Entscheidungsstichwort (Thema)
Gründung einer Unternehmergesellschaft; Errichtung einer sogenannten Einheitsgesellschaft
Leitsatz (amtlich)
Eine Unternehmergesellschaft kann nicht von einer Kommanditgesellschaft als Alleingesellschafterin gegründet werden, die ihrerseits erst zeitgleich mit der Unternehmergesellschaft als einziger Komplementärin gegründet wird.
Normenkette
GmbHG § 5a; HGB § 161
Verfahrensgang
AG Hildesheim (Beschluss vom 02.09.2022; Aktenzeichen 11 AR 590/22) |
Tenor
1. Die Beschwerde der betroffenen (Vor-) Gesellschaft gegen den ihre auf Eintragung in das Handelsregister gerichtete notarielle Anmeldung vom 16. August 2022 zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts - Registergerichts - Hildesheim vom 2. September 2022 wird zurückgewiesen.
2. Die betroffene (Vor-) Gesellschaft hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf EUR 30.000,- festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Mit notarieller Anmeldung vom 16. August 2022 (Bl. 15 ff. d.A.) meldeten deren designierte Geschäftsführer die am selben Tag mit einem Stammkapital von EUR 2.000,- als Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) vermeintlich gegründete Beschwerdeführerin zur Eintragung in das Handelsregister an.
Ausweislich des der Anmeldung beigefügten Gründungsprotokolls nebst Satzung (Bl. 23 ff., 29 ff. d.A.) soll die - ebenfalls erst am 16. August 2022 vermeintlich gegründete - S. UG & Co. KG (im Folgenden: S. KG) alleinige Gesellschafterin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft sein. Die alleinige Komplementärin der S. KG wiederum soll die betroffene (Vor-) Gesellschaft sein, so dass insgesamt eine Einheitsgesellschaft zur Entstehung gebracht werden soll.
Im Gründungsprotokoll der betroffenen (Vor-) Gesellschaft (Bl. 23 ff. d.A.) heißt es dementsprechend auszugsweise wörtlich:
Vor mir, dem unterzeichneten Notar (...), erschienen heute:
1) Die S. UG und Co. KG (...), die heute gegründet wird und die in dem Handelsregister A (...) angemeldet wird,
- nachfolgend Gesellschafterin genannt -
vertreten durch ihre Komplementärin:
2) die W. UG (haftungsbeschränkt) (...), die heute gegründet wird und die in dem Handelsregister B (...) angemeldet wird,
- nachfolgend Komplementärin der Gesellschafterin genannt -
vertreten durch ihre Geschäftsführer (...).
Auf Ansuchen der Erschienenen beurkunde ich ihren Erklärungen gemäß, was folgt:
I. Errichtung der Gesellschaft
Die Gründerin errichtet hiermit eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach § 2 GmbHG mit dem Namen W. UG (haftungsbeschränkt) (...). (...)
Das Registergericht hat die Anmeldung unter Aufhebung einer am 22. August 2022 zunächst ergangenen Zwischenverfügung (Bl. 2 f. d.A.) mit Beschluss vom 2. September 2022 (Bl. 8 d.A.) zurückgewiesen. Die Gesellschaft sei nicht wirksam gegründet worden, weil die gründende Alleingesellschafterin ohne wirksam gegründete persönlich haftende Gesellschafterin noch nicht existiere. Es liege daher ein nicht behebbares Eintragungshindernis vor.
Dagegen wendet sich die betroffene (Vor-) Gesellschaft mit ihrer form- und fristgerecht erhobenen Beschwerde vom 15. September 2022 (Bl. 10 f. d.A.). Sie meint, die Gleichzeitigkeit ihrer eigenen Gründung und der Gründung der sie gründenden KG sei unschädlich; die Auffassung des Registergerichts erweise sich als reine Förmelei. Zudem habe eine unterstellte Unwirksamkeit ihrer eigenen Gründung (also der Gründung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft selbst) zur Folge, dass dann ihre Gründerin, die S. KG, zunächst in der Rechtsform einer OHG entstanden sei. Zumindest diese sei dann als Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft anzusehen, so dass diese wirksam gegründet worden und in das Handelsregister einzutragen sei.
Das Registergericht hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 20. September 2022 (Bl. 14 d.A.) nicht abgeholfen.
II. Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet.
1.) Das Registergericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Gründung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft mangels Existenz der Gründerin unwirksam war.
Die Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft, die S. KG, existierte zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die betroffene (Vor-) Gesellschaft vermeintlich gegründet hat, noch nicht, weil es ihr an einer existenten Komplementärin fehlte. Diese Komplementärin sollte gerade erst die betroffene (Vor-) Gesellschaft werden.
In dieser Betrachtungsweise liegt entgegen der Auffassung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft keine bloße Förmelei. Sie ist vielmehr Ausdruck zwingender Logik. Die betroffene (Vor-) Gesellschaft kann nicht vor ihrer eigenen Gründung als Komplementärin und Vertreterin ihrer eigenen Gründerin auftreten; eine mangels Komplementärin noch nicht existente KG aber kann ihrerseits keine andere Gesellschaft gründen. Dementsprechend ist in der Literatur auch anerkannt, dass die (im Streitfall erstrebte) Entstehung einer Einheitsgesellschaft auf zwei Wegen erfolgen kann (vgl. Hermanns, in: Beck'sches Notarhandbuch, 7. Aufl. 2019, § 20...