Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatz von Steuerberaterkosten wg. Prüfung fehlerhaften Einkommenssteuervorauszahlungsbescheids
Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 20.12.2011; Aktenzeichen 18 O 70/11) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 20.12.2011 verkündete Urteil des LG Hannover unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 60.450,33 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 67.148,84 EUR seit dem 12.2.2011 abzgl. am 15.2.2011 beglichener 6.698,51 EUR zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen der Kläger zu 76 % und das beklagte Land zu 24 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert: 250.705,39 EUR.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Schadensersatz i.H.v. 250.705,39 EUR für Steuerberaterkosten, die er für den Einspruch gegen einen später aufgehobenen Vorauszahlungsbescheid aufgewendet hat.
Am 1.9.2008 teilten die Steuerberater des Klägers dem Finanzamt des beklagten Landes auf Anfrage Veräußerungserlöse aus Aktien vom 1.2.2008 i.H.v. 139.100.490 EUR mit. Das Finanzamt erließ daraufhin am 20.10.2008 einen Vorauszahlungsbescheid für 2009 über insgesamt 30.772.489 EUR. Die für den Kläger tätige Steuerberatergesellschaft E. ... verfasste daraufhin am 4.11.2008 den Entwurf eines Einspruchsschreibens (Bl. 246 ff. d.A.) und legte am 21.11.2008 fristwahrend Einspruch zunächst ohne Begründung ein. Am 12.1.2008 begründete die P. ... Steuerberatungsgesellschaft ... den Einspruch und wies darauf hin, dass sie diese Angelegenheit bearbeiten würde. Auf den Einspruch, in dem der Steuerberater mitteilte, dass für das Jahr 2009 keine weiteren Aktienverkäufe geplant seien, änderte das Finanzamt den Vorauszahlungsbescheid am 13.3.2009 auf Null Euro. Für die Tätigkeit im Einspruchsverfahren gegen den Vorauszahlungsbescheid für 2009 rechnete die P. ... Steuerberatungsgesellschaft gegenüber dem Kläger am 12.10.2009 gem. § 40 Abs. 1 StBGebV eine 13/10-Gebühr i.H.v. 122.259,80 EUR zzgl. Umsatzsteuer ab (Bl. 27 d.A.). Mit weiterer Rechnung vom 1.3.2011 rechnete sie zusätzlich eine Erledigungsgebühr nach § 40 Abs. 8 StBGebV i.H.v. 94.046 EUR zzgl. Umsatzsteuer ab (Bl. 30 d.A.). Das beklagte Land zahlte - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - eine 1/10-Gebühr i.H.v. 6.698,51 EUR an den Kläger.
Der Kläger ist der Auffassung, der Vorauszahlungsbescheid vom 20.10.2008 sei rechtwidrig, weil das Finanzamt ihn unter Verstoß gegen die Festsetzungsvorschriften des § 37 Abs. 3 EStG erlassen habe sowie unter Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 88 AO und des rechtlichen Gehörs des Klägers nach § 91 AO. Der Kläger habe sich unter Beauftragung seines Steuerberaters mit dem Rechtsmittel des Einspruchs gegen den Bescheid wehren dürfen. Ein Mitverschulden sei ihm nicht anzulasten, weil ein Herabsetzungsantrag nicht erfolgversprechend gewesen sei. Umfang und Bedeutung der Angelegenheit seien überdurchschnittlich, daher sei die Abrechnung einer 13/10-Gebühr jedenfalls angemessen. Es sei auch eine Erledigungsgebühr nach § 40 Abs. 8 StBGebV entstanden. Über die Begründung des Einspruchs hinaus habe der Steuerberater mehrere Gespräche mit Beamten des Finanzamtes geführt.
Wegen des weiteren Sachverhalts nimmt der Senat gem. § 540 ZPO Bezug auf das angefochtene Urteil. Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es könne dahin gestellt bleiben, ob die Festsetzung der Vorauszahlungen für 2009 auf der Verletzung von Amtspflichten beruhe. Eine Ersatzpflicht aus Amtshaftung scheide nach § 839 Abs. 3 BGB schon deshalb aus, weil der Kläger bzw. seine Steuerberater es fahrlässig unterlassen haben, rechtzeitig einen Anpassungsantrag zu stellen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Vorauszahlungsbescheides sei für das Finanzamt nicht ersichtlich gewesen, dass im Jahr 2009 keine Aktienverkäufe mehr haben stattfinden sollen. Aus der Mitteilung des Steuerberaters vom 26.11.2008 folge vielmehr, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch im Besitz erheblicher Anteile gewesen sei. Nachdem er nach Erlass des Vorauszahlungsbescheides für 2009 die restlichen Aktien noch im Jahre 2008 verkauft habe, habe ein Fall vorgelegen, in dem typischer- und üblicherweise eine Anpassung der Vorauszahlung vorzunehmen sei. Der Anpassungsantrag sei zweckmäßigerweise vom Steuerpflichtigen zu stellen, der die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben machen könne.
Gegen das Urteil wendet sich der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens. Er rügt die Entscheidung des LG als überraschend. Im Termin zur mündlichen Verhandlung seien andere Punkte erörtert worden als im ...