Normenkette

EUV 2016/679 Art. 24; UWG § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 02.03.2017; Aktenzeichen 327 O 148/16)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 02.03.2017, Az.: 327 O 148/16, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem vorliegenden Urteil insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Klägerin, die wie die Beklagte Therapieallergene für die spezifische Immuntherapie (SIT) herstellt und vertreibt, nimmt die Beklagte bezogen auf die konkrete Verletzungsform eines Bestellbogens, wie er dem angegriffenen Urteil des Landgerichts als Anlage beigefügt ist, auf Unterlassung der Benutzung von Bestellbögen für derartige Therapieallergene in Anspruch, wenn deren Benutzung erfolgt, ohne die erforderliche Einwilligung der Patienten zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Gesundheitsdaten der Patienten einzuholen. Weiter macht die Klägerin bezogen auf solche Handlungen Auskunfts- sowie - wegen der vorgerichtlichen Abmahnkosten - Zahlungs-Ansprüche geltend und begehrt auch die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten. Neben den Parteien gibt es nur noch zwei weitere maßgebliche Wettbewerber auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Therapieallergenen.

Bei den für die SIT hergestellten Immuntherapeutika, deren Gabe eine Hyposensibilisierung der Patienten bewirken soll, handelt es sich einerseits um nach dem AMG und der Therapieallergene-Verordnung (TAV) - zulassungspflichtige - Fertigarzneimittel und andererseits um aufgrund einer Rezeptur individuell für den Patienten hergestellte - und damit nicht zulassungspflichtige - Mittel. Sie sind sämtlich verschreibungs- und apothekenpflichtig. Die Hyposensibilisierungsbehandlung dauert durchschnittlich drei bis fünf Jahre, in denen dem Patienten regelmäßig alle vier bis sechs Wochen Therapieallergene injiziert werden. Es gibt auch Therapieallergene, die sublingual verabreicht werden. Die Beklagte vertreibt indes nur Injektionslösungen. Sie werden in Schachteln mit 1-2 Vials (Injektionsfläschchen) geliefert, die jeweils Therapieallergene für fünf Anwendungen enthalten. Die Therapieallergene sind in den Vials im geöffneten Zustand vier Monate haltbar, sonst 5 Jahre. Eine Schachtel wird bei den behandelnden Ärzten - in der Regel im Bereich der Allergologie spezialisierte Ärzte - für die Dauer der Behandlung des Patienten mehrere Monate im Kühlschrank aufbewahrt. Dabei ist es üblich, dass Ärzte diese Mittel für rund 200 Patienten gleichzeitig lagern. Es kommt aber auch vor, dass ein Arzt 500 und mehr Patienten gleichzeitig mit Therapieallergenen behandelt.

Die Bestellung von Therapieallergenen erfolgt über den behandelnden Arzt. Dieser wählt für einen therapiebedürftigen Patienten ein Unternehmen aus, das Therapieallergene anbietet. Jedes Unternehmen verwendet für die Bestellung dieser Therapieallergene eigene Bestellbögen. Mittels dieser Bögen werden die Therapieallergene bestellt. Die Bögen werden vom Arzt ausgefüllt. In den Bestellbögen der Beklagten ist vorgesehen, dass nicht nur Name und Geburtsdatum des Patienten oder - falls abweichend - des Versicherten, sondern auch die Kassen-Nr., die Versicherten-Nr., der Status des Versicherten (die Beklagte behauptet, dass diese Informationen in den meisten Fällen erst nach der Bestellung bei ihr von der Apotheke im Rahmen der Abrechnung oder gar nicht ergänzt werden), die Vertragsarzt.-Nr., die Kunden-Nr., die Informationen über die jeweiligen Allergien des Patienten und der Name sowie die Anschrift des behandelnden Arztes nebst dessen Kunden-Nr. eingetragen werden. Der Arzt versieht solche Bestellbögen an deren Ende unten rechts mit seiner Unterschrift. Wiederum darunter befindet sich ein "Hinweis", in dem es heißt, dass der Arzt versichert, dass der Bestellbogen mit dem Patientennamen zum Zwecke der Qualitätssicherung und der Abwicklung der Bestellung mit Einverständnis des Patienten an die ... GmbH (Beklagte) übermittelt wird. Die ... GmbH versichert in dem Hinweis sodann, dass sie die Daten auch ausschließlich zu den genannten Zwecken und zur Erleichterung von Nachbestellungen nutzt. Das Formular weist keinen Bereich auf, in welchem der Patient selbst eine Erklärung über die Einwilligung zur Nutzung seiner Daten erteilen kann. Die Beklagte holt eine solche Einwilligung nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts auch nicht ein.

Den mit den genannten Patientendaten und Daten des behandelnden Arztes ausgefüllten Bestellbogen legt der Patient anschließend einer Apotheke vor. Der Apotheker versieht den Bogen mit seinem...

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