Leitsatz
Aus dem Widerruf eines Darlehensverhältnisses resultierte nach Einigung auf dem Zivilprozessweg ein gezahlter Nutzungsersatz. Streitig ist nun, ob der gezahlte Nutzungsersatz als Kapitalertrag zu werten ist oder nicht.
Sachverhalt
Streitig ist die Besteuerung der von einer Bank gezahlten Nutzungsentschädigung nach einem Darlehenswiderruf. Die Klägerin hat ein bei der A-Bank aufgenommenes Darlehen aufgrund unzulässiger Widerrufsbelehrung widerrufen. Im Anschluss forderte die Klägerin einen Nutzungsersatz in Höhe von 37.047,95 EUR. In dem im Nachgang an den Widerruf geführten Zivilstreit einigten sich die A Bank und die Klägerin auf einen Nutzungsersatz in Höhe von 12.403,26 EUR. Dieser Betrag wurde unter Einbehalt von Kapitalertragsteuer an die Klägerin ausgezahlt. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung machte die Klägerin geltend, dass der Steuereinbehalt der A Bank unrechtmäßig war und der Nutzungsersatz nicht unter den besonderen Steuertarif falle. Diese Auffassung lehnte der Beklagte sowohl beim Erlass des Einkommensteuerbescheids als auch beim Erlass der Einspruchsentscheidung ab. Er verwies hierbei auf 2 BMF-Schreiben, BMF, Schreiben v. 18.1.2016, IV C 1 – S 2252/08/10004 :017 und der Ergänzung BMF, Schreiben v. 12.4.2018, IV C 1 - S 2252/08/10004 :021, in denen ein erhaltener Nutzungsersatz als sonstige Kapitaleinkünfte zu werten sind. Darüber hinaus habe das FG Köln, Urteil v. 14.8.2019, 14 K 719/19, ausgeführt, dass der Teil der Nutzungsentschädigung steuerbar sei, welcher als Wertersatz für Nutzungen zu qualifizieren sei. Aus der Vergleichsschrift sei nicht ersichtlich, inwieweit es sich bei der Entschädigungszahlung um einen wirtschaftlichen Ausgleich handele. Erforderliche Unterlagen legte die Klägerin nicht vor. Gegen die Einspruchsentscheidung erhob die Klägerin zulässig Klage. In Ihrer Klageschrift führte sie aus, dass durch die Rückabwicklung des Darlehens lediglich die von der Klägerin an die A Bank gezahlten Leistungen und deren Nutzungen hieraus zurückerstattet wurden, welche keinen Ertrag darstellen, da nach Widerruf des Darlehensverhältnisses § 812 ff. BGB gelte.
Entscheidung
Die Klage ist lediglich in dem Rahmen begründet, als der Vergleichsbetrag Rückzahlungscharakter hat (laut Berechnung 103 EUR). Soweit mit dem Vergleichsbetrag Nutzungsvorteile beglichen wurden, stellt dieser Betrag Einkünfte aus Kapitalvermögen dar. Nach Ansicht der Richter und der ständigen Rechtsprechung ist ein nach Widerruf geleisteter Nutzungsersatz als steuerpflichtige Einnahme zu qualifizieren. Unerheblich sei auch die Auffassung der Klägerin, bei Abschluss des Darlehensvertrags nicht die Absicht gehabt zu haben, das Darlehensverhältnis zu widerrufen und aus dem Rückgewähranspruch Erträge zu erzielen. Nach Ansicht der Richter hat jedoch eine Aufteilung des Vergleichsbetrags in einen Nutzungsersatz und einen nicht steuerbaren (Rück-) Erstattungsbetrags zu erfolgen. Der Betrag könne im Zuge der Schätzung ermittelt werden. Grundlage waren die gegenseitigen Forderungen aus der Zivilklage. Hiernach ergab sich zwischen den Forderungen der A Bank und der der Klägerin eine Differenz in Höhe von 103 EUR, welche nach Auffassung der Richter nicht steuerbar sei. Nach Ansicht der Richter ist der nach Abzug des nicht steuerbaren Anteils verbleibende Betrag gem. § 32 d Abs. 1 EStG dem besonderen Steuertarif zu unterwerfen. Die Ausnahmetatbestände gelten hier nicht.
Hinweis
Gegen die Steuerbarkeit des Nutzungsersatzes sind derzeit mehrere Verfahren beim BFH anhängig. In einem vergleichbaren Fall ist es daher ratsam, die Bescheide unter Nennung der Verfahren, Az beim BFH VIII R 30/19 und Az beim BFH VIII R 7/21 offen zu halten.
Link zur Entscheidung
FG Köln, Urteil v. 19.01.2022, 5 K 1371/20