Leitsatz (amtlich)

1. Bei GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten verdrängt die Anfechtungsklage die Feststellungsklage, wenn ein Beschlussergebnis festgestellt worden ist.

2. Eine verbindliche (wenn auch anfechtbare) Beschlussfeststellung liegt nur vor, wenn der Versammlungsleiter mit entsprechender Kompetenz ausgestattet ist.

3. Die Feststellungsklage unterliegt auch im Gesellschaftsrecht keiner fristbedingten Präklusionswirkung, so dass eine nicht zeitnahe Klageerhebung nur unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung einer Überprüfung zugänglich ist.

 

Normenkette

GmbHG § 47; AktG § 246

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 85 O 163/01)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.11.2001 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Köln (85 O 163/01) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringen.

 

Tatbestand

Die beiden Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten, Herr Dr. N., sind zu je 1/3 Anteilseigner der Beklagten.

Mit Schreiben vom 31.1.2001 beantragten die Kläger die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung. Tagesordnungspunkt sollte die Beschlussfassung über die Abberufung des Geschäftsführers Dr. N. sein. Dieser berief die Gesellschafterversammlung auf den 27.6.2001 ein. Mit Schreiben vom 13.2.2001 berief Herr Dr. N. eine weitere außerordentliche Gesellschafterversammlung auf den 28.2.2001 ein. Tagesordnungspunkt sollte die Beschlussfassung über die Einziehung der Geschäftsanteile der Kläger sein.

Nach einem von Herrn Dr. N. unterzeichneten Protokoll über die Gesellschafterversammlung vom 28.2.2001, welches den Klägern am 5.3.2001 zugestellt wurde, ist über die Einziehung der Geschäftsanteile der Kläger „gemeinschaftlich” abgestimmt worden. Den Klägern wurde hierzu erklärt, dass sie kein Stimmrecht hätten. Sodann heißt es in dem Protokoll: „Die einzig stimmberechtigten Stimmen des Geschäftsanteils (des Geschäftsführers/Gesellschafters) stimmen für den Antrag. Damit sind die Geschäftsanteile (der Kläger) eingezogen.”

Mit an Herrn Dr. N. gerichtetem Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 19.4.2001 widersprachen die Kläger dem Protokoll und baten unter Fristsetzung bis zum 30.4.2001 und Androhung gerichtlicher Schritte um Bestätigung, dass die Geschäftsanteile nicht wirksam eingezogen worden seien. Mit erstmals im Berufungsverfahren vorgelegtem Antwortschreiben vom 30.4.2001 beharrte Herr Dr. N. auf der Wirksamkeit der Einziehung der Geschäftsanteile. Mit Schreiben vom 3.7.2001 bestätigte er, die Gesellschafterversammlung vom 27.6.2001 nicht abgehalten zu haben, da die Anteile der Kläger eingezogen seien.

Die Kläger haben mit ihrer am 25.7.2001 anhängig gemachten Klage geltend gemacht, ein Beschluss dieses Inhalts sei nicht gefasst worden, weil ihre Gegenstimmen nicht berücksichtigt worden seien.

Die Kläger haben beantragt, festzustellen, dass ihre Gesellschaftsanteile an der Beklagten nicht wirksam eingezogen worden sind.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klage sei im Hinblick auf den entsprechend anzuwendenden § 246 AktG unzulässig und im Übrigen unbegründet.

Das LG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig, denn es handele sich bei ihr nicht um eine entsprechend § 246 AktG binnen eines Monats zu erhebende Anfechtungsklage, wie sie bei Verbindlichkeit eines festgestellten Beschlussergebnisses zu erheben gewesen wäre. Eine verbindliche Feststellung des Beschlussergebnisses liege nicht vor, insbesondere nicht in Form des vom Gesellschafter/Geschäftsführer unterzeichneten Protokolls über die Gesellschafterversammlung vom 28.2.2001, denn Niederschriften über gefasste Beschlüsse seien nach § 8 Nr. 5, 6 der Satzung der Beklagten nur verbindlich, wenn ihnen nicht innerhalb von 2 Monaten schriftlich widersprochen werde. Hier hätten die Kläger jedoch mit Anwaltsschreiben vom 19.4.2001 gegen die Niederschrift Widerspruch eingelegt und am 27.7.2001 noch rechtzeitig und damit außerhalb einer Verwirkung Klage eingereicht.

Nachdem die Beklagte die von den Klägern mit Schreiben vom 19.4.2001 erbetene Bestätigung, dass ihre Geschäftsanteile nicht wirksam eingezogen seien, nicht erteilt gehabt habe, sei die Ergebnisunklarheit zunächst in der Schwebe geblieben, bis der Geschäftsführer der Beklagten in der von ihm auf den Antrag der Kläger vom 12.2.2001 einberufenen Versammlung vom 27.6.2001 den Bevollmächtigten der Kläger mitgeteilt habe, nicht bereit zu sein, eine Gesellschafterversammlung abzuhalten, da die Anteile der Kläger eingezogen seien, was er mit Schreiben vom 3.7.2001 noch einmal bestätigt habe. Die Feststellungsklage sei auch begründet. Ein Einziehungsbeschluss sei tatsächlich nicht gefasst worden, weil lediglich der Gesc...

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