Leitsatz (amtlich)
Ein Unterhaltstitel gegen den Erblasser kann auf den Erben umgeschrieben werden. § 1586 b verändert den Inhalt des Anspruchs gegen den Erblasser nicht; an Stelle des Einwands der Leistungsfähigkei, der nach dem Tod des Verpflichteten keinen Sinn mehr hat, tritt nur der Einwand der Haftungsbeschränkung auf den Pflichtteil.
Verfahrensgang
AG Kassel (Beschluss vom 04.07.2002; Aktenzeichen 512 F 3167/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Gläubigerin wird der Beschluß des Amtsgerichts Kassel vom 4. Juli 2002 aufgehoben.
Es verbleibt bei der den Vergleich vom 2. Mai 2001 umschreibenden Verfügung des Amtsgerichts vom 28. Februar 2002.
Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (Beschwerdewert: 1.227,10 Euro).
Tatbestand
Die Gläubigerin und Herr XYZ. waren seit dem 4. November 1983 verheiratet. Ihre Ehe wurde mit Wirkung vom 21. Februar 1996 rechtskräftig geschieden.
Im Verfahren 2 UF 122/97 Oberlandesgericht Frankfurt am Main – 512 F 1278/95 AG Kassel – wurde XYZ. zur Zahlung von monatlichem Unterhalt ab 1. Juli 1998 in Höhe von 300 DM verurteilt.
Im vorliegenden Verfahren hat XYZ. die Abänderung dieses Unterhaltstitels dahin betrieben, daß er ab Rechtshängigkeit an die Gläubigerin nur noch monatlich 100 DM zu zahlen habe.
Demgegenüber hat die Gläubigerin Widerklage mit dem Antrag erhoben, XYZ. zu nachehelichem Unterhalt in Höhe von 628 DM in Abänderung des Urteils des Senates zu verurteilen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht vom 2. Mai 2001 haben die Gläubigerin und XYZ. den Rechtsstreit durch Vergleich beendet. XYZ. verpflichtete sich, in Abänderung des Senatsurteils monatlich 200 DM Ehegattenunterhalt ab 1. Februar 2001 zu zahlen. Eine vollstreckbare Ausfertigung dieses Vergleichs wurde der Gläubigerin am 8. Juni 2001 erteilt.
Am 23. August 2001 ist XYZ. verstorben und wurde von dem Schuldner beerbt; vom Amtsgericht Kassel wurde am 19. Oktober 2001 zu seinen Gunsten ein Erbschein ausgestellt.
Die Gläubigerin beantragt nunmehr, die Vollstreckungsklausel dahin umzuschreiben, daß K. M. XYZ. Schuldner ist und ihr eine entsprechende vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs zu erteilen.
Der Schuldner tritt dem mit der Begründung entgegen, daß im Falle des Anspruchsübergangs nach § 1586 b BGB eine Klauselumschreibung unzulässig sei.
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat durch Verfügung vom 28. Februar 2002 dem Antrag stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner Erinnerung, der das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluß stattgegeben hat; es hat die Zwangsvollstreckung aus der am 28. Februar 2002 erteilten Vollstreckungsklausel für unzulässig erklärt.
Gegen diesen ihr am 12. Juli 2002 zugestellten Beschluß wendet sich die Gläubigerin mit ihrer am 22. Juli 2002 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde, der das Amtsgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde der Gläubigerin ist zulässig und auch in der Sache begründet. Sie führt zur ersatzlosen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und damit zur Wiederherstellung der Vollstreckungsklausel in der Form der Verfügung vom 28. Februar 2002.
Der Senat hält entgegen der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung im vorliegenden Fall die Klauselumschreibung gemäß § 727 ZPO für zulässig. Die Eigenschaft des Schuldners als Erbe ist zweifelsfrei durch Erteilung des immer noch gültigen Erbscheins nachgewiesen. Auch ist der Schuldner im Sinne des § 727 Abs. 1 ZPO als Rechtsnachfolger seines verstorbenen Vaters XYZ. anzusehen. Gemäß § 1967 Abs. 1 BGB haftet der Erbe für sämtliche Nachlaßverbindlichkeiten, wozu außer den vom Erblasser herrührenden Schulden (dies wäre z.B. ein etwaiger Unterhaltsrückstand) die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten gehören. § 1586 b BGB erklärt die fortbestehende Unterhaltspflicht ausdrücklich zur Nachlaßverbindlichkeit. Als sich hieraus ergebende Folge ist der Schuldner als Rechtsnachfolger auch hinsichtlich der Unterhaltsforderung anzusehen; er tritt in das Dauerschuldverhältnis, das zwischen seinem Vater und der Gläubigerin bestand, ein. Zwar wird in der Literatur weithin die Auffassung vertreten, bei dem Anspruch nach § 1586 b BGB handele es sich nicht um den ursprünglichen Unterhaltsanspruch; vielmehr werde ein inhaltlich anderer Anspruch mit anderem Ziel gegen den Erben selbständig begründet (vgl. hierzu Hambitzer, FamRZ 2001, 201, 203 m.w.N.). Auf der anderen Seite wird vielfach die Klauselumschreibung als möglich angesehen (Maurer in: Münchener Kommentar, 2. Aufl., Rdn. 13 zu § 1586 b BGB, wohl auch Häberle in: Soergel, BGB, 11. Aufl., Rdn. 9 zu § 1586 b BGB sowie RGRK-Cuny, 12. Aufl., Rdn. 17 zu § 1586 b BGB). Dieckmann (FamRZ 1977, 168) schließt sich zwar der Auffassung an, wonach eine Titelumschreibung nicht in Betracht kommt, führt allerdings aus, daß der Gesetzeswortlaut und auch die Intention des Gesetzgebers beide Möglichkeiten zulasse, jedoch dem Verzicht auf die Klauselumschreibung der Vorzug zu geben sei. Soweit ersichtlich, hat sich di...