Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter denen das Grundbuchamt die Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers bei entgeltlichen Grundstücksübertragungen an unbeteiligte Dritte als nachgewiesen ansehen kann.

 

Normenkette

BGB § 2205; GBO § 29 Abs. 1, § 53 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Passau (Beschluss vom 23.11.2015)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG Passau - Grundbuchamt - vom 23.11.2015 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Kostenentscheidung zulasten des Beteiligten zu 1 aufgehoben wird.

II. Von einer Kostenentscheidung im amtsgerichtlichen Eintragungsverfahren wird abgesehen.

III. Der Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die den Beteiligten zu 2 und 3 insoweit entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 59.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1 ist gemeinsam mit seinen beiden Geschwistern Erbe seiner am 6.9.2013 verstorbenen Mutter Marianne B.. Hinsichtlich seines Anteils am Nachlass besteht Testamentsvollstreckung. Seine Schwester Gisela R. war gemäß Zeugnis vom 20.11.2013 als Testamentsvollstreckerin ernannt; ein Testamentsvollstreckervermerk war im Grundbuch eingetragen.

Zum Nachlass gehörte mit einem Reihenhaus bebauter Grundbesitz. Dieser war vom Nachlassgericht anlässlich eines anderen Erbfalls Ende 2007 mit 186.701 EUR bewertet worden.

Mit notarieller Urkunde vom 18.6.2015 verkauften der Bruder des Beteiligten zu 1 und seine Schwester, diese handelnd im eigenen Namen und in ihrer Eigenschaft als Testamentsvollstreckerin, den Grundbesitz an die Beteiligten zu 2 und 3 zum Kaufpreis von 186.000 EUR. Im Kaufpreis enthalten sind "Anbauküche" (5.000 EUR) und Brennstoffvorrat (2.500 EUR). In Ziff. I. 6. der Urkunde ist festgehalten:

Der Testamentsvollstrecker erklärt, dass es sich nach seiner Überzeugung um ein vollentgeltliches Geschäft handele und dass in der Anordnung der Testamentsvollstreckung keine Beschränkungen seiner Vertretungsmacht enthalten seien. Die Beteiligten verzichten darauf, die vorsorgliche Zustimmung aller Erben zum heutigen Vertrag einzuholen.

Die bewilligte Auflassung des Grundbesitzes an die Beteiligten zu 2 und 3 wurde am 18.8.2015 im Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 3.10.2015 regte der Beteiligte zu 1 die Eintragung eines Amtswiderspruchs an, da der erzielte Kaufpreis nicht dem tatsächlichen Wert der Immobilie entsprochen habe und die Auflassung damit als teilunentgeltliche Verfügung unwirksam sei. Abzüglich einer Maklerprovision habe der Erlös bei unter 180.000 EUR gelegen.

Dieser Anregung sind die Schwester des Beteiligten zu 1 sowie die Beteiligten zu 2 und 3 entgegengetreten. Den Wert des Grundbesitzes hätten Makler im Jahr 2014 zwischen 177.000 EUR und 195.000 EUR geschätzt; zudem habe ein vom Beteiligten zu 1 erholtes schriftliches Angebot über 185.000 EUR vorgelegen. Die Maklerprovision habe den Erlös nicht vermindert, da diese allein von den Käufern zu tragen gewesen sei. Den Verkaufspreis gemindert hätten im Übrigen Nässeschäden im Keller.

Mit Beschluss vom 23.11.2015 hat das AG - Grundbuchamt - die Eintragung eines Amtswiderspruchs kostenpflichtig zurückgewiesen. Das Grundbuchamt müsse aufgrund einer privatschriftlichen Erklärung des Testamentsvollstreckers, wonach es sich um eine entgeltliche

Verfügung handle, dem Eintragungsantrag entsprechen, falls nicht Anhaltspunkte bekannt seien, die gegen die behauptete Entgeltlichkeit sprächen. Solche lägen jedoch schon deshalb nicht vor, da von dem Erfahrungssatz auszugehen sei, dass einem Fremden nichts geschenkt werde.

Hiergegen hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, der das AG - Grundbuchamt - nicht abgeholfen hat.

II. Das Rechtsmittel erweist sich als in der Hauptsache unbegründet.

1. Die Beschwerde mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft (Demharter GBO 30. Aufl. § 71 Rn. 26), auch soweit sie sich gegen die ausdrücklich getroffene Kostenentscheidung erster Instanz wendet (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 175). Der Beteiligte ist beschwerdebefugt, da es nach seinem Vortrag möglich erscheint, dass zu seinen Gunsten ein Widerspruch eingetragen werden müsste (Hügel/Kramer § 71 Rn. 198). Die auch im Übrigen zulässige Beschwerde (§ 73 GBO) hat in der Hauptsache jedoch keinen Erfolg, da die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs nicht vorliegen.

2. Die Eintragung eines Amtswiderspruchs setzt gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO voraus, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist (Hügel/Holzer § 53 Rn. 15 und 25). Dabei müssen die Gesetzesverletzung feststehen und die Unrichtigkeit des Grundbuchs glaubhaft sein (Demharter § 53 Rn. 28).

Hier ist schon eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften durch das Grundbuchamt bei Eintragung der Auflassung an die Beteiligten zu 2 und 3 nicht nachgewiesen, so da...

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