Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Darlegungs- und Beweislast für eine Verbrauchereigenschaft bei einem wahrheitswidrigen Auftreten einer natürlichen Person als Gewerbetreibender
Leitsatz (amtlich)
1. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, tatsächlich als Verbraucher gehandelt zu haben, trägt derjenige, der sich auf die für ihn günstigen Rechtsfolgen einer Verbraucherstellung beruft. Bei einem Vertragsschluss mit einer natürlichen Person ist, wenn keine entgegenstehenden Umstände ersichtlich sind, im Zweifel davon auszugehen, dass diese als Verbraucher handelte.
2. Wer bei Geschäftsabschluss wahrheitswidrig als Gewerbetreibender auftritt und dadurch einen gewerblichen Geschäftszweck vortäuscht, kann sich nicht auf den Schutz der Verbraucherschutzvorschriften berufen.
3. Auf ein vertraglich vereinbartes Widerrufsrecht finden die für gesetzliche Widerrufsrechte geltenden Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung keine Anwendung. Der Lauf der vereinbarten Widerrufsfrist bei einem Nicht-Verbrauchergeschäft setzt nicht den Erhalt der Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB voraus.
4. Der Gerichtsstand der negativen Feststellungsklage bestimmt sich regelmäßig danach, wo die gegenläufige Leistungsklage zu erheben wäre.
Normenkette
BGB §§ 13, 495
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 2 O 412/20) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 25.03.2021, Az.: 2 O 412/20, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30.06.2021 gegeben.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrags zur Finanzierung eines Gebrauchtfahrzeugs.
Der Kläger mit Wohnsitz in Bremen und die in Mönchengladbach ansässige Beklagte schlossen unter dem Datum des 05.12.2017 vermittelt über einen Gebrauchtfahrzeughändler, die A., einen Darlehensvertrag über einen Nennbetrag von EUR 29.529,91 mit einem nominalen Festzins von 3,92 % p.a. zur Finanzierung eines bei dem Händler zu erwerbenden Gebrauchtfahrzeugs Typ B., wobei hier ein Betrag von EUR 22.599,- auf das Fahrzeug entfiel, ein weiterer Betrag i.H.v. EUR 3.185,62 auf mitkreditierte Beitritte zu Gruppenversicherungsverträgen der Beklagten als Versicherungsnehmerin in Bezug auf die Versicherung des Darlehensbetrags und von Wertverlust sowie Reparaturen bezüglich des erworbenen Fahrzeugs. Der Kläger wurde in dem Darlehensvertrag als Selbständiger angegeben und es wurde weiter angegeben, dass das Darlehen für eine bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige Tätigkeit des Klägers bestimmt sein sollte.
Der Darlehensvertrag enthält eine Widerrufsinformation, in der es zum Widerrufsrecht u.a. heißt: "Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat." Mit Schreiben vom 20.11.2019 erklärte der Kläger, den Darlehensvertrag zu widerrufen. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 08.01.2020 forderten die späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte fruchtlos zur Bestätigung des Widerrufs auf.
Der Kläger begehrt die Feststellung, aus dem Darlehensvertrag vom 05.12.2017 aufgrund des erklärten Widerrufs weder die Zahlung von Zinsen noch die Erbringung von Tilgungsleistungen zu schulden. Der Kläger meint, zum Widerruf des Darlehensvertrags vom 05.12.2017 berechtigt gewesen zu sein. Der Vertrag sei als Verbraucherdarlehensvertrag anzusehen, da der Kläger als Verbraucher gehandelt habe. Hierzu behauptet der Kläger, dass das streitgegenständliche Fahrzeug dem Privatvermögen des Klägers zugeordnet sei. Im Übrigen könne dahinstehen, ob das Darlehen zur gewerblichen Tätigkeit des Klägers zugeordnet werden könne, da der Kläger sich dennoch auf die verbraucherschützenden Rechte nach den §§ 491 bis 512 BGB berufen könne, da der Darlehensbetrag EUR 75.000,- nicht übersteige.
Der Kläger meint weiter, sein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrags vom 05.12.2017 sei am 20.11.2019 noch nicht erloschen gewesen, da es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung gefehlt habe. Auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 EGBGB a.F. könne sich die Beklagte nicht berufen, da die Gestaltungshinweise zu diesem Muster nicht ordnungsgemäß umgesetzt seien. Der Gesetzlichkeitsfiktion stehe insbesondere entgegen, dass die Beklagte den Darlehensnehmer hinsichtlich der Folgen des Widerrufs in Bezug auf verbundene Geschäfte auch im Hinblick auf vorliegend tatsächlich nicht vom Kläger abgeschlossene Geschäfte belehrt habe. Mit der in der Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag verwendeten Kaskadenverweisung in Form der Bezugnahme auf den Erhalt der "Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB" werde der Verbraucher nicht klar und prägnant über ...