Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordungswidrigkeitenrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter welchen von einer leichtfertig unterlassenen Meldung des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister ausgegangen werden kann

 

Normenkette

GwG §§ 20, 56; OWiG § 30

 

Tenor

  • I.

    Die Sache wird durch den Rechtsunterzeichner dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

  • II.

    Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu erneuter Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht Köln zurückverwiesen.

 

Gründe

A.

Mit Bußgeldbescheid vom 13. April 2019 hat das Bundesverwaltungsamt gegen die Betroffene wegen der Nichtmeldung des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister ein Bußgeld von 3.533,-- € verhängt.

Auf den hiergegen gerichteten Einspruch hat das Amtsgericht die Betroffene mit der angefochtenen Entscheidung freigesprochen. Es hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Geschäftsführer der Betroffenen seine Pflicht nach dem Geldwäschegesetz leichtfertig verletzt habe. Diesem sei die Meldepflicht nicht bekannt gewesen. Er habe von dieser erst durch das Anhörungsschreiben des Bundesverwaltungsamt Kenntnis erlangt und sodann sofort gehandelt. Über die Einführung des Transparenzregisters habe es seitens der IHK Neubrandenburg lediglich eine Pressemitteilung vom 13. Oktober 2017 gegebenen, die der Geschäftsführer der Betroffenen gut nicht wahrgenommen hätte haben können.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist.

B.

I.

Die Übertragung der Sache beruht auf § 80 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 OWiG. Es ist geboten, die angefochtene Entscheidung zur Fortbildung des materiellen Rechts nachzuprüfen.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Ziff. 1 OWiG statthafte, Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft hat auch in der Sache Erfolg.

Die bislang getroffenen Feststellungen und tatrichterlichen Erwägungen tragen den Freispruch nicht. Die Urteilsgründe sind vielmehr materiell-rechtlich unvollständig und belegen daher nicht, dass die Entscheidung auf in jeder Hinsicht rechtsfehlerfreier Grundlage beruht (§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, 337 Abs. 1 StPO).

1.

Gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 GwG haben juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften die in § 19 Abs. 1 GwG aufgeführten Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten dieser Vereinigungen (Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort, Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses sowie die Staatsangehörigkeit) einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen. Diese Pflicht - namentlich die hier in Rede stehende der Mitteilung - ist gemäß (seit 01.01.2020 aufgrund Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur 4. EU-Geldwäschrichtlinie v. 12.12.2019 - BGBl. I S. 2602) § 56 Abs. 1 S. 1 Ziff. 55 lit. d) GwG (zur Tatzeit wortgleich Ziff. 53) im Falle ihrer vorsätzlichen oder leichtfertigen Verletzung bußgeldbewehrt.

2.

Vorliegend kommt ausschließlich ein leichtfertiges Verhalten des Geschäftsführers der Betroffenen (§ 30 Abs. 1 OWiG) in Betracht.

a)

Leichtfertigkeit bezeichnet - wovon auch das Tatgericht mit Recht ausgeht - einen erhöhten Grad der Fahrlässigkeit, der in etwa der groben Fahrlässigkeit des bürgerlichen Rechts entspricht, aber auf die persönlichen Fähigkeiten des Täters abstellt. Sie liegt vor, wenn der Täter grob achtlos handelt und dasjenige außer Acht lässt, was sich unter den Voraussetzungen seiner Erkenntnisse und Fähigkeiten geradezu aufdrängen musste. Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. BGH NJW 2008, 2516 [2517]; NStZ-RR 2015, 13; SenE v. 09.07.2019 - III-1 RBs 241/19; SenE v. 20.08.2019 - III-1 RBs 289/19; vgl. a. SenE v. 26.05.2020 - III-1 RBs 139/20). Im Hinblick auf die Pflicht zur Meldung des wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister ist zudem zu beachten, dass es sich bei ihrer Bußgeldbewehrung um ein echtes Unterlassungsdelikt handelt.

Hier hat sich der Geschäftsführer der Betroffenen dahingehend eingelassen, die Pflicht zur Meldung des wirtschaftlich Berechtigten zum Transparenzregister sei ihm unbekannt gewesen. Im fraglichen Zeitraum sei er mit der Umsetzung der EU-Datenschutzgrundverordnung beschäftigt gewesen, die in der Berichterstattung der Medien breiten Raum eingenommen habe. Eine entsprechende mediale Aufbereitung der Einführung des Transparenzregisters habe er jedenfalls nicht wahrgenommen.

Bei dieser Sachlage ist Leichtfertigkeit nicht rechtsfehlerfrei ausgeschlossen.

b)

Nach Auffassung des Senats kommt ein leichtfertiges Unterlassen im Wesentlichen in zwei Fallkonstellationen in Betracht:

aa)

Zum einen ist vorstellbar, dass der Betroffene vor einer ihm angebotenen, ihm gleichsam aufgedrängten Information aus Gleichgültigkeit oder Desinteresse die Augen verschließt. Eine solche Sachge...

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