OFD Karlsruhe, Verfügung v. 13.8.2019, S 7410 - Karte 6
Der Verursacher unvermeidbarer Beeinträchtigungen in Natur und Landschaft ist verpflichtet, diese durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen oder zu ersetzen (§§ 13 und 15 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz; BNatSchG).
Verpflichtet sich ein Land- und Forstwirt zur Durchführung von ökologischen Ausgleichsmaßnahmen, werden die Flächen des Betriebs mit Naturschutzauflagen belastet. Die vertragliche Verpflichtung zur Duldung der nutzungseinschränkenden Ausgleichsmaßnahme ist auch dann eine entgeltliche Leistung, wenn die Zahlung als Entschädigung bezeichnet wird oder durch eine juristische Person der öffentlichen Rechts (z.B. durch eine Kommune) erfolgt (BFH-Urteil vom 28.5.2013, XI R 32/11, BStBl 2014 II S. 411).
1. Duldungsleistung
Die Duldung der Nutzungseinschränkungen ist eine sonstige Leistung, die vom Leistungsempfänger nicht zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt wird. Der Leistungsempfänger bezieht die sonstige Leistung nicht dazu, sie selbst zu landwirtschaftlichen Zwecken zu nutzen, sondern um die mit einer Maßnahme (z.B. Bebauung von Grundstücksflächen) verbundenen Eingriffe in den Naturraum entsprechend den gesetzlichen Vorgaben auszugleichen.
Der Umsatz ist weder nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG als Vermietung noch nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG als Einräumung einer Grunddienstbarkeit steuerfrei (BFH-Urteil vom 8.11.2012, V R 15/12, BStBl 2013 II S. 455). Wesentlicher Inhalt der sonstigen Leistung ist die dauerhafte Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit und keine Gebrauchsüberlassung. Die Einräumung der Grunddienstbarkeit ist auch nicht steuerfrei, weil sie nicht der dinglichen Absicherung eines auf die Vermietung oder Verpachtung gerichteten Nutzungsrechts dient.
Der Umsatz kann nicht in die Durchschnittssatzbesteuerung einbezogen werden und unterliegt daher der Regelbesteuerung mit dem allgemeinen Steuersatz des § 12 Abs. 1 UStG von 19 %.
2. Pflege der Ausgleichsmaßnahme
Für die Pflege der Ausgleichsflächen ist grundsätzlich der Eingriffsverursacher nach § 15 Abs. 4 BNatSchG verantwortlich. Die Pflege kann jedoch vertraglich auf den Land- und Forstwirt übertragen werden.
Hat der Land- und Forstwirt neben der Duldungsleistung auch die Pflege und Erhaltung der durchgeführten Ausgleichsmaßnahme übernommen (z.B. jährliches Mähen einer Streuobstwiese, Obstbaum- und Heckenschnitt), sind diese Pflegearbeiten i.d.R. unselbständige Nebenleistungen und unterliegen wie die Duldungsleistung der Regelbesteuerung.
Hat die Pflegeleistung ein besonderes wirtschaftliches Gewicht, z.B. weil sie besonders aufwändig ist, kann eine selbständige Hauptleistung vorliegen. Diese kann jedoch ebenfalls nicht in die Durchschnittssatzbesteuerung einbezogen werden, da der Empfänger der Leistung sie nicht zu land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken bezieht, sondern um einen Eingriff in die Natur oder Landschaft zu kompensieren. Das gilt auch dann, wenn der Land- und Forstwirt aus den Pflegeleistungen Gegenstände gewinnt (z.B. Gras oder Heu) die er für eigene unternehmerische Zwecke nutzt. Die vertragliche Gegenleistung für die Pflegeleistung wird nicht für die gezogenen (Eigen-)Nutzungen geleistet, sondern deswegen, weil eine Kompensation des Eingriffs nur solange möglich ist, als der Eingriffsverursacher seinem Pflegeauftrag nachkommt (vgl. auch BFH-Urteil vom 8.2.2018, V R 55/16, BFH/NV 2018 S. 905).
3. Anlage der Ausgleichsmaßnahme
Übernimmt der Land- und Forstwirt auch die durchzuführende Ausgleichsmaßnahme und pflanzt er dazu selbst erzeugte oder zugekaufte Pflanzen an, liegen eigenständige Hauptleistungen vor. Die Umsätze werden unabhängig von der Duldungsleistung erbracht.
Die Lieferung der Pflanzen und das Einpflanzen ist keine einheitliche Leistung. Der Auftraggeber (Eingriffsverursacher) ist verpflichtet, die für die Durchführung der Ausgleichsmaßnahme verwendeten Pflanzen genau zu bestimmen. Es handelt sich somit um zwei getrennte Umsätze (BFH-Urteil vom 9.10.2002, V R 5/02, BStBl 2004 II S. 470).
Bei der Lieferung von selbst erzeugten Pflanzen sind die Durchschnittssätze des § 24 UStG anzuwenden. Die Lieferung von zugekauften Pflanzen im Rahmen der Regelbesteuerung unterliegt dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V. mit der Anlage 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG. Das Herstellen der Ausgleichsmaßnahme durch das Einpflanzen ist keine landwirtschaftliche Dienstleistung und unterliegt somit nicht der Durchschnittssatzbesteuerung. Sie wird ebenfalls beim Leistungsempfänger nicht für land- und forstwirtschaftliche Zwecke verwendet. Sie ist unterliegt somit dem allgemeinen Steuersatz des § 12 Abs. 1 UStG.
4. Ökokonto und Verkauf von Ökopunkten
Mit einem Ökokonto wird die Kompensation von Eingriffen in die Natur und Landschaft zeitlich und räumlich flexibilisiert. Die Regelungen zum naturschutzrechtlichen Ökokonto enthält in Baden-Württemberg die Ökokonto-Verordnung vom 19.12.2010, GBl 2010, 1089 (ÖKVO).
Das Ökokonto ist ...