Leitsatz (amtlich)

Nach Neufassung des § 4a GmbHG, der es erlaubt, dass eine deutsche GmbH ihren Verwaltungssitz an jeden beliebigen Ort im Ausland verlegt, mithin ihre Geschäfte auch vollständig im oder aus dem Ausland tätigt, ist - auch mit Blick auf die denkbare Möglichkeit einer Anordnung des persönlichen Erscheinens des Geschäftsführers der GmbH durch ein inländisches Gericht oder eine inländische Behörde - nicht anzunehmen, dass ein Geschäftsführer mit Staatsangehörigkeit und Wohnsitz eines Nicht-EU-Staates seine gesetzlichen Aufgaben bei fehlender Einreisemöglichkeit typischerweise nicht erfüllen könnte.

 

Normenkette

GmbHG §§ 4a, 6 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 21 T 118/08)

AG Duisburg (Aktenzeichen 8 HRB 18095)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird geändert.

Die Zwischenverfügung des AG - Registergericht - Duisburg vom 26.8.2008 wird aufgehoben. Das AG wird angewiesen, von den dort geäußerten Bedenken gegen die beantragte Eintragung Abstand zu nehmen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist im Handelsregister eingetragen. Sie beantragt, Herrn S. M. als weiteren, zu dem bereits eingetragenen Geschäftsführer hinzutretenden Geschäftsführer im Handelsregister einzutragen. Herr M. ist iranischer Staatsangehöriger, der Aufenthalt im Bundesgebiet ist ihm nur mit einem Visum gestattet.

Mit Zwischenverfügung vom 26.8.2008 hat das Registergericht der Antragstellerin den Nachweis aufgegeben, dass dem einzutragenden Geschäftsführer eine Aufenthaltserlaubnis ohne Gewerbesperrvermerk oder eine Niederlassungserlaubnis erteilt sei, weil - so das AG - Ausländer, die nicht Bürger eines EU-Staates seien, zu Geschäftsführern einer GmbH nur bestellt werden könnten, wenn sie die ausländerrechtlichen Voraussetzungen erfüllten, um jederzeit in die Bundesrepublik einreisen zu können.

Gegen diese Zwischenverfügung hat sich die Antragstellerin mit ihrer Erstbeschwerde gewendet, die vor dem LG erfolglos geblieben ist. Die Zurückweisung ihrer Beschwerde greift sie nunmehr mit ihrem weiteren Rechtsmittel an, zu dessen Begründung sie u.a. anführt, die hier in Rede stehende Gesellschaft wickele einen wesentlichen Teil ihrer Geschäfte in der Beziehung zum Gebiet des Iran ab und sei darauf angewiesen, auch in diesem ausländischen Geschäftsfeld tätig zu werden, wobei die Geschäftstätigkeiten mit dem im Bundesgebiet ansässigen, bereits eingetragenen Geschäftsführer abzustimmen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II. Das gem. §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 19 Abs. 1, 29 FGG als weitere Beschwerde zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin hat auch in der Sache Erfolg, weil die Entscheidung des Beschwerdegerichts auf einer Rechtsverletzung i.S.d. §§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, 546 ZPO beruht.

1. Das LG hat ausgeführt:

Das Registergericht habe die Eintragung des Herrn S. M. als Geschäftsführer berechtigterweise abgelehnt, da er die für die Bestellung zum Geschäftsführer erforderlichen persönlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Ob diese Voraussetzungen gegeben seien, habe das Registergericht bei der Eintragung eines weiteren Geschäftsführers im Handelsregister zu prüfen, da es dessen Bestellung nicht nur in formeller, sondern auch in materieller Hinsicht zu überprüfen habe. Aus § 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG lasse sich entnehmen, dass nur solche Personen zu Geschäftsführern bestellt werden könnten, die auch die der Gesellschaft und ihnen persönlich in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer obliegenden gesetzlichen Pflichten erfüllen könnten. Daher seien die an die wirksame Bestellung eines Geschäftsführers zu stellenden Anforderungen nicht abschließend in § 6 GmbHG geregelt. Vielmehr ergebe sich aus anderen Vorschriften jenes Gesetzes, dass der Geschäftsführer jederzeit in der Lage sein müsse, seine Funktionen auch tatsächlich ständig im Interesse der Gesellschaft auszuüben und die mit ihnen verbundenen Pflichten zu erfüllen. Diese Erfüllung sei jedoch nur dann sichergestellt, wenn für einen ausländischen Geschäftsführer mit Wohnsitz im Ausland jederzeit die Möglichkeit bestehe, in das Bundesgebiet einzureisen, um hier seine gesetzlichen Aufgaben als Geschäftsführer wahrnehmen zu können. Es sei nicht ersichtlich, dass Herr S. M. als iranischer Staatsangehöriger mit dortigem Wohnsitz diesen Anforderungen nachkommen könne. Ungeachtet der heutigen Möglichkeiten der Kommunikation über Staatsgrenzen hinweg sei eine ordnungsgemäße Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben eines Geschäftsführers vom Ausland aus nicht sichergestellt. Denn hierfür sei es unerlässlich, jederzeit selbst und unmittelbar Einsicht in Bücher und Schriften des Unternehmens nehmen zu können, sowie direkten persönlichen Kontakt zu Mitarbeitern und Geschäftspartnern - namentlich Gläubigern - zu haben. Selbst soweit ein Geschäftsführer einzelne Aufgaben an Mitarbeiter delegieren könne, verbleibe die abschließende Verantwortlichkeit bei ihm, was zur Folge habe, dass ihn eine Überwachungspflicht treffe, der er vom Ausland aus nicht in erforderlichem Ma...

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