Leitsatz
1. Überlässt der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine eigene Garage, in der ein Dienstwagen untergestellt wird, stellt das vom Arbeitgeber gezahlte Nutzungsentgelt regelmäßig keinen Arbeitslohn dar.
2. Stellt der Arbeitnehmer den Dienstwagen in einer von ihm angemieteten Garage unter, handelt es sich bei der vom Arbeitgeber erstatteten Garagenmiete um steuerfreien Auslagenersatz.
3. Wird in diesen Fällen die private Nutzung des Dienstwagens nach der 1%-Regelung erfasst, so ist kein geldwerter Vorteil für die Überlassung der Garage an den Arbeitnehmer anzusetzen.
Normenkette
§ 3 Nr. 50 EStG , § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG , § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG , § 21 Abs. 1, Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Die Außendienst-Mitarbeiter der Klägerin waren verpflichtet, die Dienstwagen über Nacht in Garagen abzustellen, da sich in den Wagen Werkzeuge und Waren von erheblichem Wert befanden. Die Klägerin erstattete die Garagenmieten nach Vorlage von Mietverträgen. Bei arbeitnehmereigenen Garagen erstattete die Klägerin Aufwendungen bis zu einer Höhe von 60 DM auf der Grundlage einer Kostenkalkulation.
Die Klägerin wandte die 1%-Methode nach Abschnitt 31 Abs. 7 Satz 3 Nr. 4 LStR 1993 und – ab 1996 – die 1%-Regelung nach § 8 Abs. 2 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG an. Im Gegensatz zur Klägerin erfasste das FA die Zahlungen der Klägerin für den Garagenaufwand als Arbeitslohn. Die Klage hatte nur teilweise Erfolg.
Entscheidung
Der BFH hob den Nachforderungsbescheid des FA auf und gab der Klägerin in vollem Umfang Recht. Die Entgelte der Klägerin für die Garagen stellten keinen Arbeitslohn dar. Dies gelte sowohl für die vor 1996 geltende Verwaltungsregelung als auch für die gesetzliche Regelung ab 1996.
Hinweis
1. In vielen Fällen stellen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern nicht nur einen Dienstwagen zur Verfügung; sie legen zudem häufig Wert darauf, dass der Dienstwagen in einer Garage untergestellt wird. Hierfür leisten die Arbeitgeber häufig Zahlungen. Zahlreiche Finanzämter hatten diese Zahlungen als Arbeitslohn behandelt und Lohnsteuer nachgefordert. Dieser Verfahrensweise hat der BFH nunmehr eine Absage erteilt.
2. Der VI. Senat hat sich trotz der mannigfaltigen Fallgestaltungen um eine möglichst einfache und einheitliche Lösung bemüht. Ausgangspunkt der Besprechungsentscheidung ist, dass der nach der 1%-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) ermittelte geldwerte Vorteil der privaten Kfz-Nutzung auch die (zusätzliche) Überlassung einer Garage (zur Unterbringung des Dienstwagens) abgeltend erfasst. Dies ist nicht anders als bei einer Ermittlung des geldwerten Vorteils mittels der "Escape-Klausel" nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG (Ermittlung der tatsächlichen Kfz-Kosten und Führung eines Fahrtenbuches). Beide Vorschriften haben hinsichtlich des Umfangs der erfassten Kosten einen gleichartigen Regelungsinhalt.
3. Eine weitere Kernaussage der Entscheidung besteht darin, dass zwischen dem Ertrag der Arbeit (Arbeitslohn) und Raumnutzungsentgelten (Mieteinnahmen) zu unterscheiden ist. Insoweit führt der VI. Senat seine jüngere Rechtsprechung zur Eingrenzung des Arbeitslohnbegriffs fort (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 19.10.2001, VI R 131/00, BFH-PR 2002, 56); er stellt strikt darauf ab, ob der Arbeitgeber Entgelte und geldwerte Vorteile für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers leistet.
4. In der Besprechungsentscheidung – wie in vielen anderen Parallelfällen – wurden die Zahlungen für die Bereitstellung der Garagen (zur Unterbringung der Dienstwagen) geleistet. Die Zahlungen beruhten auf anderen Rechtsbeziehungen. Soweit demnach ortsübliche Entgelte für die Garage des Arbeitnehmers seitens des Arbeitgebers gezahlt werden, sind diese Zahlungen – ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach – den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (mietähnliche Nutzungsüberlassung) zuzuordnen.
5. Soweit die Arbeitnehmer die Dienstwagen in fremden Garagen untergebracht hatten, erblickte der BFH in den entsprechenden Erstattungen an die Arbeitnehmer steuerfreien Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50 2. Alt. EStG).
6. Zusammenfassung: Leistet der Arbeitgeber an den Arbeitnehmer übliche Zahlungen, damit die Dienstwagen in arbeitnehmereigenen oder fremden Garagen untergebracht werden, so liegt keine Arbeits-, sondern eine Nutzungsvergütung bzw. steuerfreier Auslagenersatz vor; Lohnsteuer fällt nicht an.
7. Wie bei der ESt des Arbeitnehmers bei Unterbringung des Kfz in einer eigenen Garage im Einzelnen zu verfahren ist, brauchte nicht entschieden zu werden. Offen ist z.B., wie viele der auf die Garage entfallenden Kosten bei den Vermietungseinkünften des Arbeitnehmers abziehbar sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.6.2002, VI R 145/99