Entscheidungsstichwort (Thema)

Ein Europäisches Standardisiertes Merkblatt ersetzt oder ergänzt die vertragliche Widerrufsbelehrung nicht.

 

Leitsatz (amtlich)

Das Europäische Standardisierte Merkblatt dient der Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten. Weder ergänzt oder ersetzt es die vertraglichen Vereinbarungen noch vermag es ohne Weiteres beachtliche Zweifel über Voraussetzungen und Folgen des Widerrufsrechts zu begründen.

 

Normenkette

BGB § 491a Abs. 1, § 495 Abs. 2, § 503; EGBGB Art. 247 § 2 Abs. 2 S. 2, § 6 Abs. 2, § 12 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 19.12.2017; Aktenzeichen 2-12 O 269/17)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 19.12.2017 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2-12 O 269/17) wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 13.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger nach Widerruf eines mit der Beklagten im Dezember 2013 geschlossenen Immobiliendarlehensvertrages (nunmehr) die Feststellung, dass die Kläger der Beklagten seit dem Widerruf aus dem streitgegenständlichen Darlehensverhältnis keine Zins- und Tilgungsleistungen sowie Nutzungsersatz mehr schulden.

Der am 06.12.2013 zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag enthält folgende Widerrufsbelehrung:

Widerrufsinformation

Widerrufsrecht

Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Telefax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat. Der Darlehensnehmer hat alle Pflichtangaben erhalten, wenn sie in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung seines Antrags oder in der für den Darlehensnehmer bestimmten Ausfertigung der Vertragsurkunde oder in einer für den Darlehensnehmer bestimmten Abschrift seines Antrags oder der Vertragsurkunde enthalten sind und dem Darlehensnehmer eine solche Unterlage zur Verfügung gestellt worden ist. Über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangaben kann der Darlehensnehmer nachträglich in Textform informiert werden; die Widerrufsfrist beträgt dann einen Monat. Der Darlehensnehmer ist mit den nachgeholten Pflichtangaben nochmals auf den Beginn der Widerrufsfrist hinzuweisen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: Bank1, Straße1, Stadt1, Telefax: ..., E-Mail: ....de

Widerrufsfolgen

Der Darlehensnehmer hat innerhalb von 30 Tagen das Darlehen, soweit es bereits ausbezahlt wurde, zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung.

Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag von 5,27 Euro zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wurde. Wenn der Darlehensnehmer nachweist, dass der Wert seines Gebrauchsvorteils niedriger war als der Vertragszins, muss er nur den niedrigeren Betrag zahlen. Dies kann z.B. in Betracht kommen, wenn der marktübliche Zins geringer war als der Vertragszins.

Ende der Widerrufsinformation.

Vor Abschluss des Darlehensvertrages hatte die Beklagte den Klägern ein Europäisches Standardisiertes Merkblatt übersandt, das unter anderem zum Widerrufsrecht folgende Ausführungen enthält:

Ihr Widerruf muss in Textform (z.B. mittels Brief, Telefax- oder E-Mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Bei mehreren Darlehensnehmern steht dieses Widerrufsrecht jedem einzelnen Darlehensnehmer alleine zu. Die Widerrufsfrist beginnt einen Tag nachdem Ihnen:

- die Pflichtangaben zum Widerrufsrecht nach Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB in Textform mitgeteilt und Ihnen

- die Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Ihres Antrags zur Verfügung gestellt wurden, jedoch nicht vor Abschluss des Vertrags. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

Der Widerruf ist zu senden an:

Bank1

Straße1

Stadt1

Zum Widerruf und seinen Rechtsfolgen beachten Sie bitte die konkreten Angaben, die in Ihrem Darlehensvertrag enthalten sind.

Üben Sie Ihr Widerrufsrecht nicht aus, bleibt der Darlehensvertrag wirksam. In diesem Fall sind Sie verpflichtet, der Bank nach Auszahlung des Darlehens die vereinbarten Zins- und Tilgungsraten sowie die weiteren im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag stehenden Kosten zu zahlen.

Mit Schreiben vom 25.01.2017 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrages ger...

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