Entscheidungsstichwort (Thema)
Flirtcafe
Leitsatz (amtlich)
1. Ein auf Wiederholungsgefahr gestützter Unterlassungsanspruch wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens setzt grundsätzlich voraus, dass die beanstandete Handlung sowohl zum Zeitpunkt ihrer Begehung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung wettbewerbswidrig ist (Anschluss an BGH, GRUR 2010, 744 Tz. 20 - Sondernewsletter). Bei einem Dauerverstoß wie dem unveränderten Betrieb einer Internetseite genügt es jedoch, wenn die Wettbewerbswidrigkeit zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegt. Wenn sich der Kläger auf diese Fortdauer des Verstoßes beruft, liegt darin auch keine Änderung des Streitgegenstandes.
2. Für die nach § 312d Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246a §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 1 EGBGB zu erteilende Information des Verbrauchers über ein bestehendes Widerrufsrecht bei einem Vertragsschluss über das Internet genügt es in räumlicher Hinsicht, dass die Information in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit der Schaltfläche, über deren Betätigung der Verbraucher seine Vertragserklärung abgibt, erteilt wird. Eine Erteilung "vor" der Schaltfläche im Sinne von "oberhalb" ist nicht erforderlich.
Normenkette
BGB § 312d Abs. 1 S. 1; EGBGB Art. 246a § 1 Abs. 2; EGBGB § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 19.08.2014; Aktenzeichen 33 O 245/13) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.8.2014 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des LG Köln - 33 O 245/13 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an der Geschäftsführerin, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern auf der Internetseite unter der Adresse www.flirtcafe.de
1. mit der Aussage "Jetzt kostenlos anmelden" zu werben bzw. werben zu lassen, wenn das Versenden und Empfangen von Nachrichten an andere Nutzer der Seite nur bei Abschluss eines kostenpflichtigen Vertrages möglich ist, wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben:
((Abbildung)).
und/oder
2. die Bestellung eines kostenpflichtigen Vertrages, bei der sich ein Vertrag über eine 10-tägige Laufzeit und zu einem Preis von 1,99 EUR in einen Vertrag mit einer Bindung von 6 Monaten zu einem monatlichen Entgelt von 78 EUR verlängert, so zu gestalten, dass die Information über die Vertragsverlängerung und die für die Vertragsverlängerung geltende Mindestvertragslaufzeit von 6 Monaten und der Preis für diese Laufzeit nicht in hervorgehobener Weise erteilt werden - wenn dies geschieht wie nachfolgend wiedergegeben:
((Abbildung)).
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 214,- EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2013 zu zahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.
V. Soweit die Beklagte die Berufung zurückgenommen hat (Klageanträge zu I.1 und I. 2), ist sie des eingelegten Rechtsmittels verlustig.
VI. Dieses Urteil und das genannte Urteil des LG - unter Berücksichtigung der vorstehenden Abänderung - sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Höhe der Sicherheit beträgt:
Tenor zu I.1.: 20.000 EUR
Tenor zu I. 2.: 10.000 EUR
Tenor zu II. und Kosten: Für den Vollstreckungsschuldner 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages, für den Vollstreckungsgläubiger 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
VII. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gem. § 540 Abs. 1 ZPO)
I. Der Kläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 25 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Er ist in der vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Die Beklagte betreibt ein als "Flirtcafe" bezeichnetes Internetangebot, das sie mit "Flirten Chatten Daten" bewirbt. Die Startseite ist entsprechend der unter I.1 in den Tenor eingeblendeten Anlage K 1 ausgestaltet. Nach der Anmeldung, für die der Nutzer einige persönliche Daten angeben muss, gelangt er auf eine Übersichtsseite. Ohne weitere kostenpflichtige Registrierung für mindestens 1,99 EUR (sog. "Probeabonnement") kann der Nutzer lediglich ein eigenes Profil erstellen und sich andere Profile ansehen. Er kann aber nicht über die Seite der Beklagten mit anderen Mitgliedern in Kontakt treten, das heißt er kann weder Nachrichten von anderen empfangen noch senden.
Die Seite, über die die kostenpflichtige Registrierung erfolgt, ist entsprechend der in den Tenor unter I. 2 eingeblendeten Anlage K 4 ausgestaltet. Auf dieser Seite sind im unteren Bereich, unterhalb der Registrierungs-Schaltfläche...