Leitsatz (amtlich)
1. Wer sich über einen Treuhandgesellschafter an einer Publikumsgesellschaft beteiligt, kann im Innenverhältnis zu ihr als ein direkt beteiligter Gesellschafter anzusehen sein, wenn die "mittelbare Beteiligung erst noch zu werbender Anleger und damit eine Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag von vornherein vorgesehen [ist] und im Hinblick darauf bestimmte Rechte und Pflichten der Anleger schon im Gesellschaftsvertrag geregelt sind" (BGH, Urt. v. 11.10.2011 - II ZR 242/009).
2. Die Regeln über den Widerruf bei sog. Haustürgeschäften finden Anwendung auf einen Beitritt zu einem Fonds in der Form einer Personengesellschaft, wenn der Zweck der Beteiligung vorrangig darin besteht, Kapital anzulegen.
3. Es steht einer Fortwirkung des beim Haustürgeschäft typischerweise für den Abschluss mitursächlichen Überraschungselements nicht entgegen, dass in enger Folge über einen Monat verteilt insgesamt fünf Beratungsgespräche stattgefunden haben.
4. Das Widerrufsrecht ist nicht wegen einer den mündlichen Verhandlungen vorangehenden Bestellung seitens des Verbrauchers ausgeschlossen gem. § 312 Abs. 3 Nr. 1 BGB, wenn zwar eine Bestellung erfolgt ist, sie aber im Hinblick auf ein anderes Vorhaben, nämlich die Finanzierung für eine Wohnungsrenovierung erfolgt ist.
5. Eine Belehrung über das Widerrufsrecht entspricht nicht den Anforderungen des § 355 BGB (in der vom 8.12.2004 bis zum 10.6.2010 geltenden Fassung) und kann deshalb die Widerrufsfrist nicht in Lauf setzen, wenn in ihr nicht die materiellen Rechtsfolgen des Widerrufs nicht abgebildet werden (BGH, Urt. v. 22.5.2012 - II ZR 14/10). Dazu gehört bei einem Widerruf eines Gesellschaftsbeitritts der Hinweis, dass sich die beiderseitigen Rechte und Pflichten nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft richten und der Verbraucher allenfalls einen Anspruch auf das Abfindungsguthaben hat.
Normenkette
BGB §§ 312, 355, 280, 286
Verfahrensgang
LG Detmold (Urteil vom 30.09.2011; Aktenzeichen 1 O 213/10) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.9.2011 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Detmold unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau F einerseits sowie der Beklagten zu 1) andererseits mit Wirkung zum 20.12.2009 beendet ist.
Die weiter gehende Klage gegen die Beklagte zu 1) wird abgewiesen.
2. Von den Gerichtskosten des ersten Rechtszuges tragen die Widerbeklagte 38 %, der Kläger 28 %, die Beklagte zu 1) 12 % und die Beklagte zu 2) 22 %.
Von den Gerichtskosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger 45 %, die Beklagte zu 1) 20 % und die Beklagte zu 2) 35 %.
Für die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits gilt folgende Regelung:
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen er selbst 54 %, die Beklagte zu 1) 20 % und die Beklagte zu 2) 26 %.
Von den außergerichtlichen Kosten der Widerbeklagten tragen sie selbst 75 % und die Beklagte zu 2) 25 %.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen sie selbst 2/3 und der Kläger 1/3.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt sie selbst.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) aus erster Instanz tragen der Kläger 62 % und die Widerbeklagte 38 %, diejenigen aus der Berufungsinstanz trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten zu 1) wird nachgelassen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zur vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der Kläger und seine Ehefrau, die spätere Drittwiderbeklagte, beteiligten sich unter Vermittlung des Beklagten zu 3) mittelbar über eine Treuhänderin an der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) als Kommanditisten. Mit der Klage verlangt der Kläger aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau gegenüber der Beklagten zu 1) die Feststellung der Beendigung dieses Gesellschaftsverhältnisses sowie des Nichtbestehens von Ansprüchen.
Darüber hinaus hat er die Beklagten zu 2) und zu 3), mit dem Vorwurf, er und seine Ehefrau seien nicht hinreichend über die mit dem Beitritt verbundenen Risiken aufgeklärt worden, auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 22.225,35 EUR in Anspruch genommen und hat die Feststellung ihrer Verpflichtung zu weiter gehendem Schadensersatz im Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Beteiligung verlangt. Widerklagend haben die Beklagten zu 2) und zu 3) gegenüber der Widerbeklagten die Feststellung begehrt, dass dieser ihnen gegenüber keine Ansprüche aus der Vermittlung des Engagements zustehen. Der Kläger, die Widerbeklagte sowie die Beklagten zu 2) und zu 3) haben nach der mündlichen Verhandlung einen Vergleichsvorschlag des Senats angenommen. Wegen des Inhalts wird auf den diesen nach § 278 Abs. 6 ZPO feststellenden Beschluss des Senats Bezug genommen.
Dem danach no...