Leitsatz (amtlich)
Zur Zulässigkeit eines grenzüberschreitenden identitätswahrenden Formwechsels einer luxemburgischen Personengesellschaft in eine deutsche Kommanditgesellschaft.
Normenkette
HGB § 161; HRV § 20
Verfahrensgang
AG Aurich (Aktenzeichen 13 AR 128/19) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Registergericht - Aurich vom 15.10.2019 geändert:
Das Registergericht wird angewiesen, die beantragte Eintragung der formwechselnden Sitzverlegung der Antragstellerin gemäß der Anmeldung vom 09./10.05.2019 vorzunehmen und die erfolgte Sitzverlegung in entsprechender Anwendung von § 20 HRV durch Hinweis auf das bisherige Registerblatt (...) des luxemburgischen Handelsregisters (Regristre de Commerce et des Sociétés) zu vermerken.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist eine Investment-Fonds-Gesellschaft, die ihren Gesellschaftssitz bislang in Luxemburg unterhielt und dort die Rechtsform einer Société en commandite simple (S.C.S.) innehatte. An der Gesellschaft sind insgesamt 18 Kommanditisten mit Kommanditeinlagen zwischen 200.000,- EUR bis zu 1.000.000,- EUR beteiligt. Gesetzlich vertreten wurde die Antragstellerin durch die EE S.à r.l., die ebenfalls einen Kapitalbeteiligung i.H.v. 1.000,- EUR an der Gesellschaft hält.
Am 28.03.2019 beschlossen die Gesellschafter der Antragstellerin auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung, den Sitz der Gesellschaft von Luxemburg in die deutsche Stadt (...) zu verlegen und dabei die Rechtsform der Gesellschaft in eine Kommanditgesellschaft deutschen Rechts umzuwandeln. Der Gesellschaftsvertrag und die Firma der Antragstellerin wurden geändert. Die vorgenannten Beschlüsse wurden unter den aufschiebenden Bedingungen gefasst, dass die Sitzverlegung von der luxemburgischen Finanzaufsicht (CSSF) genehmigt und die Eintragung der Gesellschaft ins deutsche Handelsregister angemeldet wird. Ferner beschloss die Gesellschaftsversammlung die BB GmbH mit Sitz in Ort1 als weitere Komplementärin ohne eigene Einlage aufzunehmen, die nach Maßgabe des neu gefassten Gesellschaftsvertrages allein zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berechtigt sein soll.
Mit Erklärungen vom 09. und 10.05.2019 haben die Geschäftsführer der beiden Komplementärinnen sowie die Registerbevollmächtigte aller Kommanditisten die Eintragung der identitätswahrenden grenzüberschreitenden Sitzverlegung mit Formwechsel zum Handelsregister des Amtsgerichts Aurich angemeldet.
Mit Beschluss vom 15.10.2019 hat das Registergericht diesen Eintragungsantrag zurückgewiesen. Der Eintragung stünden nicht behebbare Gründe entgegen. Die grenzüberschreitende Sitzverlegung sei nicht zulässig. Es fehle schlicht an gesetzlichen Regelungen, wie eine derartige Sitzverlegung durchzuführen sei und wie dabei die Differenzen in den Registerführungen beider Länder geschlossen werden könnten. Namentlich das Umwandlungsgesetz enthalte keine Regelungen über die Hineinverschmelzung einer Personengesellschaft aus dem Ausland.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.
II. Die nach § 58 FamFG statthafte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Nachdem die Antragstellerin auf die gerichtliche Verfügung vom 26.02.2020 im Beschwerdeverfahren noch fehlende Unterlagen und Übersetzungen nachgereicht hat, kann die beantragte identitätswahrende, grenzüberschreitende und formwechselnde Sitzverlegung der Antragstellerin in das Handelsregister eingetragen werden. Die vom Registergericht in der angefochtenen Entscheidung aufgezeigten grundsätzlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit eines solchen grenzüberschreitenden Formwechsels einer Personengesellschaft bestehen nicht.
Richtig ist, dass das deutsche Umwandlungsgesetz den Formwechsel einer Personengesellschaft in die Rechtsform einer anderen Personengesellschaft nicht regelt. Dies gilt bereits allgemein für inländische Sachverhalte. Noch weniger sind dort grenzüberschreitende Konstellationen erfasst. Die fehlende Regulierung im Umwandlungsgesetz bedeutet indes nicht, dass das deutsche Recht den Wechsel einer Personengesellschaft in die Rechtsform einer anderen Personengesellschaft - sei es im Inland noch grenzüberschreitend - nicht ermöglichen würde. Vielmehr gibt es kein Bedürfnis für eine entsprechende Regulierung im Umwandlungsgesetz, weil sich der Formwechsel zwischen verschiedenen Rechtsformen des Personengesellschaftsrechts bereits nach allgemeinen Vorschriften des HGB vollzieht. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird zur OHG, indem sie ein Handelsgewerbe betreibt (§ 105 Abs. 1 HGB) oder sich als OHG ins Handelsregister eintragen lässt (§ 105 Abs. 2 HGB). Die OHG wird zur KG, wenn die Haftung mindestens eines ihrer Gesellschafter auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt wird (§ 161 Abs. 1 HGB). Sie wird wieder zur OHG, wenn sämtliche Kommanditisten - unter Verbleib von mindestens zwei weiteren persönlich haftenden Gesellschaftern - ausscheiden oder diese ihre Haftungsbeschränku...