Entscheidungsstichwort (Thema)

Inhalt der Abschichtungsrechnung bei Ausscheiden eines Gesellschafters

 

Normenkette

BGB §§ 718, 738-739, 242, 810

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Urteil vom 09.05.2016; Aktenzeichen 2 HK O 4233/13)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des LG Traunstein vom 09.05.2016, Az. 2 HK O 4233/13 dahingehend abgeändert, dass die Verurteilung der Kläger in Ziff. 2 des Tenors aufgehoben und die Kläger als Gesamtschuldner verurteilt werden, dem Beklagten Auskunft zu erteilen über die Forderungen der GbR K., B., H. aus abgeschlossenen und abgerechneten Mandaten der Kläger zum 31.12.2012.

2. Im Übrigen werden bzw. bleiben die Klage und die Widerklage abgewiesen.

3. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger machen gegen den Beklagten nach seinem Ausscheiden aus der Anwaltssozietät einen Anspruch auf Fehlbetragshaftung geltend, der Beklagte im Wege der Widerklage einen Anspruch auf Erstellung einer Abschichtungsbilanz und hilfsweise auf Erteilung von verschiedenen Auskünften.

Die Parteien betrieben bis 31.12.2012 gemeinsam die Rechtsanwaltskanzlei K., B., H. in der Rechtsform einer GbR. Der Gesellschaftsvertrag der Parteien vom 31.12.2002 regelt in § 18:

"1. Scheidet ein Sozius aus der Sozietät aus, findet eine Liquidation nicht statt, sofern die Sozietät nicht insgesamt aufgelöst wird.

a. Er oder seine Erben haben im Falle der Berufs- und/oder Erwerbsunfähigkeit, des Eintritts in den Ruhestand oder des Todes Anspruch auf

Die Auszahlung des Guthabens auf den für den betreffenden Sozius von der Sozietät geführten Entnahmekonten,

b. seinen Anteil an einer eventuellen Rücklage,

c. auf den seinem letzten Bruchteil entsprechenden Anteil an der Gesellschaft.

Dieser errechnet sich aus dem anteiligen materiellen Buchwert der Sozietät abzüglich der noch bestehenden Verbindlichkeiten zuzüglich dem ideellen Wert (goodwill), der sich aus einem Vierteljahresumsatz der Sozietät (Nettodurchschnitt der letzten drei Kalenderjahre vor der Auflösung der Gesellschaft) errechnet.

...

5. Scheidet ein Sozius aus der Sozietät aus und setzt er seine Tätigkeit als Rechtsanwalt nach seinem Ausscheiden im Bezirk des Oberlandesgericht München fort, hat er keinen Anspruch auf einen Ausgleich für den immateriellen (ideellen) Kanzleiwert (goodwill) nach Ziff. 2c. Dieser wird durch das Vorgehen nach (derzeit) § 32 BORA abgegolten. In diesem Fall findet lediglich ein Ausgleich des materiellen Kanzleiwerts nach Ziff. 2c und ein Ausgleich entsprechend den Ziffern 2a. und b. statt.

...

7. Weitere Ansprüche sind ausgeschlossen. Dies gilt insbesondere für Ansprüche auf Beteiligung an den laufenden Mandaten und auf Befreiung von den gesellschaftsrechtlichen Verbindlichkeiten (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB)."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Anlage K 1.

Der Beklagte kündigte seine Gesellschafterstellung zum 31.12.2012 (Anlage K 2), die Sozietät wurde nach seinem Ausscheiden durch die Kläger fortgeführt. Am 20.12.2012 fand ein Vermittlungsverfahren zur Sozietätsauseinandersetzung statt (Anlage K 3), in dem sich die Parteien u.a. einigten, eine Abschichtungsbilanz zum 31.12.2012 von Herrn Steuerberater Andreas G. aufstellen zu lassen.

Der Steuerberater Andreas G. übermittelte mit Schreiben vom 08.07.2013 einen "Ermittlung Ausgleichsverpflichtung HB wegen Ausscheiden zum 31.12.2012" "Abschichtungsbilanz 31.12.2012" (Anlage K 11). Nach dieser ergibt sich ein Saldo zulasten des Beklagten von 32.105,02 Euro. Nicht in die Berechnung eingeflossen sind bis 31.12.2012 abgerechnete, aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezahlte Honorarforderungen der Sozietät.

Ein immaterieller Kanzleiwert ist unstreitig bei der Ermittlung der Ausgleichsverpflichtung nicht zu berücksichtigen.

Die Kläger sind der Ansicht, die Abfindungsrechnung des Steuerberaters sei eine ausreichende, vollständige und zutreffende Abschichtungsbilanz. Weitere Positionen, insbesondere zum 31.12.2012 noch offene Honorarforderungen aus abgeschlossenen und abgerechneten Mandaten seien nicht zu berücksichtigen.

Die Kläger haben in erster Instanz zuletzt beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Rechtsanwaltskanzlei K., H. GbR 32.105,02 Euro zuzüglich 7 % Zinsen vom 01.01.2013 bis 18.09.2013 und Zinsen von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.09.2013p.a. zu bezahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Des Weiteren hat der Beklagte Widerklage erhoben und beantragt:

Die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt, für die GbR Rechtsanwaltskanzlei K., B., H. zum 31.12.2012 eine Abschichtungsbilanz zu erstellen und an den Beklagten herauszugeben.

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