Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Abtretung aller entstandenen und künftig entstehenden Forderungen aus einer Geschäftstätigkeit im Hinblick auf eine ausreichend wirtschaftliche Bewegungsfreiheit

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1, § 242; InsO § 51 Nr. 1, § 97 Abs. 1 S. 1, § 130 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 143 Abs. 1 S. 1, § 170 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Hildesheim (Urteil vom 31.08.2010; Aktenzeichen 6 O 65/10)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 31. August 2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hildesheim wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 73.397,85 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin verlangt aufgrund einer Globalabtretung zwischen ihr und der Infrastrukturbau GmbH (im Folgenden Schuldnerin) vom 23. Februar 2007 von dem Beklagten, der durch Beschluss des Amtsgerichts Hildesheim vom 1. Juni 2009 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt wurde, die Befriedigung als im Insolvenzverfahren absonderungsberechtigte Gläubigerin.

Im Februar 2007 stand die Schuldnerin unter vorläufiger Insolvenzverwaltung. Durch Vertrag vom 26. Februar 2007 trat die Schuldnerin alle entstandenen und künftig entstehenden Forderungen aus ihrer Geschäftstätigkeit mit Zustimmung des Beklagten als vorläufigen Insolvenzverwalters an die Klägerin ab zur Sicherung der Ansprüche aus beider bankmäßiger Verbindung. In Nr. 5.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zu diesem Vertrag heißt es:

„Forderungen, die dem verlängerten Eigentumsvorbehalt eines Lieferanten des Zedenten unterliegen, sind mit dem Zeitpunkt an die Sparkasse abgetreten, in dem sie nicht mehr durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt erfasst werden. (…) Der Zedent tritt hiermit seine gegen den Lieferanten gerichteten Ansprüche auf Rückübertragung (Freigabe) der Forderungen an die Sparkasse ab.”

Am 1. Juni 2009 eröffnete das Amtsgericht Hildesheim das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Beklagten zu deren Insolvenzverwalter. Dieser zog an die Klägerin abgetretene Forderungen der Schuldnerin gegen deren Schuldner ein.

Die Klägerin hat wegen eines Teils der eingezogenen Beträge Zahlung in Höhe von 73.397,08 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. November 2009 verlangt Der Beklagte hat Abweisung der Klage erstrebt.

Er hat gemeint, die Abtretungsvereinbarung verstoße gegen die guten Sitten. Nr. 5 der AGB der Klägerin sei zu deren Lasten unklar, weiß man sie so verstehen könne, dass die Klägerin an Lieferanten der Schuldnerin abgetretene Förderungen bereits erwerbe, Wenn zwischen Lieferanten und Schuldnerin der Sicherungszweck entfallen sei, und nicht erst, wenn die Lieferanten sie an die Schuldnerin rückübertragen hätten. Außerdem sei die Abtretung insolvenzrechtlich anfechtbar, weil die eingezogenen Forderungen erst drei Monate vordem Antrag auf Insolvenzeröffnung werthaltig geworden seien; denn die Werthaltigkeit habe von der Erteilung von Rechnungen an die Schuldner der Schuldnerin abgehangen.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe der Senat zur näheren Sachdarstellung verweist, wendet der Beklagte sich mit seiner Berufung, mit welcher er sein Ziel weiter verfolgt. Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Parteivorbringens verweist der Senat auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von 73.397,85 EUR, § 170 Abs. 1 Satz 2 InsO.

1.

Dieser Anspruch ist entstanden.

a)

Der Beklagte hat als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Infrastrukturbau GmbH Forderungen der Schuldnerin gegen Dritte verwertet, an denen die Klägerin absonderungsberechtigt war (§ 51 Nr. 1 InsO), indem er sie eingezogen hat Die Schuldnerin hat diese Forderungen am 26. Februar 2007, als der Beklagte ihr vorläufiger Insolvenzverwalter war, mit dessen Zustimmung an die Klägerin abgetreten.

b)

Diese Abtretung ist nicht wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).

Indem die Klägerin und die Schuldnerin zu Nr. 5.2 Satz 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarten, dass Forderungen der Schuldnerin, die diese an ihre Warenlieferanten abgetreten hatte oder künftig abtrat, „mit dem Zeitpunkt an die (Klägerin) abgetreten (seien), in dem sie nicht mehr durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt erfasst werden”, haben sie der Schuldnerin ausreichend wi...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge