Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsprechung, wonach es regelmäßig wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam ist, wenn sich der alleinige Gesellschafter einer GmbH seinen Pflichten als Geschäftsführer durch Beendigung seiner Tätigkeit entzieht, ohne einen neuen Geschäftsführer zu bestellen (vgl. OLG München NJW-RR 2011, 773), lässt sich nicht ohne weiteres auf den Fall übertragen, in welchem der Gesellschafter bei seiner Abberufung als Geschäftsführer in der Gesellschafterversammlung von seinem Betreuer vertreten wird.
Verfahrensgang
LG Görlitz (Beschluss vom 04.11.2014; Aktenzeichen 1 O 13/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG Görlitz, 1. Zivilkammer, vom 4.11.2014 (1 O 13/14) aufgehoben.
In Wiederherstellung des Beschlusses des LG Görlitz vom 30.9.2014 wird das Verfahren gem. § 246 Abs. 1 ZPO wegen Verlustes der Prozessfähigkeit der Beklagten ausgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Beschwerdewert wird auf bis zu 13.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, eine Sparkasse, nimmt die Beklagte, eine GmbH, auf Zahlung des Schuldsaldos von 47.870,64 EUR aus dem gekündigten Vertrag der Parteien über die Einrichtung eines Geschäftsgirokontos vom 21.12.2010 (Anl. K 3) in Anspruch. Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Klägerin habe zu Unrecht eine Überweisung im Umfang 52.145 EUR zu Lasten des Girokontos ausgeführt. Im Ergebnis stehe ihr aus der aufgelösten Kontoverbindung noch ein Guthaben von 6.828,16 EUR gegen die Klägerin zu, das sie im Wege der Widerklage geltend macht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anspruchsbegründung vom 30.12.2013 und die Widerklageschrift vom 26.3.2014 Bezug genommen.
Nachdem das LG Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und auf den 7.10.2014 verlegt hatte, beantragte die Beklagte mit dem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 27.9.2014 die Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 246 Abs. 1 ZPO. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der bisherige Geschäftsführer der Beklagten, der Alleingesellschafter H, sei durch die Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 26.9.2014, deren Protokoll sie als Anl. B 6 vorlegte, als Geschäftsführer abberufen worden. Ein neuer Geschäftsführer sei nicht bestellt worden, so dass die Beklagte nunmehr prozessunfähig sei. Die Abberufung des Geschäftsführers H sei wegen seines aktuellen Gesundheitszustandes erfolgt. Das AG XYX - Betreuungsgericht - habe wegen des Gesundheitszustandes von Herrn H mit Beschluss vom 5.5.2014, der in Auszügen als Anl. B 8 vorgelegt wird, für diesen die Betreuung u.a. in den Bereichen "Vermögenssorge mit Ausnahme Regelung eigener Ansprüche gegen den Betroffenen" und "Vertretung gegenüber Behörden und Gerichten" angeordnet und Herrn J. zum (ehrenamtlichen) Betreuer bestellt. Der Betreuer habe die Gesellschafterversammlung einberufen und Herrn H als Geschäftsführer abberufen, nachdem ihn der zuständige Betreuungsrichter deutlich darauf hingewiesen habe, dass dieser aufgrund seines gesundheitlichen Zustandes das Geschäftsführeramt nicht mehr ausüben könne.
Das LG setzte mit Beschluss vom 30.9.2014 das Verfahren gem. § 246 Abs. 1 ZPO aus und hob den Verhandlungstermin vom 7.10.2014 auf. Gegen diesen Beschluss, der ihr am 2.10.2014 zugestellt wurde, legte die Klägerin am 16.10.2014 sofortige Beschwerde ein. Sie machte geltend, die Abberufung des Geschäftsführers H sei unwirksam, weil der Beschluss vom 26.9.2014 rechtsmissbräuchlich ergangen sei. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass sich der alleinige Gesellschafter einer GmbH rechtsmissbräuchlich verhalte, wenn er sich als einzigen Geschäftsführer abberufe, ohne zugleich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Im vorliegenden Fall sei zwar die Gesellschafterversammlung vom Betreuer des Alleingesellschafters durchgeführt worden. Dieser Fall könne aber nicht anders behandelt werden. Die Zielrichtung der Abberufung des Geschäftsführers ohne gleichzeitige Neubestellung einer anderen Person könne nur der Stillstand des vorliegenden Rechtsstreits gewesen sein. Dies werde insbesondere dadurch deutlich, dass sie unmittelbar vor dem Verhandlungstermin vom 7.10.2014 erfolgt sei. Zum Gesundheitszustand von Herrn H erkläre sich die Klägerin mit Nichtwissen.
Mit Beschluss vom 4.11.2014 hob das LG den Beschluss vom 30.9.2014 auf und lehnte den Aussetzungsantrag der Beklagten ab. Zur Begründung führte es aus, die Abberufung des Geschäftsführers der Beklagten im Beschluss vom 26.9.2014 sei als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Gegen diesen Beschluss, welcher ihr am 7.11.2014 zugestellt wurde, wendet sich die Beklagte mit der sofortigen Beschwerde vom 20.11.2014. Sie trägt vor, das LG habe im Abhilfeverfahren der Beklagten kein rechtliches Gehör gewährt. Im Übrigen sei das Verfahren gem. § 246 Abs. 1 ZPO auszusetzen, weil die Prozessfähigkeit der Beklagten entfallen sei. Im vorliegend zu beurteilenden Verfahren sei die Abberufung des Geschäftsführers nicht rechtsmissbräuchlich sondern Folge des entsprechenden Hinweises des Betreuungsri...