Entscheidungsstichwort (Thema)
Fünftel-Regelung für Honorarnachzahlung eines Freiberuflers (Nachzahlung der kassenärztlichen Vereinigung)
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei den Einkünften aus selbstständiger Arbeit kommt eine begünstigte Besteuerung nach § 34 EStG nur in Ausnahmefällen in Betracht. Denn bei einem Freiberufler ist es nicht ungewöhnlich, dass er für eine mehrjährige Tätigkeit entlohnt wird.
2. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG setzt voraus, dass die zusammengeballte Entlohnung eine entsprechende Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt. Daran fehlt es regelmäßig, wenn ein Freiberufler ein berufsübliches Honorar für eine mehrjährige Tätigkeit erhält.
3. Hat die kassenärztliche Vereinigung einem freiberuflich tätigen Psychotherapeuten rechtswidrig - in den Jahren 1993 bis 1998 – erzielte Einnahmen für erbrachte Leistungen vorenthalten und diese erst in einem nachfolgenden Jahr in einer Summe ausgezahlt, so ist auf den Nachzahlungsbetrag die Vorschrift des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG anwendbar.
Normenkette
EStG § 34 Abs. 2 Nr. 4
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Honorarnachzahlungen, die der Kläger im Streitjahr 2001 für seine selbstständige Tätigkeit in den Vorjahren 1993 bis 1998 erhalten hat, nach § 34 EStG als außerordentliche Einkünfte zu besteuern sind.
Die Kläger sind im Streitjahr 2001 zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten. Der Kläger ist Diplom-Psychologe und war im Streitjahr wie auch in den Vorjahren - zumindest seit dem Jahre 1993 - als Psychotherapeut selbstständig tätig. Er betreibt diese Tätigkeit im Rahmen einer Einzelpraxis, wobei der weitaus überwiegende Teil seiner Patienten Kassenpatienten sind. Der Kläger erhielt im Streitjahr und in den Vorjahren durchschnittlich mehr als 90 v.H. seiner Einnahmen aus Kassenabrechnungen mit der kassenärztlichen Vereinigung. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Im Streitjahr erhielt der Kläger von der kassenärztlichen Vereinigung aus den Quartalsabrechnungen des Streitjahrs Einnahmen von knapp 150.000 DM. Daneben erhielt er im Streitjahr eine Honorarnachzahlung für seine in den Vorjahren 1993 bis 1998 (Quartale I/93 - IV/98) geleistete Tätigkeit in Höhe von 228.258 DM. Dieser Nachzahlung ging eine rechtliche Auseinandersetzung des Klägers, sowie einer Vielzahl seiner Berufskollegen, mit der kassenärztlichen Vereinigung voraus. Diese hatte nämlich ab dem Jahre 1993 den sog. Punktwert für die vom Kläger erbrachten Leistungen gesenkt. Aufgrund eines Urteils des Bundessozialgerichts aus dem Jahre 1999 sah sich der Kläger in der Lage, gegen die Absenkung des Punktwerts vorgehen zu können, was er auch tat. Im Streitjahr kam es dann aufgrund einer Entscheidung des Landessozialgerichts in Celle vom 26. September 2001, nach der die Absenkung des Punktwerts unrechtmäßig war, zu der Nachzahlung. Der Kläger erfasste die Nachzahlung als laufende Einnahme in seiner Gewinnermittlung für das Streitjahr.
In ihrer Einkommensteuererklärung gaben die Kläger den Gewinn des Klägers lt. Gewinnermittlung an, beantragten aber für den Nachzahlungsbetrag eine begünstigte Besteuerung. Der Beklagte lehnte eine Steuerbegünstigung nach § 34 EStG ab.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Die Kläger sind der Auffassung, die Honorarnachzahlungen seien als außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 EStG anzusehen. Es handele sich nämlich um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten i.S.d. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG. Zwar sehe die Richtlinie (R) 200 Einkommensteuerrichtlinien (EStR) bei Gewinneinkünften den Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG auf Fälle beschränkt, in denen die Vergütung für eine Sondertätigkeit gezahlt werde, die von der übrigen Tätigkeit eines Steuerpflichtigen abgrenzbar sei. Für eine derartige Auslegung des Gesetzes gebe es jedoch keine Grundlage. Man müsse vielmehr darauf abstellen, ob wegen der für eine mehrjährige Tätigkeit gezahlten Vergütung eine Zusammenballung eingetreten sei, die eine begünstigte Besteuerung rechtfertige. Dies treffe im Streitfall zu. Der Kläger habe in allen Vorjahren Gewinne um die 140.000 DM/Jahr erzielt. Nur durch die Nachzahlung im Streitjahr sei dort ein Gewinn von 350.000 DM entstanden. Bei voller Steuerbelastung falle damit eine Steuer von nahezu 50 v.H. auf den Nachzahlungsbetrag an. Der Kläger habe sich der Zusammenballung auch nicht entziehen können, da er vor der Zahlung durch die kassenärztliche Vereinigung keine Einnahmen in seiner Gewinnermittlung habe erfassen können und dürfen.
Die Kläger beantragen,
wie erkannt zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner Auffassung fest und beruft sich insoweit auf R 200 EStR. Der Kläger habe die Nachzahlung weder für eine abgrenzbare Sondertätigkeit noch für eine sich über mehrere Jahre erstreckende Sache, der er sich ausschließlich gewidmet habe, erhalten. Dies wäre aber Voraussetzung für ...