Leitsatz (amtlich)

Beschließt die Hauptversammlung einer vormals als AG betriebenen, im Register gelöschten, Privatbank bestandskräftig (hier: erfolglose Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage) die Feststellung und Genehmigung der Schlussrechnung und die Entlastung der Abwickler, so kommt eine Nachtragsliquidation wegen bereits vor Löschung der Gesellschaft im Hinblick auf ihr Bestehen bzw. die Erfolgsaussicht ihrer Durchsetzung von fachkundiger Seite rechtlich begutachteter und sondergeprüfter Ansprüche (hier: aus einem Einbringungs- und Übertragungsvertrag, namentlich wegen angeblich unwirksam erbrachter und daher fortbestehender Einlagepflicht, gegen eine andere Bank) nicht in Betracht, solange kein Anhalt dafür besteht, dass der Schluss der Abwicklung zu Unrecht angemeldet worden ist und dies den Anmeldern bewusst war.

 

Normenkette

AktG § 273 Abs. 1, 4 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Aktenzeichen HRB 39185)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss des AG wird geändert. Der Antrag der Beteiligten zu 1 bis 6, den Beteiligten zu 8 zum Nachtragsliquidator zu bestellen, wird abgelehnt.

Geschäftswert: 1.000.000 EUR

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 bis 6 sind ehemalige Aktionäre und Mitglieder der Gründerfamilie der inzwischen nach Abwicklung gelöschten F. Bank (im Folgenden durchgehend als Beteiligte zu 7 bezeichnet), einer vormals in Düsseldorf ansässigen, in der Rechtsform einer - nicht börsennotierten - Aktiengesellschaft betriebenen Bank.

Die Beteiligten zu 1 bis 6 setzen sich mit Unterstützung des durch den angefochtenen Beschluss vom Registergericht zum Nachtragsliquidator bestellten Beteiligten zu 8 mit der von den früheren Abwicklern vertretenen Beteiligten zu 7 registergerichtlich darüber auseinander, ob die Voraussetzungen für eine Nachtragsliquidation vorliegen.

Ab Herbst 2001 verhandelte die Beteiligte zu 7 mit der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG (HVB) über den Erwerb der Westfalenbank AG Bochum (WB). In diesem Zusammenhang kam es unter dem 25.1.2002 zu einem "memorandum of understanding" zwischen VICTORIA/ERGO, der HVB und der Beteiligten zu 7.

Am 8.2.2002 schloss die Beteiligte zu 7 mit der HVB nach tags zuvor erfolgter Zustimmung des Vorstands einen Einbringungs- und Übertragungsvertrag, wonach die HVB sich verpflichtete, die Westfalenbank-Aktien nebst allen dazu gehörigen Rechten, insbesondere dem Gewinnbezugsrecht für das Geschäftsjahr 2002, zum Stichtag 15.3.2002 im Wege der Sacheinlage im Rahmen der von der Hauptversammlung der Bank noch zu beschließenden Kapitalerhöhung in die Beteiligte zu 7 einzubringen. Diese sollte als Gegenleistung an die HVB 8.259.768 neue Aktien aus der Kapitalerhöhung ausgeben und 122.710.000 EUR "Barkomponente" erbringen.

Im Rahmen der Barkapitalerhöhung zeichnete der Beteiligte zu 2 insgesamt 4.517.003 Stück neue Aktien zu einem Gesamtausgabebetrag von 18.986.276,25 EUR, wozu ihm die HVB ein Darlehen i.H.v. 18,8 Mio Euro gewährte.

Spätestens 2003 geriet die Beteiligte zu 7 in eine existenzielle Krise. Im Mai 2004 erstellte sie darauf ein Konzept zur "stillen Liquidation". Am 24.5.2004 kaufte die HVB die WB für 115 Mio Euro zurück.

Am 15.7.2004 beschloss die Hauptversammlung mit sofortiger Wirkung die Auflösung und Abwicklung der Beteiligten zu 7.

Mit Beschluss vom 6.12.2004 ordnete das Registergericht auf Antrag einiger Aktionäre eine Sonderprüfung zu den Kapitalerhöhungen (auch von 2002), zu der Angemessenheit des Kaufpreises von 115 Mio Euro für den Rückerwerb und zu eventuellen Sorgfaltspflichtverletzungen des Vorstands und des Aufsichtsrats in 2003 an.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft erstellte unter dem 28.3.2006 einen fast 200 Seiten umfassenden Prüfbericht. In der Hauptversammlung vom 28.1.2005 berichteten die Abwickler über den Stand der Abwicklung und auch zu den Kapitalerhöhungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der WB. Zu der Frage, ob die Kapitalmaßnahmen im Einklang mit dem Gesetz durchgeführt worden sind, ließen die Abwickler den Sachverhalt ermitteln und ein Rechtsgutachten des Richters am BGH a. D. Prof. H. vom 23.10.2005 erstellen. Am 28.11.2005 fand sodann eine Informationsveranstaltung für die Aktionäre statt, in dem der Abwickler über den Stand der Abwicklung berichtete und den Inhalt des Gutachtens bekannt gab. Auf dieser Basis nahm der Gutachter Prof. H. am 2.4.2006 ergänzend Stellung.

Am 29.8.2007 beschloss die Hauptversammlung u. A., den Abschluss und die Schlussrechnung festzustellen und zu genehmigen und die Abwickler zu entlasten. Unter demselben Datum meldete der Notar Dr. Z. zu UR-Nr. Z 2449/2007 die Beendigung der Abwicklung und das Erlöschen der Firma zum Handelsregister an.

Die Aktionäre griffen die Beschlussfassung der Hauptversammlung vor dem LG Düsseldorf (35 O 127/07) im Wege der Nichtigkeits- und Anfechtungsklage an; mit Blick auf dieses Verfahren setzte das Registergericht mit Beschluss vom 15.4.2008 die Entscheidung über die Eintragung der Anmeldung aus.

Eine weitere Hauptversammlung fand am 30.6.2008 statt; die dortigen Beschlüsse wurden vor ...

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