Entscheidungsstichwort (Thema)
Überprüfung des berechneten Zeitaufwands bei Anwaltsrechnung
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 18.11.2005) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels, soweit darüber nicht schon durch die Senatsurteile vom 29.8.2006 und vom 18.2.2010 entschieden worden ist, das am 18.11.2005 verkündete Urteil der 19. Zivilkammer des LG Wuppertal - Einzelrichter weiter teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den durch Senatsurteil vom 18.2.2010 zugesprochenen Teilbetrag (9.170,94 EUR) hinaus weitere 11.366,97 EUR (insgesamt 20.537,91 EUR) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.5.2005 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird, soweit über sie nicht schon wegen eines Teilbetrags von 64.163,04 EUR (nebst Zinsen) durch das Senatsurteil vom 29.8.2006 abweisend entschieden worden ist, abgewiesen.
Die Gerichtskosten des ersten und zweiten Rechtszuges sowie die außergerichtlichen Auslagen des ersten Rechtszuges und die des ersten Berufungsverfahrens werden dem Kläger zu 76 % und dem Beklagten zu 24 % auferlegt. Die außergerichtlichen Auslagen des zweiten und dritten Berufungsverfahrens sowie die Kosten beider Revisionsverfahren werden dem Beklagten zu 90 % und dem Kläger zu 10 % auferlegt.
Von den Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde hat der Kläger die Gerichtskosten nach einem Beschwerdewert von 64.163,04 EUR und die außergerichtlichen Auslagen des Beklagten zu 76 % nach dem bundesgerichtlich festgesetzten Streitwert von 87.257,83 EUR zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten, soweit hier noch von Interesse, um das offene Resthonorar, das der klagende Rechtsanwalt auf der Grundlage der Honorarvereinbarung vom 7.12.1999 noch für die Verteidigung und Vertretung des Beklagten in der Zeit vom 7.12.1999 bis 17.12.2002 in einem vor dem Schöffengericht Wuppertal geführten Strafverfahren (14 Ls 21 Js 1132/99 AG Wuppertal) verlangt. Dem liegt das folgende Geschehen zugrunde:
In einem ersten, bereits Ende des Jahres 1994 eingeleiteten Ermittlungs- und in dem sich daran anschließenden Strafverfahren (14 Ls 21 Js 1390/94 AG Wuppertal, künftig: Erstverfahren) war der vom Kläger verteidigte Beklagte am 29.10.1998 angeklagt worden, als Gesellschafter und Geschäftsführer der F-GmbH) gemeinschaftlich handelnd mit seinem Mitgesellschafter und Geschäftsführer in der Zeit von Februar 1991 bis November 1994 in 46 Fällen Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite i.H.v. mindestens rund 550.000 DM nicht abgeführt und tateinheitlich Betrug begangen sowie Gewerbe- und Körperschaftssteuer i.H.v. mindestens rund 400.000 DM verkürzt zu haben. Dieses Verfahren wurde am 10.11.1999 nach an einem Tag durchgeführter Hauptverhandlung wegen eines Prozesshindernisses (nicht hinreichend bestimmte Anklage) endgültig eingestellt. Das dem Beklagten vom Kläger für diese Verteidigertätigkeit berechnete Honorar (22.597,80 DM = 11.554,07 EUR) ist bezahlt.
Nur wenige Tage später, nämlich mit der Schrift vom 16.11.1999, die dem Beklagten am 3.12.1999 zugestellt worden war, erhob die Staatsanwaltschaft wegen desselben Sachverhalts und derselben daraus hergeleiteten Tatvorwürfe erneut Anklage. Der Kläger übernahm am 7.12.1999, dem Tag, an dem ihm die Anklageschrift zugestellt worden war, wiederum die Verteidigung. Er ließ sich zugleich die von ihm vorformulierte, mit "Honorarvereinbarung" überschriebene Urkunde vom Beklagten unterzeichnen (künftig: Honorarvereinbarung), in der sich dieser bereit erklärte, ein Wahlverteidigerhonorar zu einem Stundensatz von 450 DM (230,08 EUR) zzgl. der gesetzlichen Mehrwertsteuer zu zahlen (Nr. 1 Abs. 1 Satz 1; Nr. 2 Satz 1). Die Honorarvereinbarung enthält u.a. folgende weitere Einzelregelungen:
- Nr. 1 Abs. 1 Satz 2: Abrechnung jeder angefangenen Viertelstunde zu einem Viertel des Stundensatzes (künftig: Zeittaktklausel)
- Nr. 1 Abs. 1 Satz 3: Honorierung anwaltlicher Tätigkeit außerhalb der Kanzlei nach der Zeittaktklausel vom Verlassen des Büros bis zur Rückkehr ins Büro
- Nr. 1 Abs. 2 Satz 1: Mindesthonorar in Höhe der gesetzlichen Vergütung
- Nr. 2 Sätze 1 u. 2: Auslagenerstattung (Reisekosten, Tage- und Abwesenheitsgelder, Postgebühren und Schreibauslagen, Kopierkosten zu 1 DM/Kopie)
Nach Zulassung der Anklage am 7.4.2000 und Einholung eines am 18.1.2001 erstatteten etwa dreihundertseitigen Sachverständigengutachtens zur umstrittenen Höhe nicht abgeführter Sozialversicherungsbeiträge wurde der Beklagte nach an zwei Tagen durchgeführter Hauptverhandlung erstinstanzlich am 17.12.2002 unter Einstellung des Verfahrens wegen der im Übrigen angeklagten Delikte wegen Beitragsvorenthaltung in Tateinheit mit Betrug in 22 Fällen zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitstrafe von neun Monaten verurteilt. Im Berufungsrechtszug, in dem der Beklagte zuletzt von seinem jetzigen Prozessbevoll...