5.1.1 Zivilrechtliche Grundlagen
Rz. 136
Beim Unternehmensnießbrauch i. e. S. führt der Nießbraucher das Unternehmen im eigenen Namen, jedoch ist er in seinen Entscheidungen nicht vollkommen frei. Durch die Normen des BGB sind dem unternehmerischen Entscheidungsspielraum Grenzen gesetzt:
- Die bisherige wirtschaftliche Bestimmung des Unternehmens ist aufrechtzuerhalten (§ 1036 BGB);
- der Betrieb darf nicht umgestaltet oder wesentlich verändert werden (§ 1037 Abs. 1 BGB);
- öffentliche und private Verpflichtungen (wie z. B. laufende Steuerzahlungen oder Fremdkapitalzinsen) sind vom Nießbraucher zu tragen (§§ 1041, 1047, 1088 BGB);
- die Unternehmenssubstanz ist zu erhalten (§§ 1041, 1048 BGB).
Rz. 137
Aus § 1048 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass das Eigentum an den Vermögensgegenständen des Anlagevermögens grundsätzlich beim Nießbrauchbesteller verbleibt; der Nießbraucher kann jedoch "über die einzelnen Stücke des Inventars innerhalb der Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft verfügen". Diese Regelung bedingt allerdings auch den Erhalt der Unternehmenssubstanz: Der Nießbraucher ist verpflichtet, durch den Verschleiß des Anlagevermögens notwendig gewordene Ersatzbeschaffungen gem. § 1041 BGB vorzunehmen, die dann mittels des Rechtsinstituts der "Einverleibung" in das Eigentum des Nießbrauchbestellers übergehen; diese Verpflichtung schlägt sich in der Bilanz des Nutzungsberechtigten durch die Bildung einer Rückstellung nieder, die den Verschleiß des Anlagevermögens unter Beachtung von Wiederbeschaffungskosten berücksichtigt. Freiwillig oder zusätzlich angeschaffte Vermögensgegenstände verbleiben im Eigentum des Nießbrauchers. Der Nießbrauchbesteller aktiviert im Zuge der Bestandserhaltungsverpflichtung des Nießbrauchers eine Forderung; die ersatzbeschafften Wirtschaftsgüter sind als eigenes Anlagevermögen in der Bilanz des Nießbrauchbestellers auszuweisen und im Jahr der Anschaffung mit der Forderung zu verrechnen.
Rz. 138
Gegenstände des Umlaufvermögens gehören dagegen zu den verbrauchbaren Sachen i. S. d. § 1067 BGB; sie stehen im Eigentum des Nießbrauchers. Der Nießbraucher hat jedoch nach Beendigung des Nutzungsrechts dem Nießbrauchbesteller den gemeinen Wert des Umlaufvermögens, wie es zu Beginn des Nießbrauchs bestand, zu ersetzen.
Rz. 139
Die genannten Vorschriften zur zivilrechtlichen Gestaltung des Unternehmensnießbrauchs zählen zum dispositiven Recht, Eigentümer und Nutzungsberechtigter können folglich abweichende Regelungen treffen.
5.1.2 Steuerliche Behandlung
Rz. 140
Die Qualifikation der Einkünfte des Nießbrauchers richtet sich nach der Art des Unternehmens. Denkbar wären Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbstständiger Arbeit, wobei bei freiberuflicher Tätigkeit der Nießbraucher selbst tätig werden muss, während er im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bzw. Gewerbebetrieb auch einen Angestellten mit der Unternehmensleitung betrauen kann. In jedem Fall ist der Nießbraucher Unternehmer.
Damit ist er nach § 22 Abs. 2 HGB auch anstelle des Eigentümers ins Handelsregister einzutragen.
Rz. 141
Für die Beurteilung der Stellung des Nießbrauchüberlassers ist angesichts der BFH-Rechtsprechung, die eine Gleichbehandlung von dinglichen und obligatorischen Nutzungsrechten vorsieht, eine analoge Anwendung der Grundsätze zur Betriebsverpachtung zweckmäßig.
Rz. 142
Ertragsteuerlich ergibt sich damit für den Nießbrauchbesteller ein Wahlrecht. Er kann sich für die Fortführung des Betriebsvermögens als Gewerbebetrieb entscheiden und erzielt damit weiterhin – ebenso wie der Verpächter – Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die allerdings nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Die Rückerstattungsverpflichtung für Gegenstände des Umlaufvermögens erfordert die Passivierung einer Rückstellung in der Bilanz des Nießbrauchers; spiegelbildlich dazu erfolgt die Aktivierung einer Rückgabeforderung beim Nießbrauchbesteller. Im Zeitpunkt der Nießbrauchbestellung orientiert sich die Bewertung der Rückerstattungsverpflichtung am betragsmäßigen Ansatz der betreffenden Gegenstände des Umlaufvermögens; in der Folgezeit muss ein solcher Zusammenhang jedoch nicht gegeben sein. Sind die zurückzugebenden Gegenstände nicht mehr vorhanden, ist die Wertersatzverpflichtung des Nießbrauchers mit den Wiederbeschaffungskosten anzusetzen.
Rz. 143
Da die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens weiterhin im Eigentum des Nießbrauchbestellers verbleiben, sind sie auch in dessen Bilanz auszuweisen; analog dazu sind die betrieblichen Verbindlichkeiten zu behandeln. Die vom Nießbraucher im Rahmen seiner Substanzerhaltungsverpflichtung neu angeschafften Anlagegüter aktiviert der Nutzungsüberlasser in seiner Bilanz; ihm stehen auch die Abschreibungen a...