswagen, ein Aufenthaltsraum etc.) vergleichbar sind.
In seiner Einkommensteuererklärung macht der Kläger Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geltend. Daraufhin erließ der Beklagte am 16. August 2012 einen Einkommensteuerbescheid für 2011. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein. Zur Begründung verwies er u.a. auf die Entscheidung des BFH vom 19. Januar 2012 (VI R 36/11, BStBl II 2012, 503). Im Einspruchsverfahren machte er nunmehr Fahrtkosten nach den Grundsätzen bei Auswärtstätigkeit und mit einer km-Pauschale von 0,35 EUR in Höhe von 5.103 EUR (zum Einsatzort L), 509 EUR (zum Einsatzort M) und 392 EUR (zum Einsatzort O) geltend. Des Weiteren machte er Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 1.812 EUR (bzgl. L), 84 EUR (bzgl. M) und 192 EUR (bzgl. O) geltend.
Der Beklagte erließ im Einspruchsverfahren einen Änderungsbescheid am 14. Mai 2013. Es handelte sich dabei um eine Teilabhilfe wegen anderer hier nicht streitigen Punkte. Der Beklagte erließ des Weiteren am 30. August 2013 einen Teil-Einspruchsbescheid. Darin wurde nicht u.a. wegen Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen mit einem Kilometersatz von 0,35 EUR statt 0,30 EUR entschieden, da insoweit ein Verfahren beim BVerfG anhängig war (Az. 2 BvR 1008/11). Ansonsten wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Gegen den Einspruchsbescheid erhob der Kläger Klage.
Der Kläger trägt vor, es seien noch in Höhe von 3.776,20 EUR Fahrtkosten wie auch Verpflegungsmehraufwendungen zu berücksichtigen. Im Einzelnen begehrt er die Berücksichtigung von folgenden Aufwendungen:
- 81 Fahrten zur Rettungswache in L. Statt bisher anerkannter 0,30 EUR je Entfernungskilometer beantragt der Kläger den Ansatz von Dienstreisekosten mit einem Kilometersatz von 0,35 EUR für jeden gefahrenen Kilometer (71 km Entfernung). Er machte insoweit Mehrkosten in Höhe von 2.300,40 EUR geltend.
- 7 Dienstreisen nach M. Statt der anerkannten Fahrtkosten von 294 EUR, beantragte der Kläger eine Berücksichtigung von 343 EUR, so dass weiter Kosten in Höhe von 49 EUR geltend gemacht wurden.
- 8 Dienstreisen nach O über 81 km Entfernung. Hier beantragte der Kläger eine Berücksichtigung von 453,60 EUR abzüglich bisher berücksichtigter 388,80 EUR, so dass er 64,80 EUR zusätzlich geltend machte.
- Des Weiteren macht er weitere Verpflegungsmehraufwendungen anlässlich von Dienstreisen in Höhe von insgesamt 1.362 EUR geltend, welche von L aus angetreten wurden: 6 Tage mit Abwesenheit von mehr als 8 Std. x 6 EUR = 36 EUR, 2 Tage mit Abwesenheit von mehr als 14 Std. x 12 EUR = 24 EUR und 73 Tage mit Abwesenheit von mehr als 24 Std. x 24 EUR = 1.752 EUR. Berücksichtigt wurden bisher nur 450 EUR.
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung dieser Beträge für Fahrtkosten und Verpflegungsmehraufw...