Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehung von Gerichtskosten als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung i.S.v. § 302 Nr. 1 Insolvenzordnung (InsO)
Normenkette
AO § 370; BGB §§ 393, 823, 826; InsO § 184 Abs. 2, § 302
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgericht Dresden vom 18.03.2010 – Az.: 9 O 2815/08 – abgeändert und festgestellt, dass die unter der lfd. Nr. 1 der Insolvenztabelle (Az.: 556 IK 568/07 AG …) durch den Beklagten angemeldete Forderung aus Gerichtskosten in Höhe von insgesamt 63.753,47 EUR (aus KSB 630981532300 über 507,45 EUR und KSB 638070806802 über 63.246,02 EUR) nicht aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung resultiert.
II. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen trägt der Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags erbringt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger, über dessen Vermögen am 30.04.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, begehrt die Feststellung, dass die vom Beklagten zur Tabelle angemeldeten Gerichtskostenforderungen über insgesamt 63.753,47 EUR nicht aus einer unerlaubten Handlung herrühren und daher von der Restschuldbefreiung nicht ausgenommen sind. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die streitgegenständlichen Gerichtskosten stammten aus einem Strafverfahren, in welchem der Kläger wegen einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung verurteilt worden ist. Die hierdurch entstandenen Kosten stünden in einem unmittelbaren Zusammenhang zu der unerlaubten Handlung, so dass sie die Voraussetzungen von § 302 Ziff. 1 InsO ausfüllten. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, die er mit seiner bereits in der ersten Instanz geäußerten gegenteiligen Ansicht begründet.
Er beantragt,
das Urteil des Landgerichts Dresden vom 18.03.2010 – Az.: 9 O 2815/08 – aufzuheben und festzustellen, dass die unter lfd. Nr. 1 der Insolvenztabelle durch den Beklagten angemeldete Forderung aus Gerichtskosten in Höhe von 63.753,47 EUR nicht aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung resultiert.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vom 07.07.2010 verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Berufung ist begründet, weil das Landgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen hat. Die auf die begehrte Feststellung gerichtete Klage ist zulässig und begründet.
1.
Unabhängig davon, ob der beim – freilich unzuständigen – Amtsgericht Dresden am 29.09.2008 eingegangene Prozesskostenhilfeantrag die Klagefrist nach § 184 Abs. 2 InsO gewahrt hätte, ist die Klage zulässig, weil diese Klagefrist vorliegend nicht gilt. Nach § 184 Abs. 2 InsO hat der Schuldner binnen einer Frist von einem Monat seinen, gegen die Forderung, für die ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt, aus dessen Entscheidungsgründen sich – gegebenenfalls im Wege der Auslegung – der Anspruchsgrund einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung zweifelsfrei ergibt, erhobenen Widerspruch zu verfolgen. Vorliegend hatte der Schuldner der festgestellten Forderung nur beschränkt auf die Feststellung widersprochen, dass diese aus unerlaubter Handlung herrühre. Hierzu verhalten sich die Kostenfestsetzungsbeschlüsse indessen nicht.
Der Kläger kann seinen auf den Forderungsgrund beschränkten Widerspruch auch im Wege der negativen Feststellungsklage verfolgen (BGH NJW 2009, 1280 [BGH 18.12.2008 – IX ZR 124/08]).
2.
Die demnach zulässige Feststellungsklage ist auch begründet, weil die zur Tabelle angemeldeten Gerichtskosten nicht aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung im Sinne von § 302 Nr. 1 InsO resultieren und daher von der Restschuldbefreiung nicht ausgenommen sind.
a)
Nach § 302 Nr. 1 InsO sind solche Forderungen von der Restschuldbefreiung ausgenommen, die darauf beruhen, dass der Schuldner den Tatbestand einer unerlaubten Handlung im Sinne von §§ 823 ff. BGB vorsätzlich begangen hat (vgl. nur Kübler/Prütting/Bork-Pape/Schalke, InsO, § 184 Rz. 47). Das trifft auf die hier entstandenen Gerichtskosten nicht zu. Durc...