Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmissbräuchliche Amtsniederlegung des alleinige Gesellschafter-Geschäftsführers ohne Bestellung eines neuen Geschäftsführers
Leitsatz (amtlich)
Die vom einzigen Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter einer GmbH erklärte Amtsniederlegung kann rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam sein, wenn dieser nicht gleichzeitig einen neuen Geschäftsführer bestellt.
Normenkette
GmbHG §§ 38, 79; BGB § 242
Verfahrensgang
LG Aachen (Beschluss vom 07.12.2007; Aktenzeichen 44 T 21/07) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 19.12.2007 gegen den Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des LG Aachen vom 7.12.2007 - 44 T 21/07 - wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Die als alleinige Geschäftsführerin eingetragene Beteiligte zu 2) begehrt gemäß notarieller Anmeldung vom 22.5.2007 (Urkundenrolle-Nr. xxx/2007T des Notars Dr. U. in B.) ihre Löschung als Geschäftsführerin im Handelsregister. Insoweit macht sie geltend, sie habe am 22.5.2007 wirksam ihr Amt niedergelegt. Zuvor hatte am 3.5.2007 eine Gläubigerin der Gesellschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft gestellt. Mit Beschluss vom 10.8.2007 hat das Registergericht Aachen die Anmeldung zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 28.8.2007 Beschwerde eingelegt, die das LG mit Entscheidung vom 7.12.2007 zurückgewiesen hat. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 19.12.2007.
2.a) Die - an keine Frist gebundene - weitere Beschwerde der Antragstellerin ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden (§§ 27, 29 FGG).
b) In der Sache hat das LG u.a. ausgeführt: Das Registergericht habe zu Recht die Anmeldung zurückgewiesen. Die Amtsniederlegung sei wegen Rechtsmissbrauch unwirksam. Die Beteiligte sei zwar nicht Allein-, sondern nur Mehrheitsgesellschafterin. Doch seien die obergerichtlich aufgestellten Grundsätze der Anlehnung der Eintragung einer rechtsmissbräuchlichen Amtsniederlegung des einzigen Geschäftsführers und Alleingesellschafters auch auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden. Die Umstände würden dafür sprechen, dass es der Beschwerdeführerin gerade darum gehe, die Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft gezielt herbeizuführen und unter Ausnutzung ihrer Mehrheitsbeteiligung auch in Zukunft aufrechtzuerhalten. So sei zum Zeitpunkt der Amtsniederlegung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft beantragt worden. Auch in der Folgezeit habe die Beteiligte zu 2) keine Versuche unternommen, eine Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft durch Bestellung eines neuen Gesellschafters oder durch Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu beheben.
c) Diese Ausführungen halten der dem Senat obliegenden rechtlichen Nachprüfung stand. Die Kammer hat mit zutreffenden Erwägungen die Voraussetzungen der Eintragung der Niederlegung des Amtes als Geschäftsführerin verneint, weil die Erklärung der Beteiligten zu 2) hier keine Wirksamkeit entfaltet.
Zwar ist die von dem Geschäftsführer einer GmbH erklärte Amtsniederlegung selbst dann wirksam, wenn objektiv kein wichtiger Grund vorliegt und wenn sich der Geschäftsführer auch nicht auf das Bestehen eines solchen beruft (BGHZ 78, 82 = NJW 1980, 2415; BGHZ 121, 257 = NJW 1993, 1198; BGH NJW 1995, 2850). Dies gilt jedoch nicht im Falle eines Rechtsmissbrauchs. Ein solcher liegt regelmäßig vor, wenn es sich bei dem niederlegenden Geschäftsführer um den einzigen handelt, dieser zugleich alleiniger Gesellschafter ist und davon absieht, einen neuen Geschäftsführer für die Gesellschaft zu bestellen (BayObLGZ 1981, 266 [269]; BayObLGZ 1992, 253 [254]; BayObLGZ 1999, 171 = FGPrax 1999, 186; OLG Düsseldorf, FGPrax 2001, 82; OLG Hamm OLGZ 1988, 411; OLG Zweibrücken, FGPrax 2006, 132; Lohr, RNotZ 2002, 164 [167] m.w.N.; Lohr, DStR 2002, 2173 [2176] m.w.N.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl. 2004, § 38 Rz. 42; Scholz/Schneider, GmbHG, 9. Aufl. 2000, § 38 Rz. 90; s. a. Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl. 2008, § 242 Rz. 72). Dies verlangt das Interesse des Rechtsverkehrs an der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft, die anderenfalls vollständig beseitigt würde. Grund für die Missbilligung der Amtsniederlegung in derartigen Fällen ist die Zurückstellung überwiegender Interessen anderer Beteiligter durch den Versuch, sich der freiwillig übernommenen Verantwortung für die Gesellschaft (§ 43 GmbHG) und aller weiteren Pflichten zu entledigen, die besonders in wirtschaftlich schwierigen Situationen der Gesellschaft an das Amt des Geschäftsführers geknüpft sind (BayObLG, FGPrax 1999, 186; OLG Düsseldorf, FGPrax 2001, 82).
Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Die teilweise in der Literatur vertretene gegenteilige Ansicht, dass diese "Sonderbehandlung" des Gesellschafter-Geschäftsführers einer Ein-Mann GmbH nicht gerechtfertigt und dessen Amtsniederlegung generell wirksam sei (Altmeppen/Roth, GmbHG, 5. Aufl. 2005, § 38 Rz. 77 f.; Wachte...